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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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dachte Jermyn, aber er sagte nichts, zog noch einmal die Börse hervor und legte zwei Silbermünzen in die Hand des Baders. Der nickte zufrieden und ließ ihn endlich gehen.

2. Kapitel
    20. Tag des Saatmondes 1464 p. DC
    Ava erwachte lächelnd. Als sie es merkte, biss sie sich auf die Lippen und ballte die Hand auf der Bettdecke. Die Träume – sie hörten nicht auf. Am Tage gelang es ihr, sich im Zaume zu halten. Es gab genug, was sie ablenkte und sie vermied es, an das Haus der Weisen denken. Nachts dagegen war sie schutzlos.
    Sie drehte sich auf die Seite. Durch die Ritzen des Fensterladens fiel noch kein Licht, aber einschlafen würde sie jetzt nicht mehr. Sie schob die Hände unter den Kopf und starrte in die Dunkelheit.
    Immer träumte sie von Jermyn. Sie kletterten, er reichte ihr die Hand, um sie hochzuziehen, sein lachendes Gesicht über ihr.
    Sie kniff die Augen zusammen, um das Bild zu vertreiben. Sie hatte nicht gewusst, dass Sehnsucht weh tat, nun spürte sie beständig den dumpfen Schmerz in der Brust. Die Wirklichkeit ödete sie an, nur in ihren Träumen lebte sie, glücklich, weil sie bei Jermyn war.
    Die zärtliche Empfindung schwang in ihr nach, sie hätte sich ihr gerne mit Inbrunst hingegeben, aber danach quälte sie das Verlangen nur um so mehr. Seine Abschiedsworte fielen ihr ein und sie bekam Angst. Was sollte werden, wenn er sie wirklich nie mehr losließ? Gegen Träume konnte man sich nicht schützen.
    »Ich sollte mir das Schlafen abgewöhnen«, dachte sie finster und schleuderte die Decke beiseite. Sie stocherte in der ersterbenden Glut und legte zwei neue Scheite auf. In der letzten Zeit erwachte sie häufig, bevor die Magd zum Einfeuern kam, und hatte daher für einen kleinen Vorrat an Brennholz gesorgt. Mit einem Kienspan entzündete sie die Lampe und begann, sich anzukleiden.
    Lustlos schlüpfte sie in das wadenlange, geschlitzte Unterkleid. Am Anfang hatte sie es genossen, die weichen, schmeichelnden Stoffe von den Webstühlen ihrer Mutter zu tragen. Jetzt ertappte sie sich dabei, dass sie sich nach dem derben, grauen Zeug sehnte, das kratzte, wenn man sich beim Klettern an die Mauer presste. Nicht daran denken ...
    Sie schnürte das Mieder des Reitkleides, kämmte sich hastig und flocht das dunkle Haar zu einem schlichten Zopf. Es war gut, dass sie im Haus der Weisen gelernt hatte, ohne die Hilfe einer Zofe zurechtzukommen, mochte Lalun über die bäurische Haartracht jammern wie sie wollte. Sie zog die Stiefel an und griff nach der Reitjacke aus gewalkter Wolle, obwohl es der Fürstin nicht gefiel, dass sie den ganzen Tag Reitkleidung trug.
    »Du siehst immer aus, als wolltest du jeden Augenblick auf und davon«, hatte sie gestern mit leisem Vorwurf gesagt.
    »Ich bin doch viel unterwegs«, hatte sich Ava verteidigt, »das An- und Ausziehen ist lästig.«
    Aber natürlich hatte die Mutter recht, sie war ruhelos. Auch jetzt hielt sie sich nicht damit auf, die Haken der Jacke zu schließen. Ungeduldig raffte sie die lange Falte des Reitrocks, damit sie nicht auf dem Boden schleifte und verließ ihre Kammer.
    Seit ihrer Rückkehr schlief sie nicht mehr in dem großen Schlafgemach ihrer Eltern. Darauf hatte sie bestanden und die Mutter hatte nachgegeben, auch wenn es nicht der Sitte entsprach. Mädchen verbrachten die Nächte bis zu ihrer Heirat unter der elterlichen Obhut.
    Aber Ava wollte allein sein – heiraten würde sie ohnehin nicht.
    Das hatte sie nach ihrer Rückkehr sogleich klargestellt. Der schnelle Blick, den ihre Eltern gewechselt hatten, war ihr nicht entgangen. Wenn die Mutter ihr zuredete, sie solle eine solch schwerwiegende Entscheidung nicht voreilig treffen, bekräftigte sie jedes Mal ihre Absicht und weigerte sich endlich, darüber zu reden. Einmal nur hatte die Fürstin vorsichtig nach dem rothaarigen Mitschüler aus der großen Stadt gefragt, aber da war Ava mit zusammengepressten Lippen aus dem Zimmer gegangen.
    Es war noch still und dunkel in den Fluren des Fürstenhauses. Ab und zu begegnete ihr eine Magd mit einem Eimer voll Holz oder einem Wasserkrug, die einen Knicks andeutete, wenn sie die junge Herrin erkannte. In dem großen Speisesaal der Hofgesellschaft war schon gedeckt, auch der erhöhte Tisch unter dem Baldachin, an dem die fürstliche Familie ihre Mahlzeiten einnahm. In der letzten Zeit hatte Ava allerdings der Appetit gefehlt.
    Auch hier brannte nur das Kaminfeuer; die Kerzen in den Bronzeleuchtern und auf dem eisernen Rad, das von der Decke hing,

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