Babylon in Hongkong
Durch seine Hilfe konnte er, wenn er dabei ein bestimmtes Wort rief, die Zeit für fünf Sekunden anhalten.
Dann erstarrte in seiner Rufweite jegliche Bewegung. Nur der Stabträger konnte so handeln wie immer, allerdings durfte er keinen Gegner dabei töten, dann wäre die Wirkung des Stabs aufgehoben worden. Weshalb hatte man ihm diese Waffe gelassen? Er konnte sich einfach nicht vorstellen, daß die Männer sie bei der Durchsuchung übersehen hatten, sogar das Taschenmesser war ihnen in die Hände gefallen. Warum nicht der Stab, der aussah wie ein Stück braungrünes Hartgummi und halb so lang wie ein Gummiknüppel war?
Oder hatten sie sich nicht getraut, den Stab zu berühren? Das war auch möglich. Vielleicht war ihnen bekannt, was dieser Stab für eine Wirkung besaß, oder sie hatten es instinktiv gespürt. Suko war es egal, er freute sich darüber, daß er ihn noch bei sich trug. Sicherlich würde er ihm helfen können, zu überleben.
Dabei überlegte er auch, was sie von ihm wollten. Sie hätten ihn schon längst töten können, aber nein, sie schleppten ihn fort und brachten ihn auf irgendein Schiff.
Als Suko mit seinen Gedanken so weit gekommen war, spürte er einen Ruck und hörte gleichzeitig ein Grummein, Rumoren und ein leichtes Donnern, das sich durch den gesamten Schiffsrumpf fortsetzte und in seinen Ohren widerhallte.
Das Schiff fuhr…
Suko lag noch immer auf dem Rücken. Er merkte jetzt, wie es sich durch die Dünung kämpfte oder gegen querlaufende Wellen anlief, deren Klatschen gegen die Bordwand selbst an Sukos Ohren drang. Hongkong ist von Wasser umgeben. Suko konnte sich aussuchen, in welch eine Richtung sie schipperten. Er versuchte, es sich vorzustellen, es war ohne einen Orientierungspunkt nicht möglich. Auch ärgerte ihn, daß ihm die kleine Lampe entwendet worden war. Die hätte er jetzt gut gebrauchen können. So lag er nach wie vor in der Dunkelheit und versuchte, die Schwankungen des Schiffes durch Bewegungen des Körpers auszugleichen, was ihm nicht immer gelang. Sein Magen begann wieder energische zu protestieren.
Die Reise wurde für ihn zu einer regelrechten Tortur. Immer wieder trieben Wellen seinen Magen in die Flöhe, der kalte Schweiß war ihm längst ausgebrochen, in der Finsternis ging auch das Zeitgefühl verloren, irgendwann mußte er sich übergeben und konnte dann wiederum nur hoffen, daß die Reise bald ein Ende hatte. Das war der Fall, doch Suko bekam kaum mit, wie das Schiff anlegte. Er war zu fertig. Zusammengekrümmt lag er nahe der Bordwand, atmete stöhnend und hatte mit der Übelkeit zu kämpfen, die allerdings nicht mehr aufs Neue auf die Probe gestellt wurde, denn sein schwimmendes Gefängnis blieb liegen und bewegte sich nur mehr schwerfällig auf den Wellen. Er glaubte auch, Stimmen zu hören. Wenn es keine Täuschung war, dann waren sie über ihm an Deck aufgeklungen.
Suko ging davon aus, daß seine Entführer das Ziel ihrer Reise erreicht hatten. Dann würden sie bald bei ihm erscheinen, um ihre Forderungen zu stellen oder Taten lolgen zu lassen, was für Suko durchaus den Tod bedeuten konnte.
Er dachte an den Mandarin. Diese geheimnisvolle Figur im Hintergrund hielt sämtliche laden in der Hand. Suko fragte sich, was der Mandarin von ihm wollte.
Informationen vielleicht?
Was konnte ein Mann, der aus London kam, schon Wissenswertes sagen? Suko kam zu keinem Ergebnis. Ein Achselzucken, mehr nicht. Seine Gedanken irrten von diesem Problem ab und konzentrierten sich auf ein anderes.
Suko beschäftigte sich mit seinem Valer und dem von ihm geschriebenen Brief. Seltsamerweise hatte man ihm das Schreiben nicht abgenommen. Es steckte in seiner Innentasche und knisterte, wenn er sich bewegte. Natürlich überlegte Suko, aus welch einem Grund man ihm die Nachricht gelassen hatte. Bestimmt nicht, weil seine Gegner nicht lesen konnten. Da mußte es irgendeine Verbindung zwischen ihm, dem Schreiben und seinem Vater geben. Es war für ihn der einzige Grund seiner Gefangenschaft hier.
Sein Vater!
Suko lachte auf, als er über ihn nachgrübelte. Nicht einmal den Namen seiner Eltern hatte er gekannt. Anders verhielt es sich mit einem Ahnherrn, der vor einigen hundert Jahren gelebt hatte und ein dämonischer Mandarin gewesen war. Suko erinnerte sich noch an den Namen. La-Kau hatte er geheißen. La-Kau war ein grausamer Tyrann gewesen und hatte damals viel Schrecken verbreitet. In Rotchina war es Suko und seinem Freund John gelungen, La-Kau zu vernichten,
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