Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Berlin
Vom Netzwerk:
nahm noch einen Schluck, dann erklärte er: „Aber jetzt zu dir. Was kann ich für dich tun?“
    „Ich möchte, dass du den Verkauf von Anne Ludwig an Ortega rückgängig machst.“
    Mit einem Mal sah Abner fast ebenso alt und zerbrechlich aus wie Sieversen, als Adrian ihm gegenüber Ortega erwähnt hatte.
    „Völlig ausgeschlossen“, antwortete er.
    Das Schlimmste in den nächsten Minuten war, dass Adrian alle Argumente Abners absolut nachvollziehen konnte. Ortega würde doch nur auf eine Regelwidrigkeit von ihnen warten. Das Mädchen sei nun einmal bindend verkauft. Adrian selbst hatte dem kürzlich hier in diesem Büro zugestimmt. Anne Ludwig würde spätestens in sechs Wochen mit einer Ladung anderer Betas nach Südamerika abgehen. Wäre das Mädchen nicht dabei, würde Ortega sofort mit dem Finger auf sie alle zeigen. Er würde weltweit jeden Alpha wissen lassen, dass sich diese vorgeblichen Tugendwächter aus Moldurien und Frankreich nicht einmal an die einfachsten Bestimmungen der Organisation hielten.
    Vielleicht war es für Ortega und seine Anhänger sogar der willkommene Anlass loszuschlagen, um die Macht in der Organisation an sich zu reißen. Abner befürchtete, dass derartige Pläne längst bereitlagen und nur darauf warteten umgesetzt zu werden.
    Sie selbst aber bräuchten jetzt Zeit, Zeit und nochmals Zeit. Man habe Ortega viel zu lange unterschätzt. Adrian selbst sei ja einer der wenigen gewesen, der klugerweise immer wieder auf die Gefahr hingewiesen habe. Nun aber müssten sie erst ihre Truppen sammeln. Gegenstrategien entwickeln, Munition zusammentragen. Es ginge um die Existenz der Organisation.
    Adrian war Abner zumindest dankbar, dass er nicht versuchte, ihm seine „närrischen Gefühle“ für Anne auszureden. Vielleicht spürte er auch, dass es sinnlos gewesen wäre. Als Adrian aber darauf hinwies, welche Gefahren ihr in der Spezialausbildung drohten, stieß er auf reines Unverständnis. Abner erklärte: „Du meinst, die Sache könnte ihr einfach zu gut gefallen? Aber Adrian, darauf beruht doch unsere ganze Organisation. Wir bieten den Betas ein Leben, das ihren natürlichen Bedürfnissen entspricht. Die Abrichtung zur Stute ist für mich die reinste Form dessen, was ihr Wesen ausmacht. Da ist es doch kein Wunder, dass manche Betas gar nicht genug davon kriegen können. Ferien vom ich. Auf dem Ponyhof sozusagen.“
    Abner grinste, hörte aber abrupt auf, als er Adrians wütende Miene bemerkte. Sie redeten noch eine Weile weiter. Beide um Sachlichkeit und Ruhe bemüht. Am Ende schien Abner von Adrians Hartnäckigkeit beeindruckt. Er versprach ihm jede mögliche Unterstützung, vorausgesetzt Adrian versuche, an das Mädchen auf legalem Wege ohne Regelbrüche heranzukommen.
    Mehr war nicht drin. Das spürte Adrian, als er Abner verließ. Er hatte so etwas wie die wohlwollende Neutralität des Schlossherren errungen. Entscheidend war jetzt, ob Sieversen weiterhelfen konnte? Aber was, wenn es nicht so wahr? Adrian fragte sich, ob er bereit war, auch den letzten Schritt zu gehen. Das hieße, Anne praktisch zu entführen und die Organisation für immer zu verlassen.
    Es würde bedeuten, ein Leben im Verborgenen zu führen. Er ging davon aus, dass die Organisation oder auch Ortega ein derartiges Verhalten nicht dulden würden. Eine Beta mochte austreten können. Ein Alpha in seiner Position und unter diesen Umständen nicht. Es gab genug Spezialisten bei Magnus, die alles dransetzen würden, ihn und Anne aufzuspüren. Hätten sie die beiden gefunden, würden sie ihn ausschalten und Anne Ortega übergeben. Er würde sie mit besonderer Härte behandeln. Er war in diesem Fall schließlich so etwas wie der betrogene Liebhaber. Eitel und selbstgerecht, wie Adrian ihn einschätzte, würde ihn dies zu den schlimmsten Grausamkeiten anstacheln.
    Nein, die Organisation zu verlassen, war die allerletzte Lösung. Es musste einen besseren Weg geben. Den ganzen nächsten Tag über hatte er allerdings das Gefühl, mit seiner Grübelei nicht einen Schritt weiterzukommen. So stürzte er sich verbissen in die alltägliche Arbeit. Er ließ die defekte Kamera am Zaun ersetzen und alle anderen überprüfen. Er begutachtete die neuen Rauchmelder, die im Schloss installiert werden sollten, und arbeitete Verwaltungsangelegenheiten auf, unter anderem den Stapel, den er sich schon gestern Nacht auf seinem Schreibtisch bereitgelegt hatte.
    Dann endlich kam der Abend. Dascha verfrachtete er wieder früh ins Bett. Diesmal

Weitere Kostenlose Bücher