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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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vergaß ihre gespielte Gleichgültigkeit und beugte sich gespannt vor.
    Jermyn wartete, aber der Gefangene stand reglos, als habe er gar nicht gemerkt, dass die Holzgabel verschwunden war.
    »Was hab ich euch gesagt? Sanft wie ein Lamm ...«
    Die Verwandlung geschah mit unheimlicher Schnelligkeit. Der Fremde duckte sich, schnellte wie von einem Katapult geschleudert nach vorn, drehte sich mit katzenhafter Gewandtheit um die eigene Achse und schoss mit gestreckten Beinen auf Jermyn zu. Sein Gesicht blieb maskenhaft starr, nur ein kurzes Aufleuchten in seinem Geist hatte Jermyn gewarnt. Er warf sich zur Seite und rollte durch die Sägespäne. Im nächsten Moment stand er wieder auf den Füßen, aber Zeit zum Atemholen blieb ihm nicht. Sein Gegner hatte sich gesammelt und flog erneut auf ihn zu. Jermyn warf sich zwei Schritte zurück. Die Füße des Fremden verfehlten ihn, aber er spürte einen eisenharten Griff am rechten Arm, ein Ruck riss ihn vom Boden und er segelte mit Schwung über die Schulter des anderen.
    Ein Aufstöhnen ging um den Kampfplatz und der Bulle fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Doch Jermyn war kein steifnackiger Gladiator, er war es gewohnt, sich bei Stürzen zu drehen und landete nicht auf dem Rücken, sondern auf den Füßen. Seine Gedanken sammeln konnte er nicht, zu schnell griff der Fremde wieder an. Nichts regte sich in dem seltsamen Gesicht und im Zurückweichen versuchte Jermyn, in den Willen des Mannes einzudringen. Er fand weder Wut noch Hass, nur Leere, die ihm keinen Halt bot. Dann brauchte er seine ganze Geistesgegenwart, um dem todbringenden Trommelwirbel von Händen und Füßen auszuweichen.
    Die Zuschauer waren aufgesprungen. Ungläubig sahen sie, wie der zerlumpte Gefangene den gefürchteten, rothaarigen Patron über die Sägespäne jagte wie ein Kätzchen.
    Der Bulle brüllte nach der Waffe des Fischers, dem feinmaschigen, mit Metallplättchen beschwerten Netz, das jeden Schwerbewaffneten außer Gefecht setzen konnte. Zwei Gladiatoren kamen damit herbeigerannt und kletterten in die Arena. Der eine hatte seinen Helm nicht auf, im Vorbeilaufen sprang der Fremde ihm entgegen und traf ihn mit der Handkante am Hals. Lautlos brach der Fischer zusammen, sein Gefährte war dadurch so erschüttert, dass seine Würfe ins Leere gingen.
    Jermyn hatte den Bleibeutel im Laufen aus der Tasche geangelt, aber die Waffe nutzte ihm nichts, er durfte den Mann nicht so nahe herankommen lassen, um sie gebrauchen zu können.
    Schließlich setzte er über das hölzerne Geländer, das den Kampfplatz von den Sitzreihen trennte. Die Gaffer fuhren nach allen Seiten auseinander, denn der Fremde folgte ihm ohne zu zögern. Er rannte die Bankreihen hinauf, um von oben anzugreifen und Jermyn zog es vor, in die Arena zurückzukehren, wo die beiden Zeltmasten einen, wenn auch schmählichen, Ausweg boten. An dem völlig aufgelösten Bullen und dem fluchenden Witok vorbei sprang er zurück auf die Kampffläche. Ninian dagegen verfolgte das unwürdige Schauspiel bestürzend ruhig.
    »Tu was, verdammt noch mal!«, schrie Jermyn wütend. Ein Luftzug streifte ihn, als sein Gegner, der den eigenen Schwung falsch eingeschätzt hatte, über ihn hinwegschoss. Einen Moment lang wandte der Mann ihm den Rücken zu und Jermyn warf sich mit erhobenem Bleibeutel auf ihn. Der Fremde rollte sich im Fallen zusammen, Jermyn stolperte über ihn und musste sich eilig aufrappeln, bevor der andere wieder angriff.
    »Jermyn, die Masten!«
    Ninians helle Stimme drang durch das Dröhnen in seinen Ohren und er verschwendete keine Zeit mit Überlegen. Zwei Sätze brachten ihn an den östlichen Mast und nach wenigen Klimmzügen hing er außer Reichweite hoch über der Arena.
    Doch der unheimliche Kämpfer schien entschlossen, ihm den Garaus zu machen. Er stürzte auf den Mast zu, als sich die schmalen Augen weiteten. Plötzlicher Schrecken füllte die Leere in ihnen.
    Jermyn starrte auf den Kampfplatz. Der Grund unter den Sägespänen verflüssigte sich, die Späne begannen zu schwimmen wie Gerstengrütze in den Kesseln der Garküchen und die ganze Arena verwandelte sich in eine zähe, schwankende Suppe. Ihm schwindelte von dem trägen Auf und Ab.
    »He, das reicht, sonst kippt das Ding noch um!«
    Ninian sah grinsend zu ihm hoch; sie nickte und das Schwanken endete. Der Boden verfestigte sich und der Fremde steckte bis zu den Knien in den Sägespänen. Nach einigen verzweifelten, fruchtlosen Versuchen sich zu befreien, verließ ihn die

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