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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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überlegte sie tatsächlich, ob sie ihn anlügen sollte, doch dann entschied sie sich dagegen. »Es ist nur ganz kurz, versprochen. Ich werfe einen winzigen Blick in die Totenebene, rufe Sonjas Geist zu mir, und wenn sie mir gesagt hat, wo ihr Körper ist, verschwinde ich wieder. So lösen wir den Fall am schnellsten.«
    Automatisch trat er einen Schritt von ihr weg. Seiner ganzen Haltung war deutlich anzusehen, was er von der Idee hielt. Hexenmagie allein war bereits ein rotes Tuch für jeden Plag, aber das Beeinflussen der Toten musste ihm vorkommen wie einem griechisch-orthodoxen Priester die freie Liebe.
    Für die Plags fand das Leben seinen Anfang im Fleisch, so wie es vor vielen Jahrhunderten bei ihren Vorfahren der Fall gewesen war, als die Alben ihre körperlose Existenz aufgegeben hatten.
    Und das Leben endete auch dort.
    Danach gehörte es in eine andere Ebene, die sich mit der der Lebenden nicht mischen sollte. Die aggressive Abneigung der Plags gegen Hexen war nichts im Gegensatz zu der tiefen Verstörung, die die Nekromantie in ihnen auslöste – und es war diese eine Sache, die selbst den meisten Hexen fremd blieb.
    »Ich sehne mich nicht gerade danach …« Babel suchte nach den richtigen Worten, um ihm begreiflich zu machen, was ihr der Umgang mit den anderen Existenzebenen bedeutete. Er hatte gesehen, was mit ihr geschah, wenn sie auf die Dämonenebene wechselte – wie sollte sie ihm da versichern, dass die Toten keine Verlockung für sie darstellten? Es erklären, ohne Sam ins Spiel zu bringen?
    Sie legte ihm die Hand auf die Brust, und unter ihren Fingern konnte sie seinen Herzschlag spüren. »Ich verstehe, dass es dir unangenehm ist … Aber wenn ich nicht versuche, damit umzugehen, dann werde ich auf immer diese Angst davor spüren und das … bringt mich um.«
    Einen Moment lang musterte er sie, und das intensive Grün seiner Augen bannte Babel.
    Sei kein Idiot , flüsterte die Stimme in ihrem Kopf. Merkst du nicht, welchen Fisch du da an der Angel hast? Einen wie den gibt’s nicht alle Tage.
    Zögernd ließ er sie los und griff nach dem Buch, das sie in den Händen hielt. Doch als er es in seine Jackentasche stecken wollte, fiel ein Zettel heraus, der zwischen den Seiten geklemmt hatte. Tom bückte sich und hob ihn auf. Das Stück Papier entpuppte sich als Visitenkarte eines Clubs.
    Venus Cage stand in goldenen Lettern darauf. Darunter eine Handynummer in verblassendem Grau.
    »Kennst du den?«, fragte Babel, nachdem sie einen Blick darauf geworfen hatte, und hielt die Visitenkarte in die Höhe.
    »Nicht persönlich.«
    Überrascht von seinem abweisenden Ton schaute sie auf. »Aber er sagt dir etwas?«
    »Das ist nicht gerade ein Ort, an dem ich mich rumtreibe.«
    »Wieso? Was machen die in dem Club? Gangbang? Furrys?«
    »Es ist mehr als ein Sexclub, das meine ich nicht. Eher ein Privatclub. Dort kannst du nicht einfach hineinspazieren, indem du dem Türsteher schöne Augen machst. Um dort reinzukommen, brauchst du Geld, einen Namen oder das richtige Aussehen. Am besten alles. Der Kreis ist exklusiv, man bleibt lieber unter sich. Aber wenn du erst einmal Mitglied bist, bekommst du, was dein Herz begehrt.«
    »Mit anderen Worten, mit dem Herzen hat das Ganze wenig zu tun?«
    Er nickte. »Schöne Frauen, Glücksspiel und der ganze glänzende Frohsinn.«
    »Verrätst du mir, wieso du so viel über den Club weißt, wenn er nichts für dich ist?«
    »Sagen wir einfach, vor dir gab es schon andere Frauen in meinem Leben – und belassen es dabei.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Warum bekomme ich von den Männern in meinem Leben eigentlich immer so kryptische Antworten? Du hörst dich schon an wie Karl.«
    »Möchtest du hören, wie ich mal mit einer exotischen Tänzerin ausgegangen bin?«
    »War sie denn gut?«
    »Sehr biegsam auf jeden Fall.«
    Babel hob abwehrend die Hand. »Nein, dann vermutlich nicht.« Sie steckte die Visitenkarte ein. »Und der Club war nichts für dich?«
    »Nicht, wenn es mit dieser Art Leute einhergeht, die sich von einer Tankstellenkassiererin jeden Cent Wechselgeld rausgeben lassen und dann am Wochenende Tausende für Sex, Drogen und Entertainment zum Fenster rausschmeißen.«
    »Ah, der Lebensstil der Reichen.« Sie tätschelte Tom nachsichtig die Brust. »Ganz ehrlich, du bist wirklich eines der letzten ehrlichen, altmodischen Exemplare. Ich meine, unter diesem ganzen Punk-Hausbesetzer-Look.«
    Er legte ihr die Hand auf den Rücken und schob sie aus dem Raum.

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