Bärenmädchen (German Edition)
euch, erheblich erleichtern. Jetzt aber schnell noch die Stuhlprobe.“
Zehn Augenpaare starrten ihn entsetzt an. Von Ungruhe stutzte, dann lachte er. „Ihr Dummchen. Ihr sollt einfach nur aufstehen. Also hoch mit euch!“
Er unterstützte sein Kommando, in dem er seine Arme schwungvoll mit nach oben zeigenden Handflächen in die Höhe fahren ließ.
Derart aufgefordert, mühten sich alle Mädchen aufzuspringen, aber es war absolut unmöglich hochzukommen. Anne fühlte sich, als hätte man sie am Stuhl festgeklebt. Von Ungruhe beobachtete ihre Bemühungen mit zufriedenem Grinsen. Dann wandte er sich zur Tafel und schrieb dort in Großbuchstaben das Wort MAGNETEN hin
„Elektromagneten halten euch jetzt am Stuhl fest. Das klappt natürlich nur, wenn ihr wie jetzt auf einer Eisenfläche sitzt. Dann ist es aber furchtbar praktisch, falls man eine Beta einmal rasch und sicher fixieren möchte.“
Von Ungruhe legte ein kurze Redepause ein, genoss sichtlich die verblüfften Gesichter der Mädchen und fuhr dann fort: „Jetzt zum eigentlichen Unterrichtsthema. Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen, wie viel Lehrstoff wir vor uns haben. Und das müsst ihre alles in kürzester Zeit perfekt beherrschen“, erläuterte ihr bizarrer Lehrer.
Auf dem Lehrplan stünde zum Beispiel Geschichte und Struktur der Organisation Magnus. Natürlich in vereinfachter Form, so dass es auch eine Beta verstehen könne. „Die seien bekanntermaßen ja meist recht lernschwach“, sagte von Ungruhe und schaute fröhlich in die Runde. Natürlich traute sich keines der Mädchen zu protestieren, auch wenn Dascha vor Zorn ganz schmale Lippen bekam, wie Anne bei einem raschen Seitenblick sehen konnte.
Ihr Lehrer fuhr unterdessen fort: Desweiteren würden sie in Konversation geschult, also darin, wie sie sich mit einem Alpha zu unterhalten hätten, ohne ihn tödlich zu langweilen. Sie würden zudem lernen, wie man bei Tisch oder anderswo formvollendet bedient. „Das wichtigste von allem, eure Königsdisziplin sozusagen, ist natürlich die Sexualkunde.“
Von Ungruhe drehte sich wieder zur Tafel um. Unter MAGNETEN schrieb er, so schwungvoll, dass man fast Angst um das Stück Kreide bekam, das Wort PENIS. Dann schrieb er
ZEPTER daneben.
„Das hört sich doch viel schöner an als Penis. Geradezu poetisch. Nicht wahr?“
Er wartete nicht auf eine Antworte sondern erklärte: „Zepter heißt für euch nämlich ab sofort der Penis eines Alphas. So werdet ihr ihn nennen. Ein anderes Wort möchte ich von euch nicht hören.“
Er wandte sich wieder zur Tafel und strich das Wort Penis durch.
Der Mann hat eindeutig einen Knall, dachte Anne. Dagegen war Dr. Frankenstein ja ein ehrbarer Nobelpreiskandidat. Sie bemühte sich, möglichst klein und unauffällig zu wirken, zumal ihr Lehrer sich jetzt wieder seiner Klasse zuwandte und zwar mit einer Miene, die sie sofort alarmierte. Er sah aus, wie ein Kater, der einer Maus auflauert.
„Miriam, du bist doch Lehrerin, wie heißt der Penis-Muskel auf lateinisch?“, wollte er wissen.
Völlig verblüfft saß die kleine etwas stämmige Frau da. Ihre Augen huschten hilfesuchend durch den Raum, als wäre dort irgendwo die Antwort versteckt. Man konnte geradezu sehen, wie sie sich verzweifelt das Hirn zermarterte. Was Frau Lehrerin jetzt wohl für einen Spickzettel geben würde, schoss es Anne durch den Kopf.
„Das weiß ich nicht, Herr von Ungruhe“, gab sie schließlich zu und stieß im nächsten Moment einen Schmerzensschrei aus, als die schwarze Taste betätigt wurde. Vor Schreck schrien die meisten anderen Mädchen ebenfalls auf, auch Anne. Es dauerte sogar eine Weile, bis sie begriff, dass sie verschont geblieben war. Nur Miriam hatte diesmal die Wirkung der Fernbedienung zu spüren bekommen.
„Ts, ts, ts, die Lehrer von heute sind völlig ungebildet. Was soll nur aus unserem Bildungssystem werden“, erklärte von Ungruhe kopfschüttelnd. Er warf Miriam wieder seinen Mäusefängerblick zu, dann fuhr er fort: „Ich habe Lehrer übrigens nie gemocht und sie mich auch nicht.“
Miriam war den Tränen nah. Anne konnte sehen, wie ihre Mundwinkel zitterten. Sie würde sich in den nächsten Tagen bei diesem Typen auf einiges gefasst machen müssen. Das war klar. Jetzt aber wandte sich von Ungruhe einer anderen zu: „Dascha, laut deiner Akte hattest du in Biologie 15 Punkte. Du kennst doch sicherlich die Antwort.“
Alle schauten mitleidig auf die Neunzehnjährige, aber Dascha antwortete ohne zu
Weitere Kostenlose Bücher