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Banatsko (German Edition)

Banatsko (German Edition)

Titel: Banatsko (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Kinsky
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grauen frühen Nachmittagen standen Männer in den Hoftoren und schauten hinaus auf die leere Straße. Frauen streuten Asche auf den Gehweg. Die Männer husteten und spuckten aus. Hier und da pfiffen äxte durch die Luft und krachten in ächzendes Holz, Scheite kratzten über verharschten Schnee. In den Kneipen brannten nur wenige Lampen. Die Türen waren geschlossen, die Trinker stumm.
    Der Akkordeonspieler saß stundenlang vor einem Wasserglas mit Schnaps.
    Dann regte er sich, und ein paar Töne rutschten aus den Falten.
    Gesang für die kalte Zeit, verkündete er.
    Der Hunger ist eine Kunst, die hier gehütet und gepflegt wird. Jeder hungert so gut er kann, heißt es. Man übt sich darin, indem man aus leeren Schalen schöpft und einen leeren Löffel zum Mund führt, leere Becher und Gläser an die Lippen hebt und sogar in leeren Töpfen rührt. Manche sitzen mit halbgeschlossenen Augen an ihrem leeren Tisch und atmen leise durch den nur einen Spalt breit geöffneten Mund. Die Luft fließt über ihre Zunge und wölbt sich in ihren Gaumen, und die Abwesenheit der Nahrung breitet sich in ihnen aus. Durch ihre schmalen Augenschlitze betrachten sie die Welt, die dann das Aussehen eines kleinen, einzig und allein ihrem Augenpaar offenbaren Gemäldes mit verfließenden Rändern bekommt. Andere betreiben ihre Übungen liegend, mit geschlossenen Augen, während ihr Mund sich öffnet und schließt, die Lippen immer wieder nach Luftstücken greifen und langsam einsaugen. Alle Übungen dienen dem Herzenshunger, eine erstrebenswerte Fertigkeit in einem Landstrich der Entbehrung. Die Herzenshungerer haben die Anfänge des Hungerkünstlertums längst hinter sich gelassen. Ihnen ist das Hungern zur Natur geworden, in der Leben und Kunst verschmolzen sind, während andere davon träumen, dass ihnen jemand über Stirn oder Augen streicht und, sei es auch nur für die Dauer dieser Geste, die Gewissheit gibt, dass es der Mangel ist, der sie leben lässt, und der Wunsch einer Wahrheit näherkommt als die Erfüllung.

DER ZAUN
    Das ist der große Winter bei uns, sagte Todor, wenn ich ihn traf.
    Wochenlang bereitete er sich auf eine Schweineschlachtung vor.
    Als das Schwein geschlachtet war, zählte er die Würste auf, die sie gestopft, die Seiten, die sie zerteilt, das Blut, das sie in Gefäßen aufgefangen hatten.
    Aber wer soll das alles essen, sagte er gleich darauf bekümmert. Wir sind doch alt.
    Er zeigte mit der Mütze auf seine Frau, die in der zugigen Unterküche die von den Fleisch- und Sehnenfetzen und Knochensplittern befreiten Geräteteile blankwischte.
    Wir sind nicht mehr jung, sagte sie und lachte, sie lachte immer, aber ihre Augen waren vom vielen Lachen erschöpft.
    Der Wind drehte sich oft, trieb die Wolken hierhin und dorthin, von grau zu rosa, von violett zu braun, türkise Wolkenlumpen winkten aus großer Höhe, der Schnee schmolz und gefror, es schneite wieder, es roch nach Holzrauch und manchmal beißend nach brennendem Kunststoff, so reinigte man hier die Schornsteine.
    Nachts sangen Vögel, mitten in der Nacht, in bitterer Kälte, Zeisigwolken schwärmten durch die Tauwetterluft, und die Katzen betteten ihre Beute vor meine Tür, kleine bauschige Vögel, grün und gelb. Eines Tages fand ich einen einzelnen Schmetterlingsflügel auf dem Schnee vor meinem Haus, ein Pfauenauge.
    Ich ging spazieren, in immer größeren Kreisen um den Ort, lernte das Rauschen der Windrichtungen zu unterscheiden, wie es sich um das Sirren der Telegraphenmasten legte, wie es das Gebell ferner Hunde trug, ich ging und fragte mich, wann ich die Grenze streifte, überschritt, verließ, ich lernte die Leere, in der meine Erinnerungen klein wurden bis zur Unkenntlichkeit. Geh such den Wind auf dem Feld, sagt man in irgendeiner Sprache, die vergeblichste Suche.
    An einem Nachmittag sah ich Rozalia an der Bushaltestelle. Sie drückte sich mit zwei anderen Frauen in die Ecke unter dem Vordach und rauchte. Neben ihr stand ein kleiner Koffer.
    Vorhänge gut?, rief sie mir zu, als könnten Vorhänge erkranken oder verderben, wie ein Tier oder eine Wurst.
    Die drei Frauen hatten Arbeit in einem anderen Ort bekommen. Sie würden vom frühen Morgen bis zum Abend in einer Fliesenfabrik Scherben aufkehren.
    Drei Frauen, nur für die Scherben!, rief sie, als der Bus kam. Sie winkte hinter dem Fenster, ein Kind mit großen Zahnlücken, das weggeschickt wird.
    Abends war der Asphalt der Dorfstraßen nass von geschmolzenem Schnee oder Regen, das Licht

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