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Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Titel: Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah-Janina Hannemann
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was das bedeutet?«
    »Was meinst du, Gregory?«
    »Ich meine, dass ich dich nicht schonen werde, nur weil du zufällig die Tochter der Frau bist, die meinen Ring am Finger trägt«, erklärte er es mir eine Spur zu geduldig, »Wenn es nötig ist, werde ich alles tun, um River zu bekommen.«
    »Wie schön«, zischte ich. »Ich bin nämlich ebenso bereit, alles zu tun, um dich nicht gewinnen zu lassen.«
    Gregorys Lachen erklang, als hätte ich einen guten Witz gemacht.
    »Nur zu, Ashlyn, nur zu. Wir werden sehen, wer zum Schluss gewinnt. Aber ich kann dir versprechen, dass diese Geschichte kein gutes Ende haben wird.«
    Er nahm mir die Möglichkeit, ihm noch eine donnernde Antwort zu geben, indem er einfach auflegte.
    Ich ließ meinen Kopf in meine Hände fallen und vergrub mein Gesicht. Ich war doch nur ein ganz normales, siebzehnjähriges Mädchen … Nicht mehr und nicht weniger. Gut, ich hatte passable Noten, ich war einigermaßen beliebt gewesen … Aber jetzt? Jetzt war mein Ziel zu überleben, und zwar mit River. Wie konnte es so weit kommen? Wie konnte es so enden, dass Gregory unser Feind wurde?
    River presste die Zähne aufeinander. Die Muskeln seiner Unterarme zitterten angespannt. Seine Augen waren schwarz. Tiefschwarz, so dunkel, dassich seine Pupillen nicht mehr erkennen konnte. Sein Haar fiel nach hinten, sodass seine narbenhaften Kiemen im Schattenlicht der Nacht kriegerisch und gefährlich aussahen. River selbst machte den Eindruck, als ob er nicht lange davonlaufen würde. Lange genug, sicher. Aber ich wusste, dass Giles ihm viel bedeutete – das hatte ich bei meinem kurzen Besuch gemerkt.
    Und er würde ihn nicht im Stich lassen, dafür war River innerlich zu verantwortungsbewusst und zu heldenhaft veranlagt.
    Ein todtrauriges Lächeln huschte mir über die Lippen, bevor ich mich nach hinten gegen den Sitz sinken ließ.
    Ich brauchte jetzt ganz dringend meinen Vater an meiner Seite. Mein Dad würde uns helfen und er würde die Situation verstehen. Spätestens, wenn er River kannte.
    River räusperte sich: »Ich denke, es ist besser, wenn wir uns ausruhen und morgen früh weiterfahren. Sie scheinen uns ja nicht unmittelbar zu verfolgen, und wir müssen uns unsere Kräfte einteilen.« Ich stimmte ihm zu, fragte aber: »Wo willst du denn anhalten?«
    »Irgendwo in einer ruhigen Straße.«
    »Wir nehmen uns kein Hotel?«
    »Wir sind auf keiner Vergnügungsreise, Ashlyn«, sagte River leise, und jetzt verstand ich, dass es nicht darum ging, mich zurechtzuweisen oder mir mit seiner Härte zu zeigen, dass ich alles zu locker sah – sondern darum, dass er Angst hatte. Angst um Giles, Angst um mich und Angst vor der Zukunft.
    »Entschuldige«, sagte ich sanft. Er hatte eine viel größere Last als ich zu tragen – ich musste irgendwie für ihn da sein …
    Nach ein paar Minuten verließen wir den Highway und fuhren auf eine Landstraße, die bestimmt nur alle paar Wochen benutzt wurde. Auf einer kleinen Waldlichtung hielten wir an, River verriegelte den Wagen von innen, und wir versuchten, es uns gemeinsam auf der Rückbank bequem zu machen.
    »Hast du Hunger oder irgendwas?«, fragte River.
    »Nach dem 5-Gänge-Menü heute Abend?«, fragte ich zurück, und wir lachten kurz. Ich schmiegte mich an River, als die Kälte der Nacht langsam durch die geschlossenen Autotüren zu uns hereinkroch und sich um mich legte.
    »Ist dir kalt?«, flüsterte er und legte seinen Arm um mich, noch bevor ich nicken konnte.
    Schlafen konnten wir beide nicht. Wir starrten in die Leere, hielten einander in den Armen und hofften, dass die Nacht vorbeigehen würde. Und trotzdem fürchteten wir uns vor dem ersten Morgenlicht, denn die Sonne würde die Tatsachen der vergangenen Stunden erbarmungslos klar in dieGeschichte unseres Schicksals schreiben. Ich hob den Kopf an, um River anzusehen.
    Sein Gesichtsausdruck war sanft und melancholisch, ein wenig wie der eines Botticelli-Engels. Aber die Linien seines Profils zeugten von unnachgiebiger Stärke und Entschlossenheit.
    Mein Leben lang war ich direkt und zielstrebig gewesen. Ich hatte gesagt, was ich dachte, und gedacht, was ich wollte. Ich hatte das immer für innere Kraft gehalten. Jetzt verstand ich, dass innere Kraft viel mehr war – nämlich die Entschlossenheit, im Sturm nicht aufzugeben. Und genau das war Rivers Leben: ein Sturm, der nun auch mein Schicksal durcheinandergewirbelt hatte. Im Moment war es erschreckend ruhig, sowohl in meinem Herzen als auch um uns herum.

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