BACCARA EXKLUSIV Band 61
sagen.“ Er fuhr rechts ab auf eine unbefestigte Straße. „Hank stammt ganz sicher aus einer anderen Ära.“
„Hat er denn jetzt noch geöffnet?“
„Hank macht eigentlich nie Feierabend. Er wohnt gleich nebenan und bedient dich zu jeder Tages- und Nachtzeit. Er sagt sich, wer eben Benzin um zwei Uhr morgens braucht, der soll es auch haben.“
Haven lachte leise und wandte sich dann nach hinten, um nach ihrer kleinen Tochter zu sehen. Paige lachte sie fröhlich an und spielte weiter mit ihrer Puppe.
Bereits auf den ersten Blick sah Haven, dass diese Tankstelle so wunderbar heruntergekommen war, dass sie schon wieder etwas Einmaliges hatte.
Die einzige Zapfsäule war an vielen Stellen angerostet. Nicht weit davon entfernt stand eine drei Meter hohe Metallstange, die oben gekrümmt war und an der eine gelbe Glühbirne hing, die ein trübes Licht über die Anlage warf. Neben einem kleinen Holzhaus waren alte Reifen aufgestapelt, und ein paar Meter weiter lagen drei rostige Autowracks. In dem schmutzigen Fenster des kleinen Häuschens blinkte ein rosa Neonschild. „Ziege“ stand darauf.
„Ziege?“ Haven sah fragend zu Carl.
Carl grinste. „Hank behauptet, dass früher nicht weit von hier eine Bar existiert habe, die ‚Die Goldene Ziege‘ hieß. Als die große Straße gebaut wurde, wurde die Bar abgerissen. Von dem Schild blieb nur ‚Ziege‘ übrig. Hank hat es notdürftig repariert. Er findet, dass es seinem Haus das gewisse Etwas gibt.“
„Ich finde es wunderbar!“ Haven lachte.
Und ich muss mich vorsehen, dachte Carl, dass ich mich in diese Frau nicht ernsthaft verliebe. Du passt nicht in ihre Welt, und wenn du das nicht vergisst, Shannon, ersparst du dir eine Menge Kummer.
Er schaltete den Motor aus, drückte auf die Hupe und öffnete dann die Autotür. „Ihr bleibt lieber im Auto“, wandte er sich an Haven. „Es dauert nicht lange.“
Eine Seitentür des Holzhauses flog auf, und ein kleiner drahtiger Mann trat in die Nacht.
Er hatte eine schlohweiße Mähne, die sichtlich selten mit einem Kamm in Berührung kam. Seine Haut war von der heißen Texassonne wie gegerbt und von vielen Fältchen durchzogen. Graue Bartstoppeln bedeckten Wangen und Kinn. Er trug ein schmutziges graues T-Shirt, und die weiten zerschlissenen Hosen wurden von knallroten Hosenträgern gehalten.
„Verdammt, Carl“, brummte Hank und kam langsam näher. „Kann ein Mann nicht mal in Frieden zu Abend essen?“
Carl, der das Ritual kannte, stöhnte innerlich. Erst musste Hank eine Reihe von Klagen loswerden, bevor er auch nur einen Tropfen Benzin in den Tank füllte.
Hank kniff die Augen zusammen und blickte durch die Windschutzscheibe in den Wagen. „Schau mal einer an, das ist aber wirklich ein hübsches Mädchen, das du da bei dir hast.“ Er beugte sich vor. „Und das da, ich fress’ einen Besen, wenn das da hinten nicht ein Baby ist.“
„Ach ja? Tatsächlich.“ Carl zog mit gespieltem Erstaunen die Augenbrauen hoch. „Ist mir noch gar nicht aufgefallen, dass ich ein Kind im Auto habe. Wie wäre es denn mit ein bisschen Benzin, Hank?“, sagte er dann gedehnt.
„Immer mit der Ruhe, mein Junge. Wenn wegen dir schon mein Essen kalt wird, brauchst du mich nicht auch noch zu hetzen. Wir sind hier schließlich nicht in der Großstadt.“ Gemächlich zog Hank die Zapfpistole von der Halterung und steckte sie in die Tanköffnung.
„Apropos Großstadt“, meinte Carl wie nebenbei, „hast du heute vielleicht ein Auto gesehen, was eigentlich nicht hierher gehört?“
Hank rieb sich nachdenklich über das stoppelige Kinn und schüttelte dann den Kopf. „Nein“, antwortete er. „Ich habe keine Fremden gesehen, weder heute noch gestern oder in den letzten Tagen.“
„Okay.“
„Du bist mit deiner Klapperkiste ja ordentlich unterwegs gewesen. Ich habe den Tank doch erst vor ein paar Tagen gefüllt, und jetzt ist er fast schon wieder leer.“
Carl horchte sofort auf. „Du hast meinen Wagen erst vor kurzer Zeit getankt?“
„Ja. José saß am Steuer, und er hatte es verdammt eilig. Meinte, er habe Wichtiges zu erledigen und ich solle schnell machen. Da habe ich ihm aber meine Meinung gesagt. Ich mache genau so schnell, wie ich es will.“
„Hat José erzählt, wohin er wollte?“
„Nee. Zum Teufel, Carl, der Mann ist dein Vorarbeiter. Da solltest du schließlich wissen, wo du ihn hingeschickt hast. Und wenn er eins von deinen Fahrzeugen fährt, dann wird er ja wohl auch etwas für dich zu
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