Balthazar: Roman (German Edition)
natürlich war sie das.«
Clem fuhr fort: »Wie auch immer. Kaum hatten wir erfahren, dass es wirklich Vampire gibt … Ich weiß ja nicht, wie es bei dir war, aber mir war sofort klar, dass sie nicht alle bösartig waren.«
»Nein, einige nicht.« Skye seufzte schwer, als ihr Blick auf ihren neuesten Stapel Kopien für ihren Geschichtsunterricht fiel. »Aber manche sind es mit Sicherheit.«
»Lass uns bei denen bleiben, die in Ordnung sind. Als ich sagte, dass du besser klingst, meinte ich nicht nur, dass du nicht mehr dauernd ausflippst.« Clems Stimme klang jetzt beinahe froh; es war, als ob ihr zufriedenes Lächeln über die Handyverbindung übertragen würde. »Ich meinte damit, dass du glücklich klingst. Vor allem, wenn du von Balthazar erzählst.«
»Es ist nichts passiert.«
»Er hat dich geküsst!«
»Ein Mal. Und ich habe ihn auch ein Mal geküsst. Das war’s.«
»Du musst dich ihm an den Hals werfen.«
»Clementine!«
»Du weißt, dass du das tun musst.«
»Nein«, sagte Skye und versuchte, überzeugter zu klingen, als sie sich fühlte. »Am Ende wird man nur verletzt, wenn man einem Typen wie ihm nachjagt. Ein Junge, der was für mich empfindet, sollte auch mit mir zusammen sein wollen. Und wenn er sich sicher ist, dass ich auch auf ihn stehe, muss er aktiv werden.«
»Und du hast das Gefühl, dass Balthazar nichts unternehmen wird?«
Skye rappelte sich auf und stopfte sich ein Kissen unter den Kopf, während sie überlegte, wie sie am besten ausdrücken konnte, was sie in Wirklichkeit meinte. »Er passt jeden Tag auf mich auf. Er ist mein Beschützer. Er ist mein Freund. Es ist also nicht so, dass er mich schlecht behandelt, ganz im Gegenteil. So ist noch nie jemand mit mir umgegangen. Er vermittelt mir, dass ich wichtiger als alles sonst auf der Welt bin. Dieses Gefühl hat mir seit Craig keiner mehr gegeben, und selbst damals war es mit ihm anders als jetzt mit Balthazar.«
»Aber?« Dieses eine Wort reichte aus, dass Skye sich lebhaft das belustigte Gesicht ihrer Freundin vorstellen konnte.
»Aber er unternimmt nichts. Vermutlich hat er seine Gründe dafür.« Frustriert stieß sie den Atem aus. »Ich hasse seine Gründe.«
»Ich sage dir: Schnapp ihn dir und frag dann erst nach seinen Gründen.«
Skye hätte Clem gerne gesagt, sie solle die Klappe halten, wenn sie nicht viel zu sehr hätte lachen müssen, um die Worte herauszubekommen.
Am nächsten Samstag, als sie und Balthazar wieder gemeinsam ausritten, hatte sie Clementines Rat noch immer im Ohr.
»Der Himmel sieht aus, als wenn es bald wieder Schnee gäbe.« Balthazar suchte prüfend die Horizontlinie ab, wo sich die niedrig hängenden Wolken auftürmten, flach und hellgrau. »Gut, dass wir heute ausreiten. In den nächsten ein oder zwei Wochen werden wir mit den Pferden nicht rauskommen.«
»Du magst das inzwischen schon genauso gerne wie ich.« Die Art, wie Balthazar sein Kinn hob, und sein Lächeln, das sein ganzes Gesicht erstrahlen ließ, verrieten ihn.
Balthazar tätschelte Peppermint den Hals. »Du hast recht. Hier entlangzureiten … erinnert mich an so viele Dinge. An Momente, von denen ich mich viel zu weit entfernt habe.«
»Du meinst Erinnerungen an dein Leben?« Diese kurze Zeitspanne, die das ganze Leben war, welches ihm beschieden gewesen war. Er war nur ein Jahr älter geworden, als sie jetzt war. Alles andere, all die Jahrhunderte seitdem – was auch immer sie gewesen waren – waren kein wirkliches Leben mehr.
»Das ist ein Teil dessen, was ich meine«, sagte Balthazar. Dann zögerte er, als ob ihm klar würde, dass er mehr nicht sagen durfte.
Skye überlegte, was er sonst noch meinen könnte und wovon er sich in all diesen Jahren, die er allein gewesen war, entfernt haben mochte, und sie dachte daran, wie viel Freude es ihnen bereitete, miteinander auszureiten. Plötzlich fiel es ihr schwer, nicht schüchtern den Blick zu senken.
Aber sie schaffte es und schaute nicht weg. Sie blickte Balthazar ins Gesicht und konnte sehen, dass er mit etwas rang. Allerdings war sie sich nicht sicher, ob er versuchte, etwas zu sagen, oder ob er sich auf die Zunge biss. Der kalte Wind frischte auf, schmerzte an den Ohren und ließ ihre Wangen gefühllos werden. Skye wäre jedoch bereitwillig den ganzen Tag draußen geblieben, wenn das bedeutet hätte, dass Balthazar sich ihr endlich offenbarte.
Mit einem Mal bäumte Eb sich auf und warf sie aus dem Sattel.
»Skye!« Balthazar zügelte sein Pferd, das ebenfalls
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