Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
Vom Netzwerk:
Nervosität.
    Alle Fenster im Erdgeschoss des imposanten Herrenhauses waren hell erleuchtet. In der geräumigen Eingangshalle mit ihrem glänzend polierten Marmorfußboden erwartete Sir Arthur seine Gäste. Er nahm ihre Hände und schob Lydia dann auf Armeslänge von sich. “Ausgezeichnet”, sagte er befriedigt. “Ihr habt einen guten Geschmack, meine Liebe.”
    “Danke, Sir”, murmelte Lydia, während sie sich angstvoll nach einer Fluchtmöglichkeit umsah. Aber die Eingangstür war bereits wieder geschlossen worden, und nur die beiden Flügel zum Empfangssalon standen weit offen. Offensichtlich waren die meisten der geladenen Gäste bereits eingetroffen. Einige hatten auch schon ihre Plätze eingenommen, während die Musiker noch ihre Instrumente stimmten.
    “Darf ich Euch meine Schwester, Mrs Sutton, vorstellen, liebe Miss Fostyn.” Sir Arthur schob eine kleine mausgesichtige Frau nach vorn. “Martha, das ist die junge Dame, die mir die Ehre erweisen wird, meine Frau zu werden.”
    “Ihr seid sehr willkommen, Miss Fostyn”, sagte Mrs Sutton mit dünner Stimme. “Die Mädchen, die schon zu Bett gegangen sind, freuen sich auf ihre neue Mama, insbesondere die jüngste, Gracie, die nie eine Mutter gekannt hat, da die ihre bei der Geburt gestorben ist. Und Constance …”
    “Nun, wir werden Miss Fostyn morgen zum Tee bitten. Dann kann sie die Kinder persönlich kennenlernen”, bremste Sir Arthur die weitere Aufzählung aller seiner Töchter. “Wenn Mrs Fostyn gestattet, möchte ich meine zukünftige Braut für einen Augenblick in die Bibliothek bitten.”
    Die Mutter nickte lächelnd, und Sir Arthur führte Lydia stolz in den mit deckenhohen Regalen ausgestatteten Raum. Jedes Bord war mit nagelneuen Büchern angefüllt, alle von derselben Größe. Während Lydia sich kopfschüttelnd umsah, holte der Hausherr aus der Schreibtischschublade ein emailliertes Kästchen, öffnete es mit bedeutungsvoller Miene und entnahm ihm einen protzigen Ring mit einem riesigen, von Diamanten umgebenen Smaragd. Lydia fand ihn abscheulich.
    “Der Verlobungsring”, sagte Sir Arthur feierlich und steckte ihn auf Lydias linken Ringfinger. “Gefällt er Euch?”
    “Er ist sehr schön”, erwiderte Lydia und erschrak über ihre krächzende Stimme. Obwohl sie gewusst hatte, was auf sie zukam, fühlte sie sich wie erstarrt. Bis zu dieser Stunde war es ihr gelungen, auf irgendein Ereignis zu hoffen, das diese Verlobung verhindern würde, und wenn ein Blitz dafür einschlagen müsste. Aber es war nichts dergleichen geschehen, und nun war also alles endgültig und unwiderruflich.
    “Das Beste ist gerade gut genug”, fuhr Sir Arthur mit seiner irritierenden Falsettstimme fort und förderte noch ein weiteres größeres Kästchen aus dem Schubfach zutage. Als er den Deckel hob, schimmerte auf dunkelgrünem Samt ein zum Ring passendes Collier in opulenter Fassung. “Und nun das Verlobungsgeschenk, meine Liebe.”
    Lydia lief es eiskalt über den Rücken, als er ihr die schwere Kette um den Hals legte und sich anschließend niederbeugte, um ihre entblößte Schulter zu küssen.
    “Großartig!”, rief er und schien dabei mehr die Juwelen zu meinen als seine Braut. “Und nun werden wir zusammen eintreten.” Er reichte Lydia den Arm und schritt mit ihr stolz erhobenen Hauptes über die Schwelle zum Empfangssalon. Die Gäste erhoben sich und applaudierten.
    Für Lydia schien der Beifall von sehr weit her zu kommen. Sie nahm kaum wahr, wie Lakaien Champagner reichten und Sir Arthur mit seiner ausdruckslosen Stimme die Gäste aufforderte, mit ihm auf das Wohl seiner Braut zu trinken.
    “Lächle!”, flüsterte die Mutter, die an ihrer anderen Seite stand, eindringlich, und Lydia gehorchte mechanisch, während sie von Sir Arthur zu der ersten Reihe der Stühle geführt wurde, die für die Zuhörer des kleinen Konzertes aufgestellt worden waren. Später hätte sie nicht mehr sagen können, was für Stücke gespielt worden waren und was die Sängerin mit ihrem beeindruckenden Sopran zum Besten gegeben hatte. Sie fühlte sich von Kopf bis Fuß wie betäubt.
    Nach dem Konzert folgte ein auserlesenes Souper, von dem sie aber keinen Bissen hinunterbekam, und anschließend führte Sir Arthur sie zum ersten Tanz. Ihm folgten nahezu alle jungen Männer im Saal mit Ausnahme des Earl of Blackwater. Ralph Latimer, der denselben schwarzen Abendanzug trug wie auf dem Ball, lehnte an einer imitierten griechischen Säule, und er schien mit seiner

Weitere Kostenlose Bücher