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Banatsko (German Edition)

Banatsko (German Edition)

Titel: Banatsko (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Kinsky
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leicht vorgestreckten Armen, ein gelbes und ein rosafarbenes Hemd, und bot sie den Passanten in leisen Worten zum Kauf dar. Die Mutter fiel ein und pries die Hemden mit klagender Stimme an, als dauerte sie ein jeder, der kein solches Hemd besaß oder besitzen wollte. Die Passanten beachteten sie nicht oder wichen ihnen aus. Nur eine Frau, der man ihre große Armut ansah, fand Gefallen an den Hemden, sie wollte das Zellophan berühren und unter ihren Fingern knistern lassen, aber das war den Hemdenverkäufern auch nicht recht, und die Frau mit dem Korb scheuchte die Interessentin mit dunklen Blicken und ein paar rauen Worten davon. Zwei Männer, die auf einem Absperrblock saßen und in der dünnen Sonne einen Kaffee aus kleinen Plastiktassen tranken, spuckten den Hemdenverkäufern hinterher, doch für die Abgewiesene hatten sie auch kein gutes Wort.
    Ich ging unter einer Unterführung hindurch, über mir polterte der Verkehr. Busse, Lieferwagen, dazwischen niedrige Fuhrwerke mit kleinen furchtlosen Pferdchen, die gewandt zwischen den Autos trabten. Unter der Unterführung hingegen war es sehr still, und die Sonne schnitt scharfe Schatten auf der anderen Seite.
    Am Ende einer stillen gestrüppigen Straße gelangte ich zum jüdischen Friedhof. Aus dem Schatten des Tors trat mir eine schwere Frau entgegen, sie war sehr blond und hatte etwas Militärisches an sich. Jeder müsse Eintritt bezahlen, der hier keinen Angehörigen zu betrauern habe, erklärte sie so barsch, dass man ihr die Lust an der Anordnung anmerkte, die sie vielleicht sogar selbst ersonnen hatte.
    Eine Frau erschien zwischen grauem Gräbergesträuch im Hintergrund und trat mit einem großen Schritt zwischen mich und die blonde Bewacherin. Sie kenne mich, beteuerte sie unvermittelt, und wisse Bescheid über meine Gräber, wie sie sagte. Die Blonde ließ mich eintreten.
    Die Frau, die für mich ihr erfundenes Wort eingelegt hatte, hieß Eva. Eva begleitete mich über den Friedhof und erklärte mir die Gräber. Sie hatte ihr Leben in Arad verbracht und kannte fast jeden Namen. Das war mein Englischlehrer, sagte sie am Grabe eines Mannes mit einem wohlklingenden Namen. Professor Soundso stand auf dem kleinen flachen Grabstein. Der verstorbene Englischlehrer hatte einen Buckel gehabt und eine Schwäche für runde Mädchenknie, die er unter der Bank zu tätscheln suchte. Eva erzählte, und der ganze Friedhof schien voll von ähnlichen zu Grabe getragenen Leidenschaften. Es wimmelte von zurückgewiesenen, zerstörten, erschlafften Sehnsüchten, von erstorbenem Verlangen und getrogenen Hoffnungen, die sich viele Male gebläht hatten und mit jedem Verlust an Aufwind und Erfüllung schlaffer gewordenen waren.
    In einem Winkel an der Mauer lag das Selbstmörderquartier. Das Gras stand hoch und gelb um die Gräblein, die zwischen den fleddrigen Winterhalmen besonders klein aussahen. Die Namenszüge waren flach und zierlos. Eine Schar verscheuchter Kinder, die für immer in der Ecke stehen müssen. Von hier aus sah man auf eine große Fabrik, die weit hinter der gegenüberliegenden Mauer des Friedhofs lag.
    Das ist unser Düngemittelwerk, sagte Eva, jetzt ist es geschlossen. Dort arbeitet schon lange niemand mehr.
    Sie zeigte mir das Grab ihres Cousins, der sich mit siebzehn Jahren aus dem Fenster gestürzt hatte. Aus einer Wohnung im dritten oder vierten Stock, in der Nähe des Bahnhofs und der Unterführung, die ich passiert hatte. Eva nannte seinen Namen in einer zärtlichen Koseform. Er wollte, er konnte einfach nicht leben, und so musste er sterben, sagte Eva rednerisch. Sie bog ein paar Grashalme zur Seite, zog den welken Strang einer Schlingpflanze von der Grabplatte. Man sah ihren Bewegungen an, dass ihr der traurige Cousin lieb gewesen war.
    Spärliche Besucher wandelten mit welken Chrysanthemensträußen zwischen den Gräbern umher. Eva blieb bei manchen stehen, sie wechselten Worte über alltägliche Dinge, ein Kellergeschäft mit gebrauchten Möbeln zu billigen Preisen, das Gemüse auf dem Markt, die Krankheiten Abwesender, eine Theatervorstellung im ungarischen Theater.
    Wir verließen den Friedhof, ich folgte Eva durch die Straßen. Die blasse Wintersonne schien noch, doch die Schatten am Boden verschwammen schon ineinander. Stille und belebte Straßen wechselten einander ab, als gäbe es Regeln dafür, so sehr still waren die unbelebten und so sehr laut die belebten Straßen. Als schliche man sich an den stillen Häuserwänden entlang, um sich dann an

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