Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
Vom Netzwerk:
nicht glauben, was gerade aus Normans Mund gekommen war! »Vor ein paar Tagen« hatte anlässlich der Verleihung des Nobelpreises an »Rick« Labro im Javits Center in New York eine ziemliche ausgelassene Feier der American Psychiatric Association stattgefunden. Magdalena war die ganze Zeit mit Norman zusammen gewesen. Sein »Abendessen mit Rick und Beth« hatte darin bestanden, dass er in einer Schlange von vielleicht 400 Menschen, die alle darauf warteten, »Rick« die Hand schütteln zu dürfen, an etwa 214. Stelle gestanden hatte. Als Norman schließlich an der Reihe gewesen war, sagte er, »Dr. Labro? Norman Lewis aus Miami. Herzlichen Glückwunsch.« Worauf »Rick« erwidert hatte: »Vielen Dank.« Und das war’s dann auch schon gewesen — »Abendessen mit Rick und Beth!« ::::::Zwischen unseren und »Ricks und Beths« Tisch hätte ein Footballplatz gepasst.::::::
    Der Großinquisitor wechselte in seinen patentierten Ironiemodus: »Es freut mich, dass Sie sich so gut amüsiert haben, Dr. Lewis, aber das war nicht meine …«
    Wuuummm! »Ahhh HAHHHAHAHHH Hock hock hock hock ›Gut amüsiert‹ trifft es nicht mal annähernd, Ike!« — Normans Gelächter, seine dröhnende Stimme, seine 250-Watt- Bestlaune schlug direkt über Ike Walsh zusammen. »Ich habe mich fabelhaft amüsiert! Sie werden niemanden finden, der eine höhere Meinung von Rick Labro hat als ich — wie übrigens auch von Sam, Gibbsy und Murray!« :::::: Gibbsy? Ich glaube nicht, dass er Gibson Channing auch nur einmal getroffen hat.:::::: »Sie sind allesamt Pioniere auf unserem Gebiiiietahhh HHHH Hock hock hock Sie sind mir vielleicht ein Witzbold, Ike! Ahhhh HH Hock hock hock! «
    Nach seinem Gesicht zu urteilen, fand »Ike« das alles gar nicht lustig. Er schaute ihn ausdruckslos an. Das Licht in seinen stählernen Augen war erloschen. Er schien nach einer Antwort zu suchen. Schließlich sagte er, »Na schön, Sie geben also zu, dass Sie, verglichen mit diesen vier Kapaziäten …«
    Wuuummm! Normans unverbesserlicher Überschwang schwappte einmal mehr über Ike Walsh hinweg. »Nein, Sie sind wirklich ein Witzbold, Ike! Unvergleichlich. Ich muss Ihnen jetzt aber schon sagen, dass ich Pornografiesüchtige, sogenannte Süchtige, schon seit zehn Jahren behandele, und es gibt diese Krankheit in unserem Land, sicher, es ist eine psychische Störung, eine sehr ernste, obwohl es mit der konventionellen Vorstellung von Sucht nur sehr wenig zu tun hat. Wir haben gerade den Zeit- und Arbeitsplan für die größte klinische Studie von sogenannten Pornografiesüchtigen fertiggestellt, die jemals gemacht worden ist.« ::::::Was? Seit wann?:::::: »Die Studie wird allerdings nicht unter den üblichen Laborbedingungen erstellt werden. Wir schicken die Patienten mit einem Langzeit- EKG -Gerät nach Hause. Das liefert uns einen steti gen Datenstrom in Echtzeit, während die Probanden sich ihrer Sucht im Schutz ihrer Privatsphäre — nun ja, sagen wir — überlassen. Die Resultate dürften binnen achtzehn Monaten in monografischer Form verfügbar sein.«
    »Monografische Form?«, sagte Ike Walsh.
    »Ja. Eine Monografie ist ein Traktat — Sie sind doch vertraut mit der Publikationsform des ›Traktats‹, nicht wahr, Ike?«
    »Ja, sicher, ja …«, sagte der berühmte Inquisitor. Er sagte es etwas argwöhnisch, so als fürchtete er, Norman würde ihm wie einem Schuljungen auf der Stelle eine Definition des Wortes »Traktat« abfordern.
    Und so ging es weiter. Norman bombardierte den Großinquisitor mit zehn, zwanzig Meter hohen Wellen seiner fabelhaft guten Laune, seiner Leutseligkeit, seines donnernden Gelächters und überbordenden Enthusiasmus, produzierte schillernde und funkelnde Wellen, die anschwollen und herab stürzten und die Strömungen und den Sog der Herablassung kaschierten, die sich in unbekannten Tiefen zusammenbrauten und Ike Walsh packten und bis zur Orientierungslosigkeit hin und her schleuderten. Eine von Walshs Spezialitäten war die, seinem Interviewpartner über den Mund zu fahren und das Gespräch in eine Richtung zu lenken, die diesem nicht passte. Aber wie fuhr man jemandem über den Mund, der einen unter mannshohen, übermächtigen Wellen begrub? Nach »Sie sind doch vertraut mit der Publikationsform des ›Traktats‹, nicht wahr, Ike?« gewann Ike Walsh die Kontrolle über seine eigene Sendung nie mehr zurück.
    Für den Rest des Interviews lag der Großinquisitor zusammengerollt in Normans Schoß. Hin und wieder erhob er sein

Weitere Kostenlose Bücher