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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Mittagszeit eintraf, würde es so aussehen, als wollte ich wie üblich meine Untersuchungen über den Zuschauerandrang bei warmem Wetter durchführen. Bewusst war ich in der vorigen Woche zweimal um diese Zeit hier gewesen und hatte etwas im Laden herumgetrödelt,
bevor ich wieder nach oben ging. Die zeitliche Lücke zwischen meiner Ankunft auf dem Parkplatz und meiner Rückkehr ins Spukhaus würde nicht allzu sehr auffallen.
    Während ich auf den Laden zumarschierte und mich später im toten Winkel der Kamera an die Wand drückte, blieb Dan mir auf den Fersen. Damals, als ich noch neu im Park war und Lil den Hof machte, hatte sie mir einmal das A-Vac gezeigt, das alte, mit Druckluft betriebene Abfallbeseitigungssystem, das in den Zwanzigern stillgelegt worden war. Die Kinder, die im Park aufwuchsen, waren berüchtigt dafür, dass sie das Rohrsystem gern erforschten. Immer noch roch es hier ein wenig nach den Abfallsäcken, die man früher mit fast hundert Stundenkilometern auf die Halde am Rande des Parkgeländes befördert hatte. Für ein mutiges, gelenkiges Kind waren die Rohre ein unterirdisches Wunderland, dem man sich zuwandte, wenn die multimedialen Attraktionen des Parks ihre Anziehungskraft verloren.
    Breit grinsend öffnete ich die Wartungsluke. »Wenn man mich nicht umgebracht und gezwungen hätte, in einen neuen Körper zu schlüpfen, wäre ich wahrscheinlich nicht gelenkig genug dafür«, zischte ich Dan zu. »Ironie des Schicksals, stimmt’s?«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, stieg ich ein
und tastete mich unterhalb der Halle der Präsidenten Stück für Stück voran.
     
    In meinem Plan hatte ich alle erdenklichen Einzelheiten berücksichtigt, bis auf eine, die mir erst bewusst wurde, als ich bereits vierzig Minuten durch die pneumatische Röhre gekrochen war, die Arme nach vorn und die Beine nach hinten ausgestreckt, wie ein Schwimmer.
    Wie sollte ich mir in die Taschen greifen?
    Und vor allem: Wie sollte ich meine HERF-Pistole aus der Gesäßtasche ziehen, wenn ich nicht einmal die Ellbogen beugen konnte? Die HERF-Pistole war der Dreh- und Angelpunkt meines Vorhabens: Dieser Hochenergie-Radiofrequenzgenerator hatte einen zielgerichteten gebündelten Strahl, der in der Halle der Präsidenten ein Loch durch den Boden schweißen und jede nicht abgeschirmte Elektronik innerhalb des Gebäudes verschmoren lassen würde. Die Idee war mir bei Tims erster Demo gekommen, als ich hinter der Bühne all die Prototypen mit offenem Gehäuse gesehen hatte, ohne Abschirmung, so dass man beliebig an ihnen herummurksen konnte.
    »Dan.« Innerhalb der Röhre klang meine Stimme seltsam gedämpft.
    »Ja?« Er hatte unterwegs keinen Laut von sich gegeben. Nur die Geräusche, die seine Ellbogen machten, während er mühsam durch das unbeleuchtete
Rohr kroch, hatten mir verraten, dass er hinter mir war.
    »Kommst du an meine hintere Hosentasche ran?«
    »Oh Scheiße.«
    »Behalt dein dummes Gefrotzel für dich, Mann. Kommst du ran oder nicht?«
    Ich hörte ihn stöhnen, als er sich leicht aufrichtete. Gleich darauf spürte ich seine Hand an meiner Wade entlang tasten. Während sein Brustkorb meine Schenkel auf den Boden der Röhre drückte, fummelte seine Hand an meinem Hintern herum.
    »Ich komm ran«, sagte er. Seinem Tonfall nach gefiel es ihm überhaupt nicht, dass ich ihn so angeschnauzt hatte, aber ich steckte zu sehr in der Klemme, um mir eine Entschuldigung zu überlegen – obwohl es meinem Woppel sicher nicht gut bekam, wenn in Dan langsam die Wut gärte.
    Er zerrte die Waffe – einen schmalen Zylinder, so lang wie meine Handfläche – aus meiner Hosentasche. »Und was jetzt?«, fragte er.
    »Kannst du mir das Ding nach oben reichen?«
    Dan kroch weiter nach oben, schob sich über mich, blieb aber stecken, als sein Brustkasten auf Höhe meiner Hüfte war. »Weiter geht’s nicht«, sagte er.
    »Na gut, dann wirst du feuern müssen.« Ich hielt den Atem an. Würde er es wirklich tun? Es
war eine Sache, mein Komplize zu sein, aber eine ganz andere, selbst zur Tat zu schreiten.
    »Oh Jules«, stöhnte er.
    »Ein einfaches Ja oder Nein, Dan. Mehr will ich von dir nicht hören.« Ich kochte vor Wut – über mich, über Dan, über Debra, über diesen ganzen verdammten Scheiß.
    »Meinetwegen«, sagte er schließlich.
    »Gut. Stell die Streuung auf maximal und richte die Waffe gerade nach oben.«
    Ich hörte, wie er die Arretierung löste, und spürte das Knistern einer statischen Entladung in der Luft, dann war’s

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