Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
Eingangstür in den Innenraum des Ladens. Der erste Eindruck ist überwältigend, der Raum ein optisches Meisterwerk. Von der hohen Decke strahlen Designerlampen, zwischen denen durchsichtige Lichterketten, Deko-Stränge und Kunstobjekte hängen. In Glasvitrinen präsentieren sich mir Bücher, iPod-Hüllen, kleine und große Kisten, Schmuck, Cds und farblich sortierte Gürtel, auf zahlreichen Tischen stapeln sich angesagte Schuhmodelle, und Kleiderpuppen mit den neuesten Modeteilen, meist in dunklen Farben, die einen interessanten Kontrast zum restlichen hellen und bunten Raum bilden. Ich kann mich nicht entscheiden, wo ich zuerst stehen bleiben soll, und drehe erst mal eine Runde und gelange in die Herrenabteilung, die der Damenabteilung in nichts nachsteht. Kein Wunder, dass die italienischen Männer modisch gesehen ganz weit vorne sind. Zurück in der Frauenabteilung, entdecke ich eine Verkäuferin.
»Entschuldigung, was sind denn die italienischen Must-haves in dieser Saison?« Sie lacht und stützt ihre rechte Hand in die Hüfte.
Must-haves? Alles, was du hier in diesem Laden siehst, ist ein Must-have! «
»Und was passt besonders gut zu mir?«
»Nehmen Sie einfach etwas, das Ihrer Figur schmeichelt. Wichtig sind ein gutes Stilbewusstsein und die gewisse Eleganz. Noch ein paar hübsche Accessoires dazu – schon sind Sie perfekt gekleidet.« Sie mustert mich ein paar Sekunden lang, dann bedeutet sie mir mitzukommen.
»Wenn Sie hier lange durch die Stadt laufen, müssen es natürlich nicht unbedingt Highheels sein. Lassen Sie sich da nichts einreden. Eine Stoffhose und Ballerinas sind genauso bequem wie Jeans und Turnschuhe und sehen an Ihnen deutlich besser aus.« Sie mustert mich kurz kritisch, dann nimmt sie mich mit zu einem Kleiderständer mit diversen Hosen, von denen sie eine hervorzieht.
»Sie haben doch eine ordentliche Figur mit ihren langen Beinen. Die schwarze Shorts hier sieht sehr elegant aus und schwarz macht schlank, das kaschiert ein bisschen die Hüfte.« Ich schlucke. Die Verkäuferin ist erschreckend ehrlich und hat meine Problemzone sofort erkannt. Aber eigentlich sollte ich ihr dankbar sein, besser als wenn sie mir vorgaukeln würde, dass ich in einem orangefarbenen Satinkleid fantastisch aussehe, obwohl sich hinterher im Sonnenlicht die kleinen Speckröllchen abzeichnen.
»Dazu diese Ballerinas, dann sind Sie tagsüber perfekt gekleidet«, fährt sie fort. »Abends können sie das Outfit mit hohen Schuhen aufpeppen.« In Windeseile sucht sie diverse Teile zusammen. Nach ein paar Minuten ist die Umkleidekabine, in die sie mich schickt, gut gefüllt: die schwarze Shorts, dazu ein paar helle Ballerinas (»Bequem, aber schick.«), ein paar schwarze, schlichte Highheels (»Braucht jede Frau!«), verschiedene T-Shirts (»Super Basics zum Kombinieren.«), eine hellbraune Dreiviertel-Chino-Hose (»Verlängert das Bein.«), ein grauer Kurzblazer (»Der geht zu allem.«), ein schlichtes lilafarbenes Etuikleid (»Sexy, abericht zu knapp.«) und ein paar Ketten und Armbänder. Mir wird ganz schwindelig bei dieser Ansammlung von modischen Teilen, aber ich muss zugeben, die Verkäuferin hat einen guten Blick, und die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten, die sie mir zeigt, beeindrucken mich. Ich lasse mich von ihrer Begeisterung anstecken, obwohl sich Engelchen und Teufelchen im Geiste auf meiner Schulter streiten.
Engel links, Teufel rechts, lechz. Nimm dir den Kauf, die Verkäuferin will´s auch. Kannst du mir erzählen, wofür man ein volles Konto braucht? Halt! Der will dich linken!, schreit der Engel von der Linken. Weißt du nicht, dass so was scheiße ist und Schulden stinken? Und so streiten sich die beiden um mein Gewissen, und ob ihr’s glaubt oder nicht, mir geht es echt beschissen. Doch wenn der Teufel und der Engel sich anschreien, entscheide ich mich für Ja ... äh ... Nein, ich mein Jein , summe ich im Kopf eine leichte Abwandlung des Songs von Fettes Brot. Ich höre nicht hin, ignoriere das Engelchen, entscheide mich für’s Teufelchen und damit für einen Haufen neuer Kleider und eine horrende Rechnung. Immerhin, gut die Hälfte der Sachen war reduziert, das beruhigt das Gewissen. Ich entscheide mich dafür, die schwarze Hose, den Blazer und die Ballerinas gleich anzulassen. Besser gut angezogen als schlecht ausgezogen. So sieht’s nämlich aus.
»Sie sehen toll aus! Bellissima! «, ruft mir die Verkäuferin hinterher, und ich verlasse 10 Corso Como beschwingt und
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