Back to Blood
Sergej den großen, kräftigen Geschäftsführer, oder was immer er darstellte, an den Tisch und unterhielt sich auf Russisch mit ihm. Dann lächelte er wieder die sechs missgestalteten Rabauken und Rabaukinnen an und sagte erst auf Russisch und dann auf Englisch: »Ihr habt Glück. Marko hat noch einen sehr schö nen Tisch für sechs. Da werdet ihr euch sicher wohlfühlen.«
Betreten, argwöhnisch und wortlos nahmen die sechs die Botschaft entgegen, standen auf und folgten Marko, der sie im weitläufigen Gogol’s zu einem weit entfernten Tisch führte. Sergej beugte sich zu Magdalena vor und legte ihr den Arm um die Schultern. »Das ist doch gleich was ganz anderes … ein netter Tisch für zwei.« Er lachte laut auf, ganz nach dem Motto: »Ist das nicht herrlich?«
::::::Oh, nein, mein lieber Sergej. Ganz und gar nicht! Wir sind nicht zu zweit, wir sind zu dritt: du, ich … und die Demütigung, die die anderen sechs Plätze besetzt. Und herrlich würde ich das auch nicht nennen. All die grölenden Tiere in diesem Laden, hoo-hoo-hoo-hoo, diese Flegel mit ihren aufgetakelten, übertakelten, abgetakelten Freundinnen in ihrem muffigen Schick und Kopfputz aus einem anderen Jahrhundert, diese betrunkenen, animalisch primitiven Flegel, die ganz scharf darauf sind, über Schwache und Leichtgläubige herzufallen, die sich einen Spaß daraus machen, ihr die Flügel auszureißen, die sich totlachen darüber, wie sie sich abstrampelt … Schytin, die großartige Nummer fünf — darin ist er brillant! Brillant! Ein Altmeister! Was? Sie haben es nicht gesehen? Mein Gott, Sie haben eine klassische Demonstration verpasst! Aber Sie können ihre Überreste noch sehen, da drüben … sie ist die kleine kubanische Papaya an dem fast leeren Zehnertisch — leer in einem ansonsten rammelvollen Laden! Zur Spitzenzeit! Leer! Sie ist eine beschämte und leere Hülle. Niemand möchte noch ein Stückchen von ihr außer unserer renommierter Papayasammler, Sergej Koroljow … Er wird sich ihre Papaya greifen, damit machen, wonach ihm gerade ist, und dann wird er sie auf den Müll schmeißen … Gönnen Sie sich einen Augenschmaus! Sie können sie gar nicht übersehen! Sie sitzt allein an diesem riesigen Tisch, abgesehen von unserem Papaya-Connaisseur, aber der zählt natürlich nicht … Ja! Schauen Sie genau hin! Was ist schlimmer als der Tod? … Demütigung! … wohingegen ihr Tischgenosse, Mr. Sergej Koroljow — er fühlt sich prächtig in seiner Haut. Er glaubt, dass er sie aufmuntern kann, und warum auch nicht? Er fühlt sich sauwohl! Seine Laune könnte kaum besser sein! So fühlt sich ein Mann, der nur irgendwo aufzutauchen braucht … und todo el mundo springt von den Stühlen auf, hechelt ihm grinsend entgegen und erfüllt ihm jeden seiner extravaganten Wünsche. Zweifellos noch besser ist aber, die Angst in den Gesichtern anderer Menschen zu sehen, wenn sie ihm irgendwie dumm kommen … sie sind entsetzt, als fürchteten sie um ihr Leben — sie katzbuckeln buchstäblich … so wie die widerliche widerliche widerliche widerliche widerliche Nummer fünf in dem Augenblick katzbuckelte, als Zar Sergej auf ganz bestimmte Art anfing zu brüllen —
— Sergej ist genau jetzt im siebten Himmel … Er ist zufrieden, wenn er den ganzen Abend hier an diesem Tisch sitzen kann … an diesem riesigen Zehnertisch, nur er und seine kleine chocha, vor einem endlosen weißen Ozean mit glitzernden Pailletten. Es ist nicht zu übersehen! Da ist er! Der mächtigste Mann im Saal! … Ihr Elend kann er nicht einmal ansatzweise begreifen … Bitte, mein attraktiver Retter, bitte, bring mich weg von hier … errette mich vor den tausend beschämenden, bemitleidenden, ausweichenden Blicken … aber neeeeeiiiiin, er muss aufs Podest, ganz nach oben, muss sich zur Schau stellen … Seht her, der Zar! … aus Hallandale, Florida, Russlands Herzland.::::::
Endlich endlich endlich endlich — und dieses endlich fühlte sich an wie endlich, nach fünf Jahren höllischer Qualen — endlich schlug Sergej vor, zu der großen Party auf Star Island zu fahren. Sein Abgang war wie sein Auftritt … die Schmeicheleien, die Umarmungen, die ins Ohr gebrüllten Nichtigkeiten, und Sergej mittendrin, über zwei Meter groß, die Brust aufgepumpt, während sie alle sprangen … Und Magdalena? Sie existierte nicht mehr. Sie schauten einfach durch sie durch. Der Fleischberg von Geschäftsführer verabschiedete sich wenigstens, als Einziger … und das zweifelsohne auch
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