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Bahners, Patrick

Bahners, Patrick

Titel: Bahners, Patrick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Panik-Macher
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Umwelt das nötige kulturelle Standing genösse. Die
Dhimmi-Legende schließt die Lücke. Erzählt wird, die Wegbereiter der
muslimischen Machtübernahme in Europa seien gar keine Muslime, sondern
maßgebliche Repräsentanten der politischen und kulturellen Eliten, die sich in
vorauseilender Anpassung schon wie Schutzbefohlene verhielten, obwohl die
islamische Herrschaft im Westen noch gar nicht förmlich errichtet worden ist.
Das bizarre Konstrukt eines vor der Zeit und aus freien Stücken etablierten
Regimes der Kollaboration stützen die Islamkritiker mit sozialpsychologischen
Spekulationen über den Selbsthass des Westens, der angeblich in den Schichten
der Erfolgreichen besonders weit verbreitet ist.
    Als Dhimmitum wird nicht nur das gesamte interkulturelle
Dialogwesen verächtlich gemacht, sondern jedes Bemühen von Amtsträgern und
anderen Personen des öffentlichen Lebens, Muslimen mit Verständnis zu begegnen
und Vorstellungen der nicht-muslimischen Gesellschaft so zu formulieren, dass
Muslime sie verstehen können. Dhimmi muss sich jeder schimpfen lassen, der den
Kriegszustand zwischen dem Islam und der freien Welt bestreitet. Die
islamkritischen Vokabeln «Dhimmi» und «Taqiya» gehören zusammen. Die Beschwichtiger
sind dafür verantwortlich, dass die Täuschung unentdeckt bleibt. Diese Rhetorik
des Verdachts und der Verachtung will Selbstverständlichkeiten des
zivilisierten Umgangs beseitigen. Die Höflichkeit, die dem Gegenüber den
eigenen Standpunkt nicht aufdrängt, und die Klugheit, die Gemeinsamkeiten im
Praktischen sucht, sollen keine Tugenden mehr sein. Immer wenn vom Islam die
Rede ist, soll ausgesprochen werden, dass er eine falsche Religion ist, undemokratisch
und unaufgeklärt. Merkwürdigerweise wird gleichzeitig beklagt, dass der Preis
des Schutzes der Dhimmis unter der Scharia genau eine solche förmliche
Bekräftigung der Unwahrheit ihres Glaubens war.
    Die Prominenz der Figur des Dhimmi in der Islamkritik
beruht auf den Schriften einer einzelnen Autorin, der aus Ägypten gebürtigen
Historikerin Gisele Littman, die unter dem Pseudonym Bat Ye'Or (hebräisch:
Tochter des Nils) schreibt. Ihre ersten Bücher über das Schicksal der
orientalischen Christen unter der islamischen Herrschaft wurden noch in
Fachzeitschriften besprochen. Sie prägte den Begriff der «dhimmitude», der
nicht nur einen sozialen und rechtlichen Zustand bezeichnen soll, sondern auch
eine Mentalität - die kollektive Variante des Stockholm-Syndroms. Ausdrücklich
dienen alle ihre Schriften der historischen Selbstvergewisserung des Zionismus,
der eine orientalische Vorgeschichte erhält. Der jüdische Staat ist in dieser
Sicht nicht das Produkt eines in die Region importierten westlichen Nationalismus,
sondern das legitime Resultat der Emanzipation der Juden vom Dhimmitum. Mit dem
Titel ihres 2005 publizierten Buches «Eurabia: The Euro-Arab Axis» fügte sie
dem islamkritischen Lexikon einen weiteren ungeheuer wirkmächtigen Begriff
hinzu. Das Buch hat einen so bedeutenden Historiker wie Sir Martin Gilbert zum
Fürsprecher, den offiziellen Biographen Churchills und Autor zahlreicher Bücher
zur jüdischen Zeitgeschichte. Wie Daniel Pipes, der neokonservative
amerikanische Meinungsbildner, im Klappentext schreibt, zeichnet es «eine
nahezu geheime Geschichte Europas der letzten dreißig Jahre» nach. Es gehört in
die Gattung der Arkanhistorie, die in den höfisch-konfessionellen Staaten des
Ancien Regime florierte. Die Verfasserin deckt hinter der von der Islamkritik
vorausgesagten sozialen Revolution durch demographische Eroberung eine
politische Verschwörung auf, freundlicher formuliert: ein Projekt von
Technokraten. Seit der Ölkrise von 1973 sollen EU-Beamte mit arabischen Abgesandten
über den Masterplan der Verwandlung Europas in den Appendix eines
antiamerikanischen, antichristlichen und antisemitischen Blocks beraten haben.
Venedig 1977, Rimini 1979, Hamburg 1983: Die meisten Europäer dürften noch nie
von diesen Konferenzen gehört haben - aber das ist eben ein Indiz für den
Erfolg der Verschwörung.
    In der journalistischen Rezeption der Islamkritik kommt
das Schlagwort Eurabia als eine satirisch-prophetische Überspitzung an. Bei
Bat Ye'Or bezeichnet es eine geopolitische Einheit, ein tatsächliches Objekt
politischer Planung. Die «okkulte Maschinerie» des Euro-Arabischen Dialogs
soll eine «unumkehrbare Verwandlung» Europas bewirkt haben. Durch eine von den
europäischen Institutionen geförderte

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