Baccara Exklusiv Band 23
mexikanische Arbeiter ergriffen das Seil, das unter der Stoßstange hervorlugte.
Eine Bäuerin in bestickter Baumwollbluse kam auf Rafe zu und bot ihm Ringelblumen an. Rafe zog sein Portemonnaie aus der Hosentasche und öffnete es, dabei fiel sein Blick auf das Foto des blauäugigen Mädchens.
Verdammt, das Kind hatte die gleichen blauen Augen wie Rafe selbst!
Was sollte er bloß tun, wenn es wirklich seine Tochter war?
Langsam bückte sich Rafe und hob den schmutzigen, zerrissenen Pfannkuchen auf, der einmal sein Hut gewesen war. Er schlug ihn gegen die Schenkel, um den Staub abzuklopfen, riss die zerrupfte Feder ab und beulte den Hut so gut es ging wieder aus, bevor er ihn aufsetzte.
Er hatte das dumpfe Gefühl, dass ihm noch einiges bevorstand.
Vielleicht sollte er einfach das Weite suchen.
So, wie Cathy es getan hatte.
So, wie sein Vater es getan hatte.
Doch Rafe war anders.
Er musste Klarheit haben.
Und wenn es tatsächlich sein Kind war, dann würde er darum kämpfen, koste es, was es wolle.
5. Kapitel
Entweder hatte sich Rafes Laune rapide verschlechtert, nachdem der Mechaniker ihm mitgeteilt hatte, dass sein Wagen schrottreif war, oder dieses Bergdorf war tatsächlich hässlicher als alles, was er je südlich der Grenze gesehen hatte. Es gab keine Bäume, kein Grün. Als charakteristische Merkmale dieses Ortes konnte man Staub, abgemagerte Hunde, barfüßige Kinder, Autowracks sowie notdürftig befestigte Gehsteige und Fahrbahnen aufzählen, wenn auch die Straßen mit Ringelblumen bestreut waren und im ganzen Dorf lärmende Fröhlichkeit herrschte.
Rafe war bemüht, sich nicht von dieser Atmosphäre anstecken zu lassen, während er eilig durch die menschenüberfluteten Gassen hastete und dabei die Häuser zählte, denn Straßenschilder gab es nicht.
In den Hauseingängen standen Männer, tranken billigen Tequila und musterten Rafe neugierig.
Er kam an einer Bäckerei vorbei, auf deren Fenster grinsende Skelette gemalt waren. Die Fahrerei, die ständigen Verzögerungen, sein demolierter Truck und nagender Hunger hatten ihn völlig entnervt, dennoch war er fest entschlossen, hinter das Geheimnis zu kommen, auf das Manuel ihn gestoßen hatte, und dann auf dem schnellsten Weg nach Texas zurückzufahren.
Je weiter Rafe die steile Straße hinaufstieg, desto mehr verliefen sich die Menschenmassen.
Ein dunkelhäutiger Junge tauchte auf und lief auf ihn zu. "Hey, Gringo! Kaugummi?"
Er sah aus wie ein echter Lausbub, doch sein Blick glich dem der meisten Kinder hier in der Gegend. Sie hatten junge Gesichter, aber ihre Augen schienen alten Menschen zu gehören.
Rafe nahm einen Dollar aus seiner Brieftasche. Als das Kind ihn anschaute, wurde es starr vor Schreck.
Die schwarzen Augen fielen dem Jungen förmlich aus dem Kopf, und er wurde ganz blass. Als Rafe ihm das Geld in die Hand drücken wollte, schrie der Junge voller Panik auf und rannte wie von Furien gehetzt davon.
Rafe wusste, dass er zum Fürchten aussah. Das Hemd mit den verbogenen Knöpfen war nur halb geschlossen, und eine feine Staubschicht überzog seine Haut, den zerbeulten schwarzen Hut und die Stiefel. In seiner Lederjacke klaffte ein Riss, außerdem duftete er bestimmt nicht nach teurer Seife. Aber normalerweise waren die Straßenkinder hier nicht so leicht zu erschrecken, nicht einmal die ganz kleinen, und die 9-mm-Browning-Automatik in Rafes Hosenbund konnte der Junge unmöglich bemerkt haben.
Das Verhalten des Burschen war ihm ein Rätsel. Dies war wohl das erste mexikanische Kind, das vor einem amerikanischen Dollar davonlief.
Rafe schob die Gedanken an den Jungen beiseite und ging die enge Gasse hinauf, bis er zum zwanzigsten Haus kam. Hier war die Straße noch schmaler und dunkler. Nach fünfzig Metern entdeckte er das Haus, das Manuel ihm beschrieben hatte. Beklommen betrachtete er die weißen Wände und das rote Ziegeldach. Ein Angestellter wusch draußen vor der massiven Holztür einen roten Sportwagen.
Es würde ein Kinderspiel sein, in das Haus hineinzukommen, aber es machte ihn nervös, dass die Straße hier oben endete. Solche Orte gaben ihm immer das Gefühl, vor einer Mausefalle zu stehen. Rasch lief er um das Anwesen herum und kletterte den schroffen Felsen hinauf, der sich hinter dem Haus erhob. Die dunklen Löcher im Berg mussten die stillgelegten Minenschächte sein, von denen Manuel ihm erzählt hatte.
Obwohl Rafe wusste, dass es gefährlich war, hangelte er sich hinter Cathys Haus den Felsen
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