Ballade der Leidenschaft
hörte er die Wörter „Fulford in Wessex“, „Adam“ und „Cecily“.
Gien war ein offenherziger, umgänglicher Junge, und Ben überlegte mit wachsendem Unbehagen, ob Rose sich ermutigt fühlen würde, ihre Heiratspläne zu enthüllen. Er seufzte.
Hätte sie diese Reise auch ohne die verlockende Aussicht auf eine Ehe mit Sir Richard beschlossen? Wäre der Gedanke an eine Zukunft in Wessex, auf Adams neuem Landsitz, ein ausreichender Anreiz gewesen? Falls ja, hatte Ben einen schweren Fehler begangen, Roses Gefühle falsch eingeschätzt und völlig überflüssigerweise ihre Hoffnung auf eine Heirat mit dem Ritter geweckt. Nun konnte er nur noch beten, dass es ihm gelang, das wiedergutzumachen.
„Hübsches Mädchen, Eure Rozenn“, meinte Eudo.
„Was – Rose?“ Ben blinzelte. „Sie ist nicht die Meine.“
Sir Eudo schaute ihn mitfühlend an. „Aber Ihr wünscht, sie wäre Eure Braut?“
Entschieden schüttelte Ben den Kopf. „Unsinn, ich habe nicht vor, mich häuslich niederzulassen.“
Eudo hob nachdenklich die Brauen. „Weiß sie das?“
„Rose kennt mich besser als sonst jemand. Seit unserer Kindheit sind wir befreundet. Nein, Monsieur, Ihr schätzt uns falsch ein. Ich bin ein fahrender Sänger, das liegt mir im Blut, während Rose einen heimischen Herd anstrebt.“ Achselzuckend fügte Ben hinzu: „Den kann ihr ein Lautenspieler, der durch die Lande zieht, nicht bieten. Deshalb träumt sie von einem Ritter an ihrer Seite.“
Voll Selbstironie verzog Eudo die Lippen. „Nicht alle Ritter besitzen einen heimischen Herd, der einer schönen Frau genügen würde.“
„Der Mann, den Rose zu gewinnen hofft, nennt ausgedehnte Ländereien sein Eigen.“
Für einen Moment überlegte Ben, ob er seinem Reisebegleiter erzählen sollte, dass Rose als Baby ausgesetzt worden war. Aber sie begann jetzt ein neues Leben und wollte die Vergangenheit hinter sich lassen. Niemand musste von ihrer ungewissen Herkunft erfahren.
Hoffentlich würde sie ihn nicht mitsamt ihrer restlichen Vergangenheit begraben, wenn sie herausfand, wie schmählich er sie hinters Licht geführt hatte.
„Eudo?“ Die Stimme des Knappen veranlasste den Ritter und Ben, die Pferde zu zügeln.
„Ja?“
„Werden wir Josselin heute Abend erreichen?“
„Nein, in dieser Nacht schlafen wir unter den Sternen.“
Rozenn strich sich eine Haarsträhne hinter ihren Schleier. Mit großen, angstvollen Augen sah sie sich um, sank nach vorn und umklammerte den Sattelknauf so zitternd wie am Vortag. So unsicher saß sie auf dem Rücken ihrer Stute, dass Ben sofort erkannte, dass sie sich kaum noch im Sattel halten konnte. Offenbar erlitt sie starke Schmerzen und näherte sich dem Ende ihrer Kräfte.
„Nein, nein“, widersprach sie. „Gewiss kennt Ben ein respektables Gasthaus in dieser Gegend. Nicht wahr?“
„Obwohl ich es zutiefst bedaure, chérie “, antwortete Ben, „das nächste, das ich kenne, ist zwei Stunden entfernt.“ Als sie stöhnte, bedeutete er Gien, an Eudos Seite zu reiten, und ergriff ihre Zügel. „Etwas weiter vorn finden wir einen günstigen Platz für ein Nachtlager.“
„Aber die – die Wölfe?“, stammelte sie. „Hausen nicht Wölfe in diesen Wäldern?“
In der Tat, hier hatte man Wölfe gesichtet. Und wilde Eber. Sogar Geschichten über Bären kursierten. Von diesen dreien waren die Wölfe noch am harmlosesten. Wie auch immer, seine größte Sorge galt etwaigen Verfolgern.
An diesem Morgen war noch eine Gruppe in Hennebont aufgebrochen. Ben hatte die Leute auf dem Marktplatz aus den Augen verloren und wusste nicht, in welche Richtung sie ritten. Nicht nach Josselin, sonst hätten sie ihre kleine Reisegesellschaft längst überholt. Oder?
„Keine Bange, Rose, wir werden ein Lagerfeuer entfachen“, erklärte er. „Davor fürchten sich die Wölfe.“
„Wirklich?“
„Oh ja. Da hinten gibt es einen Bach, da können wir uns waschen. Wir errichten ein Obdach für dich, darin wirst du es genauso gemütlich haben wie letzte Nacht.“
Roses Blick strafte ihn Lügen, aber sie erhob keine weiteren Einwände. Ben spornte Piper an, und sie ritten hinter Eudo und Gien her.
Als ein Eichelhäher über den Weg flog, tänzelte Piper seitwärts. „Ganz ruhig, mein Junge“, mahnte Ben. Dann forschte er in seiner Erinnerung nach einer Geschichte, die Rose von ihren Qualen ablenken und die Müdigkeit in ihren schönen Augen ein wenig lindern würde.
11. KAPITEL
E in teures Pferd reitet Ihr, Benedict.“
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