Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
geht, anstatt über seinen Büchern zu sitzen.. . Ein Priester unterrichtete Uwain im Lesen und Schreiben, und er verzweifelte fast an dieser Aufgabe. Doch der Waffenmeister war stolz und zufrieden mit ihm. Uwain war ein wilder, unbändiger Knabe, und ich liebte ihn.
    Beim Abendessen bediente er mich und saß oft in der Halle, um zu lauschen, wenn ich Harfe spielte… Wie alle in diesem Land besaß er ein Ohr für Musik und eine klare, melodische Stimme. Die Familie des Königs machte lieber selbst Musik, als bezahlten Spielleuten zuzuhören. Nach einem oder zwei Jahren sah ich in Uwain meinen Sohn; er konnte sich natürlich nicht mehr an seine Mutter erinnern. So wild er auch war, mir gegenüber benahm er sich nur liebevoll und zärtlich. Knaben in diesem Alter sind schwierig, aber nach einer Reihe von Tagen voller Zorn und Trotz gab es rührende Augenblicke – er setzte sich plötzlich neben mich in die Halle und sang, während ich Harfe spielte, oder er schenkte mir Feldblumen oder ein schlecht gegerbtes Hasenfell. Ein- oder zweimal beugte er sich verlegen und schüchtern über mich und drückte mir einen zarten Kuß auf die Wange. Damals wünschte ich oft, ich hätte eigene Kinder gehabt.
    Sonst gab es wenig zu tun an diesem ruhigen Königshof, der unberührt blieb von den Kriegen und Unruhen im Süden. Nachdem ich ein Jahr mit Uriens verheiratet war, kehrte Accolon nach Hause zurück.

9
    Sommer in den Hügeln. Die Obstbäume im Garten der Königin waren bedeckt mit rosa und weißen Blüten. Morgaine stand unter den Bäumen und litt unter schmerzlichem Heimweh. Sie dachte an den Frühling in Avalon und an die weißen und rosigen Blütenwolken, unter denen die Apfelbäume verschwanden. Die Sonnenwende rückte näher. Morgaine rechnete nach und erkannte wehmütig, daß ein halbes Leben in Avalon seine letzten Wirkungen verlor. Der Lauf der Gestirne lag ihr nicht mehr im Blut.
Nein, muß ich mich etwa selbst belügen? Ich habe es nicht vergessen, und der Gezeitenstrom fließt in meinem Blut. Ich lasse nur nicht mehr zu, daß ich ihn spüre!
Morgaine überdachte ohne Leidenschaft ihr Los:
Uriens hat mir alle Gewänder und den Schmuck seiner verstorbenen Gemahlin geschenkt. Außerdem habe ich die Juwelen von Igraine. Uriens sieht seine Königin gern reich geschmückt. Manche Könige töten ihre Geiseln oder schicken sie in die Bergwerke. Wenn es dem König von Nordwales gefällt, mich mit Juwelen zu behängen, mich an seiner Seite zur Schau zu stellen und mich Königin zu nennen… bitte, warum nicht!
    Trotzdem spürte Morgaine die volle Kraft des Sommers. Unten im Tal hörte sie einen Bauern, der seinen Ochsen mit sanften Rufen antrieb.
    Morgen war der Tag der Sommersonnenwende. Am nächsten Sonntag würde ein Christenpriester, gefolgt von seinen Meßdienern, mit Fackeln durch die Felder ziehen. Er würde Psalmen singen und die Felder segnen. Die reichen Edelleute und Ritter hatten das einfache Volk davon überzeugt, dies sei einem christlichen Land angemessener als die alten Rituale, bei denen man Feuer auf den Feldern entfachte und die Göttin auf überlieferte Weise ehrte. Morgaine wünschte nicht zum ersten Mal, sie wäre nur eine einfache Priesterin und nicht eine Tochter aus dem alten Königsgeschlecht von Avalon.
    Dann wäre ich immer noch dort,
dachte sie,
ich wäre eine von ihnen und würde der Herrin dienen… und müßte nicht wie eine Schiffbrüchige allein und verloren in einem fremden Land leben…
Entschlossen wandte sie sich ab und ging mit gesenktem Blick durch den Garten. Sie wollte die Apfelblüten nicht mehr sehen.
Ein Frühling folgt dem anderen, dann kommt der fruchtbare Sommer. Nur ich bin allein und unfruchtbar wie eine der christlichen Jungfrauen hinter dicken Klostermauern.
    Sie wehrte sich mit aller Kraft gegen die Tränen, die sie in letzter Zeit so oft überkamen, und ging zur Burg zurück. Hinter ihr tauchte die untergehende Sonne die Felder in leuchtendes Rot. Aber Morgaine wollte es nicht sehen. Für sie war alles grau und unfruchtbar. So grau und unfruchtbar wie ich.
    Eine ihrer Hofdamen erwartete sie am Eingang. »Herrin, der König ist zurückgekehrt und erwartet Euch in seinem Gemach.«
    »Ich kann es mir denken«, sagte Morgaine mehr zu sich selbst als zu der Frau. Um ihren Kopf schien sich schmerzhaft ein eiserner Ring zu legen. Einen Augenblick lang konnte sie kaum atmen, konnte sich nicht zwingen, durch das dunkle Tor der Burg zu gehen, in der sie den ganzen kalten Winter

Weitere Kostenlose Bücher