Aussortiert
Fußball
und türkischen Tabak, bevor er sich, seufzend, zehn Minuten später
erneut seiner Aufgabe stellte.
Nach dem Besuch der diesjährigen
Wohltätigkeitsgala für die Multiple-Sklerose-Forschung im
exklusiven China-Club über dem Hotel Adlon, wo die Gräfin sich
mit der generösesten Spende hervortat und nebenbei gesellschaftliches
Schaulaufen in einem tief ausgeschnittenen, beinahe rückenfreien
karmesinroten Abendkleid betrieb, ließ sie sich vor dem Foyer von
ihrer Limousine abholen. Ruslan zeigte ihr einen Zettel: MÖGLICHERWEISE
NEUE WANZE IM WAGEN – und fragte artig, ob sie einen schönen
Abend gehabt habe.
Sie erwiderte, das sei
durchaus der Fall gewesen, vielen Dank.
Anita bat um laute Musik,
egal was, ihrem Wunsch wurde entsprochen. Die Limousine fuhr in der Nähe
des Potsdamer Platzes in ein Parkhaus, beide, Gräfin und Fahrer,
entstiegen dem Wagen.
Anita von Schönfels-Tschutschelow
lehnte ihren nackten Rücken an eine der kühlen Vierkantstelen
aus Beton und hob den Saum ihres Kleids auf Hüfthöhe. Der
Fahrer, der keine Uniform trug, sondern Stonewashed Jeans und
Nilpferdlederjacke, löste den Gürtel, ließ seine Jeans
hinunterrutschen, warf die Lederjacke hinter sich und nahm die Gräfin
Schönfels im Stehen. Dazu lief in der Anlage der Limo die
Best-Of-Scheibe von Queen. Erst We Will Rock You, dann We Are The
Champions. Hinterher saßen beide auf der warmen Motorhaube und
rauchten. Es war ganz dunkel, bis auf den schwachen Schein des Halbmonds,
der aufs oberste Parkdeck fiel.
»Man hat heute Pfeifer
verhaftet.«
»Ich hab dir gesagt, du
sollst ihn erledigen.«
»War mir leider nicht möglich.«
»Und? Ziehen wir das
Ding durch wie geplant?«
»Klar. Es passiert, während
wir hier rauchen. Schön?«
»Ja. Ich genieße
es.« Anita nahm einen tiefen Zug und spuckte, wobei sie nur die
Zungenspitze bewegte, ein Tabakfädchen aus. »Wen hast du
rumbekommen?«
»Besser, wenn du es
nicht weißt. Du starrst ihn sonst dauernd an. Ist auch egal.«
»Ruslan?«
»Was?«
»Du würdest mir
nie etwas antun, nicht?«
»Nein. Nie. Wie kommst
du darauf? Ich liebe dich.«
»Gut. Ich dich auch.«
»Wir müssen jetzt
los.«
»Okay.«
»Was gibt Ihnen das
Recht, mich zu verhaften? Ich will augenblicklich wissen, welche Gründe
dafür vorliegen. Sie wissen längst, daß ich kein
Streifenpolizist bin. So dumm können Sie nicht sein!«
»Fluchtgefahr.«
»Was für ne
Fluchtgefahr? Ich bin nach Frankfurt, um am Flughafen einen Informanten
abzupassen, der aus Übersee kam. So. Mehr müssen Sie nicht
wissen!« Pfeifer gab sich rotzfrech und schlug zwischendurch mit der
Faust auf den Tisch. Man hatte bedauerlicherweise kein Ticket bei ihm
gefunden, noch war unter seinem Namen ein Flug gebucht worden. Nabel stand
mit ziemlich leeren Händen da. Was er nun sagte, entbehrte nicht
eines gewissen gewollten Sarkasmus. »Immerhin wurde König
direkt vor Ihrer Haustür plattgemacht. Und Sie –« Er
machte eine Pause und grinste. »Sind Autofahrer.«
»Ach, Sie vielleicht
nicht?«
Nabel ging darauf nicht näher
ein. »Wir hätten Ihren Wagen gern inspiziert. Stattdessen ist
der Wagen verschwunden und Sie sind verschwunden. Das reicht an
Verdunkelungsgefahr für einen vorläufigen Haftbefehl vollkommen
aus, das wissen Sie selber. Es liegt ganz an Ihnen, Licht in die Sache zu
bringen. Erstens: Wo befindet sich Ihr Wagen? Zweitens: Wen wollten Sie
denn am Flughafen treffen?«
Pfeifer reagierte wider
Erwarten eher kleinlaut, druckste und quengelte. Aber immerhin redete er,
statt einfach zu schweigen, anscheinend hoffte er, Nabel tatsächlich
noch von seiner Lauterkeit überzeugen zu können.
»Ich weiß nicht,
wen ich am Flughafen treffen sollte. Ein mir unbekannter Informant. Er wäre
auf mich zugekommen, und sicher hätte er sich mir nicht mit richtigem
Namen vorgestellt. Eine heiße Sache, das geht sie nichts an, davon
wußten nur König und ich. Connections nach Kolumbien, ich bitte
Sie, machen Sie sich nicht unglücklich, Nabel.«
»Rührend, wie Sie
um mich besorgt sind. Und der Wagen?«
Pfeifer sah sekundenlang auf
das Knäuel seiner wie zum Gebet gefalteten Finger.
»Den Wagen habe ich
stehengelassen, er ist mir vermutlich gestohlen worden. Kurz vor dem Mord
an König. Okay, okay, ich weiß, wie das jetzt in Ihren Ohren
klingen muß, feiern Sie ruhig,
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