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Babylon: Thriller

Babylon: Thriller

Titel: Babylon: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. J. McIntosh
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auf der Khulfafa-Straße nach Norden und entfernten uns vom Stadtzentrum. Am Rand von Sadr City trafen wir eine amerikanische Patrouille. Mazare hielt am Straßenrand, um sie passieren zu lassen. »Nach dem Anschlag auf die jordanische Botschaft ist es hier wieder schlimm geworden.« Er lachte spöttisch. »Nein, das ist falsch. Schlimm ist es hier eigentlich jeden Tag. Gibt es in Ihrer Sprache ein Wort für einen Zustand, der schlimmer ist als die Hölle? Wenn ja, dann trifft er auf das zu, was hier zurzeit im Gange ist.«
    Mir kam der Gedanke, dass ich die letzte Woche in der gleichen Situation gelebt hatte. »Was ist passiert?«
    »Eine Lkw-Bombe hat siebzehn Menschen getötet. Pkw wurden umgeworfen, teilweise aufs Dach gekippt. Und gestern haben sie vor dem Rabiya Hotel einen amerikanischen Humvee angegriffen. Dann kamen die Soldaten auf diesen Markt. Einige Männer probierten Gewehre aus, die sie kaufen wollten, und schossen damit in die Luft. Die Soldaten feuerten, weil sie glaubten, sie würden beschossen. Darüber herrscht große Wut. Nein, dieser Krieg wird noch lange nicht zu Ende sein.«
    Wir ließen den Wagen abermals stehen und gingen zu Fuß weiter. Der Platz war riesengroß. Eine Schwarzmarktversion der Londoner Portobello Road. Samuel hatte erzählt, man könne dort fast alles kaufen, und er hatte recht. Trotz der Ereignisse vom Vortag hatte ein Waffenhändler die Ladefläche seines Kleinlasters mit Gewehren vollgepackt. Eine Gruppe Männer inspizierte sie, aber niemand hatte offenbar Lust, einen Probeschuss abzufeuern.
    Ein anderer Händler stand hinter zwei großen Behältern – in der Mitte halbierte rostige Ölfässer, die mit Wasser gefüllt waren. Das Wasser schäumte von Fischen, die sich darin tummelten. Mazghouf, ein grüner Karpfen, der im trägen Wasser des Tigris lebte. »Giftige Fische«, sagte Mazare. »Früher waren sie mal gut. Jetzt ist dieser Fluss nur noch mit Dreck gefüllt.«
    Auf einer schmutzigen Decke war eine seltsame Warenkollektion ausgebreitet: halb ausgedrückte Zahnpastatuben, rosafarbene Damenrasierer, halbvolle Flaschen Detol, Portionsschälchen Erdnussbutter und MRE s – die Fertigmahlzeiten, mit denen die amerikanischen Soldaten verpflegt wurden. Mazare deutete zum Fluss. »Sie sieben den Abfall der Militärposten durch und verkaufen dieses Zeug weiter.«
    Auf einem Tisch in der Nähe waren Telefone, DVD -Player, TV -Geräte und Computer aufgestapelt – Plünderungsgut oder Diebesbeute aus Privathäusern. Der nächste Händler bot seltsam aussehende Fleischbrocken an. Mazare verriet mir, dass es Schafslungen waren. Fliegenschwärme kreisten über der Ware. Das rohe Fleisch hatte sich bereits grünlich verfärbt und dampfte in der Hitze. Als ich mich vor Ekel schüttelte, zuckte er nur die Achseln. »Die Menschen verhungern. Was erwarten Sie?«
    Ein weiterer schriller Pfeifton erklang. Niemand reagierte darauf, doch Mazare holte sein Telefon heraus und wählte eine Nummer. Nach einigen hastig hervorgestoßenen Worten packte er meinen Arm und wir kehrten auf einem anderen Weg zu unserem Wagen zurück. Ich hatte den Eindruck, dass die Dinge sich nicht so entwickelten, wie sie sollten, und nahm an, dass ihm die Optionen ausgingen, daher war ich überrascht, als er meinte: »Tomas stößt zu uns, wenn wir das nächste Mal anhalten. So Gott will.«
    Diesmal verriet Mazare mir nicht, wohin die Fahrt ging. Wir wandten uns nach Südwesten und gelangten zu einer verkehrsreichen Straße, mehr konnte ich nicht feststellen. Er bog von der Straße in eine Einfahrt ein und wir wurden langsamer. Laut einem Hinweisschild befanden wir uns auf dem am Nordtor gelegenen Friedhof der im Jahr 1917, während des Kriegs gegen die Türken, gefallenen Soldaten des Commonwealth. Hatte Tomas sich bei Hal eine Scheibe abgeschnitten und sich ein ähnliches Versteck gesucht wie in New York?
    Das verrostete Eisentor stand offen. Wir fuhren auf einem Weg, der eigentlich für Fußgänger reserviert war. Mazare wendete den Wagen, holte sein Telefon heraus und führte ein weiteres Gespräch. Nachdem er es beendet hatte, sagte er: »Wir warten hier auf Tomas. Er wird bald kommen.«
    Ein breiter Hauptweg wurde von hohen, vergammelten Palmen gesäumt. Zwischen ihnen wucherte mannshohes Gras. Der Weg führte zu einem Mausoleum in Gestalt einer auf vier Säulen ruhenden Steinplatte über einem wuchtigen Sarkophag, offenbar die Grabstätte einer im Gegensatz zu den schlichten Kreuzen und verwitterten

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