Banatsko (German Edition)
Winterschwein, aufgeschnitten lag es im Hof, die bluthändigen Männer tranken Schnaps, und ihre Finger hinterließen braunrote Schlieren auf den Gläsern. Kinder sprangen um das tote Tier. Die Männer stachen und rissen und hackten, dann war ihre Arbeit getan, und ihnen blieb der Schnaps. Die Frauen machten sich jetzt an dem Fleisch zu schaffen, der eisige Wind fuhr ihnen über die nassen bloßen Unterarme, die Hände wurden bläulich und rissig, während sie in der Unterküche die roten Brocken und Fetzen schnitten, mahlten und in dicke Därme stopften.
Csiga Zoli, der im Sommer mit gebrauchten Ziegeln gehandelt hatte, strich an meinen Fenstern vorbei und wollte alte Kostbarkeiten verkaufen. Régiség, flüsterte er verführerisch unter dem Wind, doch wenn ich ihn fragte, was er Altes und Kostbares zu verkaufen hatte, riss ihm der Wind die Worte vom Mund, bevor ich sie verstehen konnte. Csiga Zoli stammte aus einer großen Familie einstmaliger Schießbudenbesitzer, die ihr Geschäft früher im Garten hinter dem Kino betrieben. Im Schatten des Walnussbaums hatte ihre Schießbude gestanden, dort kamen ihre schönen, feingliedrigen Töchter gut zur Geltung, wie man erzählte, sie lehnten sich liebenswert über die Theke und reichten die Gewehre und die Munition und zeigten mit ihren schmalen langen Fingern auf die Dinge, die es zu gewinnen gab. Doch das war lange her.
In diesem frühen Winter stand Csiga Zoli einmal mit einem Teller an der Ecke der Puschkinstraße, wo sie sich mit meiner Straße kreuzte, beide Hände um den Teller gelegt, lehnte sich so aus seiner Straße in meine, stemmte sich gegen den Wind wie mit einem Steuerrad zwischen den halb ausgestreckten Armen und Händen.
Schau, dieser Teller, sagte er, ist das nicht ein kostbarer Teller?
Es war ein stumpf messingfarbener Teller, bedeckt mit Kratzspuren und kleinen Schatten, wo vielleicht ein Ornament hingehört hätte. Dieser Teller ist sehr kostbar, willst du ihn nicht? Zoli lehnte sich immer noch so aus der einen in die andere Straße, schief und starr im Wind des Tages. Der Wind fuhr ihm durch die Haare und über das unrasierte Gesicht. In der Ferne spielte sein kleiner Sohn am Straßenrand mit einem Stock und einem Hund.
Gibt es Schnee?, befragte ich Zoli und mit ihm den Teller, dabei dachte ich an den spärlichen Schnee in meiner Kindheit, an die dünnen Flocken, die sich müde auf den fahlgestutzten Rasen betteten und kaum das abgefallene Laub zu bedecken vermochten. Zoli schlurfte davon, der Teller baumelte in seiner Hand, kurz darauf lagen die Puschkinstraße und auch meine Straße ganz verlassen da.
Wo bleibt der Schnee?, fragte ich meinen Nachbarn Todor, als er am nächsten Morgen vor meinem Gartentor stand, aber er war in Gedanken bei einer ganz anderen Frage. Ja, sagte er, die Synagoge war in dieser Straße hier, und mein Vater pflegte samstags auf der Bank vor dem Haus zu sitzen und darauf zu warten, dass seine Freunde aus der Synagoge kamen. Todor hob die verstümmelte Hand, an der drei Finger fehlten: Deitsch, hieß einer, sagte er, und Hofman und Schwarz, und Ziegler, und Gerstner, und dann hielt er einen Augenblick inne, ach nein, sagte er, warte mal, Deitsch, Hofman, Israel, Ziegler, Schwarz, Gerstner, Hacker, Fromm, und zwischen jedem Namen machte er eine Pause und schaute die Straße hinauf, dahin, wo, wie er sagte, die Synagoge gestanden hatte, und wo jetzt nur noch ein grünrotes Tor mit großen rostigen Stellen war, und dahinter ein winterlich leerer Garten mit braunwelken Weinranken und zerbrochenen Geräten in einer Ecke. So stand er da und zählte die verschwundenen Juden an der verstümmelten Hand langsam ab, und vor allem kam er immer wieder auf den Namen Deitsch zurück, jede neue Aufzählung, die er unternahm, begann mit diesem Namen: Deitsch , hing es in der weißlichen Luft, Deitsch , diese eine, träge Silbe, und unterdessen fielen einzelne kleine Schneeflocken, dann mehr, und nach einer Stunde waren alle Wege weiß.
WARTEN
Der Akkordeonspieler tat sich schwer mit seiner Kunst, als die kalte Jahreszeit anbrach. Schmerzen mochten ihn plagen, die mit der Feuchtigkeit emporkrochen und sich in seinen Gelenken niederließen. Er erschien in der Kneipe, bekam seinen Schnaps und setzte sich auf seinen Stuhl. Er seufzte und ächzte, während er das Akkordeon zurechtrückte, spreizte und bog die Finger – doch er spielte nicht. Höchstens ein, zwei kleine Folgen scheuer Töne. Nach kurzer Zeit schien er wie schlafend halb
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