Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Banalverkehr - Roman

Banalverkehr - Roman

Titel: Banalverkehr - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Sympathie mit ein, und als wir den leeren Karton mit dem hässlichen Rebstockmotiv schließlich in die Tiefe warfen und salutierten, lachten wir nur noch darüber, dass hässliche Rebstockmotive genau 2,3 Sekunden brauchten, um vom Dach eines fünfstöckigen Einkaufscenters auf den Asphalt zu platschen. Zehn Jahre, Lene, und sie waren einzigartig. Man kann dich nicht ersetzen. Nach zweieinhalb Monaten mit Itsy stelle ich heute fest, dass ein leeres Glas, in dem gerade noch der letzte Schluck Spritz war, 0,02 Sekunden braucht, um von einer Theke auf einen falschen Dielenboden zu krachen und in winzige Splitter zu brechen, aber es ist einfach nicht dasselbe.
    »Wer Freunde hat, braucht keine Feinde. Merk dir das, Ed Hardy.«
    »Puppe, du bist total blau!«
    Da haben wir es. Der Sachverhalt verhält sich klar. Nein. Das mit der Wortdopplung ist unschön, es gilt ein sprachliches Niveau zu wahren.
    »Der Sachverhalt ist klar, Ed«, sage ich also. »Du hast recht, ich bin absolut total blau. Und was machen wir jetzt?« Gut, dass Lene mir das mit dem Niveau beigebracht hat. Es fühlt sich richtig an, auf und mit einem gewissen Niveau zu saufen. Sorry, Hanuta.
    – Worauf plädiert die Angeklagte?
    – Nicht schuldig aufgrund vorübergehend exzessiven Alkoholgenusses, Euer Ehren.
    Ich muss wohl eingeschlafen sein, was ja meistens vor einem Aufwachen steht, und das tue ich, als mein Körper beim Landeanflug auf Manchester Airport nach vorne gedrückt wird und mein müder, dummer Schädel gegen den Vordersitz knallt. Nach dem ersten Wimpernschlag kotze ich direkt auf meine eigenen Füße. Es ist wirklich nicht schön, wenn man nicht eine Sekunde lang zur Orientierung hat, bevor man loskotzt und die Reste von Hanutas Achtzehn-Loch-Golfplatz im Fußraum von British Airways verteilt. Danach gibt es ein Wahnsinnsgewusel. Natürlich erst, nachdem das Flugzeug seine optimale Parkposition erreicht hat.
    »Was ist denn hier los?«, verwirrt sehe ich mich um, während Itsy und eine englische Stewardess damit beschäftigt sind, den Boden um meinen Sitz herum zu säubern.
    »Wir sind in Manchester«, lacht Itsy und schrubbt mit Küchenrollenpapier über meine Schuhe, während ich immer noch bewegungsunfähig auf dem Sitz verharre und die Stewardess darauf besteht, dass die braunen Tüten vor mir nicht zur Dekoration oder für den Biomüll gedacht sind.
    »Was für ein Manchester?«, frage ich leicht panisch, denn um ehrlich zu sein, scheiße ich im Augenblick auf Deko und Biomüll.
    »Manchester in England. UK . Great Britain. Hail to the Queen, wir verstehen uns?«
    »Aber wie denn das?«
    »Du hast gefragt, was wir machen sollen, und ich hab gesagt, wir steigen in den nächsten Flieger. Es gab Simferopol, keine Ahnung, wo das ist, Paris, defintiv zu teuer, und Manchester zur Auswahl.«
    »Und was machen wir in Manchester???« Immerhin gibt es so viele andere Ziele, die dafür prädestiniert gewesen wären, Hanutas Fuhrpark zu versaufen, bis ich nicht nur Edo vergessen hätte, sondern wahrscheinlich auch für alle Zeiten meinen eigenen Namen. Ballermann. Ibiza. Aber Manchester?
    »Ein Kumpel von mir ist Fußballer beim Nachwuchs in Manchester und hat hier ein Haus. Ich hab ihn angerufen und gefragt, ob wir kommen können, und jetzt sind wir da.« Und dann zuckt sie mit den Schultern, als wäre ich nicht gerade unvermittelt aus meinem Delirium in einem anderen Land aufgewacht. Nach einem zweistündigen Flug. In Manchester.
    »Ach du Scheiße! Wo hast du denn die Tickets her?«
    »Kreditkarte.«
    »Wessen?«
    »Deine.«
    »Ist klar.«
    »Ist gedeckt?«
    »Ist gedeckt.«
    »Das ist gut.«
    Das Beste ist allerdings, dass ich immer noch ziemlich angetrunken bin, denn so ist es einfacher, mich nun tatsächlich darauf einzulassen, dass Itsy mich nach Manchester verschleppt hat. Ich kotze also einen letzten Rest Einverständnis auf die Leuchtstreifen im Gang, bevor ich auf Itsy gestützt das Flugzeug über die Treppe verlasse. Es ist anstrengend, und der Gestank von Erbrochenem auf Prada wird umso intensiver, als die Nachmittagssonne darauf brennt. Nicht mal in England kann man davon ausgehen, dass es regnet.
    Schwarz.
    Schwarz.
    Oder besser: Black – if we consider the fact that this is Manchester. Manchester in England. UK . Great Britain. Hail to the Queen, you get it.
    Zumindest für mich.
    Für Itsy bin ich indes eher gelb, während ich in meiner völligen geistigen Umnachtung neben ihr im Taxi sitze und Yellow Submarine mit dem

Weitere Kostenlose Bücher