Bärenmädchen (German Edition)
offensichtlich schön fand, wurde sie zudem auch von den anderen Stuten bewundert. Ihre füllige Form und ihre schweren Brüste weckten dann doch manchmal neidische Blicke. Anne ertappte sich sogar dabei, dass sie versuchte, Ines Art, mit tiefer Stimme zu wiehern, nachzuahmen. Als sie sich dabei allerdings einen schmerzhaften Stromschlag einhandelte, ließ sie es bleiben.
Eines Tages beobachte Anne dann etwas, das zwischen Ines und Rockenbach alles veränderte. Es war an einem Vormittag. Windig war es und schwere dunkelgraue Wolken zogen über den Himmel. Nur hin und wieder ließen sie einen Fetzen blauen Himmels hindurchschimmern, den dann fast sofort wieder eine neue Wolkenwand schluckte. Ähnlich düster schien auch die Laune Rockenbachs an diesem Tag. Hatte er Zahnschmerzen, eine schlechte Nachricht erhalten oder war eines seiner wirklichen Pferde krank? Als Stute war es zwecklos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Was zählte, war einzig die Tatsache, dass ihr Herr reizbar und verärgert war. Keine hatte er am Morgen bei seiner Ankunft erwählt und sogar Ines bekam seine Peitsche zu spüren, als sie ihm einmal nicht schnell genug reagierte. Ängstlich duckten sich alle unter seinem düsteren Blick und versuchten hektisch, es ihm recht zu machen, was natürlich nur zu noch mehr Fehlern führte.
Als Anne an der Longe schon zum zweiten Mal vergaß, beim Kommando Whoa nicht nur anzuhalten, sondern sich auch auf die Zehenspitzen zu stellen, setzte er ein Straftraining für sie an. Nach dem Logieren zog eine Zofe ihr zunächst einen der dunkelgrauen Ponchos über, die sie bei schlechtem und kaltem Wetter tragen durften. Dann führte sie Anne auf den Hof vor die Außenwand der Kutscherei, den Raum, in dem die Kutschen untergebracht waren. Dort unter dem Vordach – wenigstens war sie so vor dem drohenden Regen geschützt – musste sie sich mit dem Gesicht zur Mauer stellen. Über ihr war für solche Zwecke ein eiserner Ring in der Wand eingelassen. Am Ring war eine eiserne Kette befestigt. Diese verband die Zofe nun mit Annes Halsband und zwar so kurz, dass Anne, deren Hände immer noch auf dem Rücken gefesselt waren, auf Zehenspitzen balancieren musste, wollte sie sich nicht selbst die Luft abschnüren. So war sie nun bis auf weiteres in die Stehposition der Stuten gezwungen und verwünschte sich dafür, wie unaufmerksam sie vorhin gewesen war.
Man ließ sie allerdings nicht alleine in ihrer unbequemen Lage. Die Zofe, die sie festgekettet hatte, blieb neben ihr stehen. Das war üblich. Bestand die Gefahr, dass sich gefesselte Stuten bei einer Ohnmacht oder einem Krampf in den Beinen selbst strangulierten, standen sie permanent unter Aufsicht. Wahrscheinlich waren sie einfach zu wertvoll, um Unfälle zu riskieren, vermutete Anne.
Ihre Aufsichtsperson wirkte jetzt allerdings sichtlich gelangweilt. Das alberne Ding vertrieb sich die Zeit damit, die acht Zofenregeln laut herzusagen. Das Mädchen war recht klein mit birnenförmigen, fast milchweißen Brüsten. Unter dem dunklen, knielangen Faltenrock, den sie als einziges Kleidungsstück trug, zeichneten sich breite Hüften ab. Ihr fast kreisrundes Gesicht mit einer winzigen Nase erinnerte Anne an das einer Perserkatze. Wahrscheinlich besaß sie auch einen ähnlichen Intelligenzquotienten, vermutete sie bald. Immer wieder stolperte und stockte sie beim Aufsagen der Regeln. Anne hätte sie ihr noch im Schlaf herbeten können. So eine dumme Gans. Wahrscheinlich trug sie deswegen so viele Striemen auf ihrem Oberkörper
Dann kam es sogar noch schlimmer. Denn das Mädchen wurde plötzlich von der Zofe herbeigerufen, die für die Essensausgabe zuständig war. Im nächsten Augenblick rannte sie davon und war durch die nächste Tür verschwunden. Anne schnaubte so verächtlich, wie sie nur konnte. Tolle Sicherheitsmaßnamen für eine wertvolle Stute.
Nun stand sie angetan mit ihrem dunkelgrauen Poncho bewegungslos allein im Schatten. Noch war die Belastung ihrer Fußballen und Unterschenkel erträglich. So schaute sie sich neugierig um, ob es nicht irgendetwas zu sehen gab. Als sie den Kopf, so weit sie konnte, nach rechts drehte, entdeckte sie Ines. Sie trat gerade aus der Toröffnung der Spiegelhalle, um den Hof zu harken. Das war eine der speziellen Aufgaben für die Stuten, um ihre Armmuskeln zu trainieren. Meist wurde Ines damit betreut. Auf ihre stille Art schien sie sich stets darüber zu freuen.
Ines schien sie nicht zu sehen und Anne überlegte, ob sie sich
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