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selbst.“
Melanie nahm Platz, neben mir, aber mit einem deutlichen Abstand. Nicht so wie letztes Mal in meinem Studio, wo sie fast auf mir gesessen wäre. Irgendwie fehlte ihr gerade ein bisschen der Mut und ich liebte sie dafür.
„So! Jetzt noch auf Play, los geht es! Der Anfang ist nicht so interessant, sehr viel Gewackel, dunkle Bilder, eigentlich nichts zu sehen. Na, was sag ich. Sieht doch fast so aus, als hätte jemand unabsichtlich eingeschaltet. Aber egal, wird gleich besser.“
„Was soll das sein, David? Ich erkenne gar nichts. Wo ist das?“
„Warte, es wird gleich alles klarer.“
Stimmen waren auf dem Video zu hören, weit entfernte Stimmen. Viel deutlicher hingegen vernahm man ein Keuchen, ein leises Zeichen von Anstrengung. Dann Geraschel, das Bild wurde völlig schwarz.
„Ist hier jemand?“ kam es aus den Lautsprechern. Meine Stimme, klar erkennbar.
Ich drehte mich zu Melanie, lehnte mich bequem in die Couch zurück und genoss das Bild vor mir. Sie saß buchstäblich auf ihren Händen, fixierte den Bildschirm und hatte offensichtlich eine schreckliche Vorahnung.
„Meister, was ist passiert?“ Diese Stimme war viel weiter weg und für Melanie nur durch Assoziation zu identifizieren. Schließlich hatte sie Carmen bisher nur auf Bildern gesehen. Aber Melanie war ein schlaues Mädchen, wusste jetzt, welchen Film sie gerade sah und konnte trotzdem nur ahnen, in welchem Film sie sich selbst gerade befand. Sie erstarrte, zu keiner Reaktion, zu keinem Wort fähig. Dafür fing ich wieder an zu reden, vom Band natürlich.
„Ich hab keine Ahnung, aber irgendwie kommt mir vor, wir sind nicht alleine! Ich höre jedes Mal Geräusche, wenn ich hier rauskomme!“
Dann wurde die Aufnahme gestoppt, ein kurzes Schwarzbild machte das deutlich. Ich betätigte die Fernbedienung ein weiteres Mal, drückte auf schnellen Vorlauf, das Band schnurrte los.
„So, Melanie, jetzt geht es gleich los.“
„David, scheiße, woher hast du das?“ unterbrach sie mich stotternd, immer noch den Schirm fixierend.
„Woher habe ich was?“
„Na, den... den Film?“
„Du meinst deine Auftragsarbeit, Frau Regisseurin?“ murmelte ich sarkastisch bis auf die Knochen und drückte, an der richtigen Stelle angekommen, auf Play. Die Kamera wackelte immer noch stark, bewegte sich, das war jetzt klar, durch mein Studio hindurch auf die offen stehende Tür der Toilette zu.
„Entschuldige bitte die wahrhaft unterdurchschnittliche Arbeit deiner Kamerafrau, aber da dürfte wohl ein bisschen Nervosität mitgespielt haben. Ich hoffe, das ist trotzdem okay für dich. Laura hat eben nicht so viel Erfahrung mit Video.“
Die Kamera war jetzt an der Tür angekommen, die Blendenautomatik reagierte auf das viele Licht, dass aus der Toilette drang. Dann, Millimeter für Millimeter, langsam wie in Superzeitlupe, bewegte sich das Objektiv um den Türrahmen herum und man sah Carmen auf der WC-Schüssel sitzend und mich vor ihr am Boden liegend.
Eine leichte Zoombewegung auf uns zu. Carmen hatte die Kamera aus den Augenwinkeln bemerkt, ließ sich aber bis auf einen winzigen Seitenblick nicht irritieren und poste in den Spiegel hinein, beinahe an der Wand sitzend.
„Wo... ist... Laura?“ brabbelte Melanie, völlig paralysiert.
„Hinter der Kamera, natürlich!“
„Nein, nein, jetzt gerade!“
Endlich hatte sie die Kraft, ihren Kopf zu mir zu drehen.
War das Gänsehaut auf ihren Armen?
Trotz der Scheißhitze?
Ich lächelte sie wortlos an.
„David! Verflucht! Sie ist nicht bei ihrem Dealer, oder? Weiß sie, dass du den Film kennst?“
„Logisch! Du weißt doch, beste Freundinnen...“
Ich setzte mich auf, rutschte ein kleines Stück näher an sie heran, legte ihr eine Hand auf den nackten, glühend heißen Oberschenkel und griff ein wenig grob zu.
„Sollen wir uns den Rest des Filmes gemeinsam, zu dritt ansehen? Was meinst du?“
Melanie meinte gar nichts, außer, dass es wohl das Beste wäre, wenn sich der Erdboden unter ihr auftäte.
„Okay, dann werde ich sie mal holen! Sie ist im Badezimmer.“
Ich ließ von ihr ab, stand auf, durchquerte rasch die Halle, öffnete die Tür zum Bad und rief:
„Okay, du kannst jetzt kommen, Kleine! Deine Freundin ist da, wir sind komplett! Oh, sorry, ich vergaß! Du kannst ja nicht alleine aufstehen! Warte.“
Ich betrat den Raum, ging auf die mit Handschellen an das Abflussrohr unter dem Waschbecken gefesselte Laura zu. Der vorläufige Höhepunkt meiner Dramaturgie war
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