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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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Hotel war eine Luxusabsteige mitten im historischen Kern der Stadt. Ein kurzer roter Teppich führte die Stufen zur Eingangstür hinauf, und ein Kronleuchter mit einem Meter Durchmesser hing wie eine künstliche Sonne von der Decke. Die Gäste in der Lobby warfen Karl und Babel irritierte Blicke zu. Offenbar war man es nicht gewöhnt, dass hier Besucher Hawaiihemden und Lederjacken trugen.
    Karl schienen die Blicke nichts auszumachen. Selbstbewusst schritt er zur Rezeption. Hinter dem Tresen stand eine junge Frau in einem marineblauen Kostüm und einem schicken roten Halstuch, das ebenso adrett gebunden war wie ihr braunes Haar.
    Mit einem schmalen Lächeln fragte sie: »Wie kann ich Ihnen helfen?« Dabei huschte ihr Blick zu Babels Schmuck, den sie am Morgen in einer Kiste mit ins Büro genommen und nun angelegt hatte.
    Karl lehnte sich auf den Tresen und beugte sich so weit in ihre Richtung, dass sie unmerklich zurückzuckte. Er nannte ihr Judiths Namen und bat sie, die Zimmernummer herauszusuchen.
    »Leider können wir nicht einfach die Zimmernummern unserer Gäste herausgeben«, kam es prompt zurück. »Ich kann aber für Sie anrufen und fragen, ob Sie nach oben kommen können.«
    Karl warf Babel einen Blick zu. »Glaubst du, dass deine Schwester dich empfängt?«
    »Wäre mir sogar lieber, sie täte es nicht«, grinste Babel und stützte sich ebenfalls mit einem Ellbogen auf den Tresen.
    Einen Moment lang sah das Mädchen irritiert zwischen ihnen hin und her, entnahm dann aber der Tatsache, dass sie stehen blieben, dass sie tatsächlich anrufen sollte. Beinahe zögerlich griff sie nach dem Hörer.
    »Wen darf ich melden?«, fragte sie, während sie bereits tippte, worauf Babel antwortete: »Die Kavallerie.«
    Das Lächeln verschwand nun vollständig, und Babel konnte sehen, dass die Frau immer noch hoffte, diese merkwürdigen Leute würden endlich so reden, dass sie sie auch verstand.
    Als sie allen Ernstes in den Hörer sagte: »Hier ist die Kavallerie für Sie«, hatte Babel fast Mitleid mit ihr, während Karl hinter vorgehaltener Hand feixte. Sein Oberkörper bebte, so sehr verkniff er sich ein lautes Lachen.
    Nachdem die Frau aufgelegt hatte, faltete sie die Hände vor dem Bauch und sagte verkniffen: »Zimmer 212 im zweiten Stock.«
    »Vielen Dank.« Karl klopfte zweimal auf den Tresen, bevor er sich umdrehte und Babel winkte, ihm zum Fahrstuhl zu folgen. Als sie außer Hörweite waren, brach es aus ihm heraus, und er hielt sich vor Lachen den Bauch.
    »Ist das zu fassen? Ich kann nicht glauben, dass sie das tatsächlich gesagt hat. Die Kavallerie ist hier …«
    »Na ja, stimmt doch irgendwie.«
    Amüsiert schüttelte er den Kopf und deutete auf den Marmorfußboden. »Deine Schwester hat ja einen exklusiven Geschmack. Was wird wohl die Nacht in dieser Absteige kosten?«
    »Mehr als du und ich uns leisten können. Sie hat eben schneller begriffen, dass sie mit ihrer Magie auch Geld verdienen kann. Wenn ich mir so ansehe, in welchen Hotels sie absteigt, dann kann es um ihr Konto nicht allzu schlecht stehen.« Babel drückte mehrfach auf den dreieckigen Knopf, und wenige Sekunden später öffnete sich die Fahrstuhltür, hinter der leise Musik erklang.
    »Ein bisschen wie im Film«, kommentierte Karl.
    »In solchen Filmen tauchen Gestalten wie wir nur als ulkige Touristen im Hintergrund auf.«
    Die Innenseite der Tür gab ihre verzerrten Spiegelbilder in Gold wieder. Ihre blonden Haare wirkten wie Heiligenscheine. Als sie den Fahrstuhl wieder verließen und den langen Flur betraten, stand Judith bereits in der Tür und winkte sie näher.
    An diesem Tag trug sie ein weißes Kostüm, das beinahe zu strahlen schien, und schwarze Pumps, deren Absätze sie über die Köpfe der meisten Menschen erhob. Im Näherkommen erkannte Babel die dunklen Augenringe, die das Make-up nur notdürftig verbergen konnte. Außerdem war sie blass, und ihr Blick huschte nervös hin und her. Auch ihr magisches Netz besaß diese zitternde Unruhe, die wie schwache elektrische Entladungen auf Babels Haut traf. Die Toten mussten ihr mehr Kraft rauben als zuvor. Langsam zeigte sich die Verbindung mit ihnen auch äußerlich.
    Babel verspürte kurz den Drang, über den Flur zurückzurennen. Die Vorstellung, mit den Toten zu ringen, erschien ihr plötzlich nicht mehr so einfach, und Augustes magische Signatur drang durch die offene Tür. Sie konnte nicht verhindern, dass sich ihre magischen Schutzwälle aktivierten und sich schwarze Spritzer auf

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