Babylon: Thriller
ganz bei Ihnen.«
Mein Ziel lag von der Straße aus unsichtbar hinter einer massiven Mauer aus Basaltblöcken. Ich stand vor dem Tor, einer aufwändigen Gitterkonstruktion. Dahinter konnte ich einen gepflasterten Vorplatz und einen vor einem zweistöckigen Haus geparkten Mercedes sehen. Der Wagen war silbermetallic lackiert und nicht das Fahrzeug, das wir in der Türkei benutzt hatten. Junge Bäume überragten die Mauer und Kletterpflanzen zierten deren Krone. Ich drückte auf einen Klingelknopf, der sich in der Mitte eines auf Hochglanz polierten Messingschilds befand, und betete im Stillen um ein Wunder.
Nichts geschah. Ich murmelte einen Fluch. Konnte sich die Aktion unter Umständen als tragikomischer Reinfall entpuppen, wenn sich herausstellen sollte, dass niemand zu Hause war? Ich drückte abermals auf den Knopf und hörte ein Klicken, als sich die Haustür öffnete. Eine kleine Gestalt in langer Hose und Polohemd blickte zu mir heraus. Ein Mann, aber nicht Tomas.
Er wandte sich um, sagte etwas zu jemandem, der hinter der Tür stand, und kam dann auf mich zu. In etwa drei Metern Entfernung blieb er stehen, redete auf mich ein und machte keinerlei Anstalten, die Tür zu öffnen. Seine Worte klangen ähnlich wie das Assyrisch, das Tomas sprach. Ich lächelte und zuckte die Achseln. »Tomas Zakar«, sagte ich. »Ist er da?«
Der Mann schaute noch einmal zur Haustür, dann drückte er auf eine Taste einer Fernbedienung, die er in der Hand hielt. Das Tor schwang auf und schloss sich sofort wieder automatisch, nachdem ich hindurchgegangen war. Der Mann gab mir durch Handzeichen zu verstehen, dass ich ihm ins Haus folgen solle, und deutete einladend auf einen Sessel in der Eingangshalle. Die Minuten verstrichen. Der Raum vermittelte trotz seiner sparsamen Möblierung den Eindruck von Eleganz. Mehrere Kelims in leuchtenden Rot- und Beigeschattierungen hingen an den Wänden. Ein Strauß Rosen füllte eine hohe Bodenvase aus Alabaster. Ich fragte mich bei diesem Anblick, wo man in einer belagerten Stadt frische Blumen finden konnte.
Ein zweiter Mann kam herein, bekleidet mit der langen schwarzen Soutane eines Priesters. Sein Haar war dunkel, doch seine Augen leuchteten in einem hellen Blau und verliehen ihm ein geradezu ätherisches Aussehen. Er deutete mit dem Kopf eine Verbeugung an. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Ich glaubte, in seinen Worten einen britischen Akzent wahrzunehmen.
Ich bemühte mich um mein ehrlichstes und zugleich harmlosestes Gesicht. »Mein Name ist John Madison. Ich bin soeben mit einer Kulturdelegation in Bagdad angekommen. Tomas Zakar gab mir diese Adresse und bat mich, ihn zu kontaktieren, wenn ich angekommen sei. Ist er vielleicht zu sprechen?«
»Zakar? Wie schreibt sich das?«
»Z-A-K-A-R. Zakar«, wiederholte ich.
Er schüttelte langsam den Kopf. »Das tut mir schrecklich leid. Da kann ich Ihnen nicht helfen. Hier ist niemand mit diesem Namen. Es ist zweifellos ein Missverständnis.«
»Das glaube ich nicht. Er gab mir diese Karte.«
Der Mann schenkte mir ein mattes Lächeln. »Das ist seltsam. Mein Vater besitzt dieses Anwesen seit einigen Jahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemandem ein solcher Irrtum unterlaufen konnte. Sind Sie alleine hierhergekommen?«
»Ja.«
»Dann rate ich Ihnen, sich in Acht zu nehmen.« Er deutete würdevoll zum Fenster. »In der Stadt werden jeden Tag Geiseln genommen. In dieser Straße wohnen zwei Ärzte. Der Sohn des einen wurde vor drei Wochen entführt. Er wurde noch immer nicht freigelassen, damit er zu seinen Eltern zurückkehren kann. Der andere Arzt fürchtet sich mittlerweile so sehr, dass er sich mit seiner Familie in seinem Haus verbarrikadiert hat. Es ist ein Wunder, dass Sie es überhaupt geschafft haben, lebend vom Hotel zu meinem Haus zu kommen.«
Ich wurde allmählich ungeduldig. Ich musste Ward irgendetwas mitbringen. »Sehen Sie, ich weiß Ihre Sorge um mein Wohlergehen und alle möglichen privaten Probleme, die Sie haben, zu würdigen, aber ich muss unbedingt mit Tomas sprechen. Ich weiß, dass sein Bruder Ari in London ist. Wir haben uns erst kürzlich in New York getroffen. Sie können mir vertrauen.«
Ein Anflug von Ärger huschte über sein Gesicht. »Sir, ich will Ihnen zugestehen, dass Sie jemand getäuscht hat, aber ich versichere Ihnen, dass ich noch nie von diesen Personen gehört habe. Ich denke, Sie sollten sich jetzt verabschieden.« Er zögerte. »Wohnen Sie in einem Hotel?«
»Ja. Im
Weitere Kostenlose Bücher