Band 3 - Blutjagd
hält«, sinnierte ich und beschloss, dass er perfekt war. Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich mir Ceri an, die gerade leise mit Jih sprach. Ivys Blick war zweifelnd und bockig. »Ich rufe ihn an«, entschied ich, bedeutete Ceri, dass ich gleich wieder da wäre, und ging ins Wohnzimmer, um das Telefon zu holen.
3
»Ceri«, rief Jenks, als ich den Schalter umlegte und eine Kanne Kaffee aufsetzte. »Wenn Tee dich zum Weinen bringt, musst du Pommes probieren. Komm her, ich zeig dir, wie man die Mikrowel e benutzt.«
Keasley war auf dem Weg zu uns. Es würde viel eicht eine Weile dauern, da seine Arthritis zurzeit so schlimm war, dass sogar die meisten Schmerzamulette nichts mehr ausrichteten. Ich fühlte mich schlecht, weil ich ihn in den Schnee hinausjagte, aber bei ihm einzufal en wäre noch unhöflicher gewesen.
Mit einem Eifer, den ich nicht verstand, saß Jenks auf Ce~
ris Schulter und erklärte ihr Schritt für Schritt, wie man tiefgefrorene Pommes mit der Mikrowel e auftaute. Sie bückte sich, um den Karton dabei zu beobachten, wie er sich drehte, und meine pinkfarbenen Pantoffeln sahen an ihren Füßen riesig aus und ließen sie unbeholfen wirken.
Pixiemädchen umschwirrten sie in einem Gewirr von pastel farbener Seide und Geplapper, blieben aber unbeachtet. Der nicht enden wol ende Lärm hatte Ivy ins Wohnzimmer vertrieben, wo sie sich nun unter ihren Kopfhörern versteckte.
Ich schreckte hoch, als sich der Luftdruck veränderte.
»Hal o?«, erklang eine laute, raue Stimme aus dem vorderen Teil der Kirche. »Rachel? Die Pixies haben mich reingelassen.
Wo seid ihr, meine Damen?«
Ich warf einen Blick auf Ceri und sah ihre plötzliche Anspannung. »Das ist Keasley, ein Nachbar«, sagte ich. »Er wird sich dich mal anschauen. Sicherstel en, dass du gesund bist.«
»Mir geht es gut«, sagte sie nachdenklich.
Da ich das Gefühl hatte, dass das schwieriger werden würde als gedacht, ging ich in den Flur, um mit Keasley zu reden, bevor er Ceri traf. »Hi, Keasley, wir sind hier hinten.«
Seine gebeugte, eingeschrumpfte Gestalt humpelte den Flur entlang und blockierte das Licht. Noch mehr Pixiekinder begleiteten ihn und umgaben ihn mit Wirbeln aus schimmerndem Pixiestaub. Keasley hatte eine braune Papiertüte in der Hand und brachte den kalten Geruch von Schnee mit sich, der sich wunderbar mit dem charakteristischen Rotholzgeruch der Hexe verband.
»Rachel«, begann er und kniff die Augen zusammen, als er näher kam. »Wie geht's meinem Lieblingsrotschopf?«
»Gut«, versicherte ich, umarmte ihn kurz und dachte, dass
»gut« die Untertreibung des Jahrhunderts war, nachdem ich Algaliarept entkommen war. Seine Latzhose war abgetragen und roch nach Seife. Für mich war Keasley gleichzeitig der weise alte Mann der Nachbarschaft und Ersatzgroßvater, und es störte mich nicht, dass er eine Vergangenheit hatte, über die er nicht reden wol te. Er war ein guter Mensch; das war al es, was ich wissen musste.
»Komm rein. Ich möchte, dass du jemanden kennenlernst«, sagte ich. Wachsame Vorsicht verlangsamte seinen Schritt.
»Sie braucht deine Hilfe«, fügte ich leise hinzu.
Er presste seine dicken Lippen zusammen, und die Falten auf seiner Stirn wurden tiefer. Dann atmete er einmal tief ein, und seine arthritische Hand brachte die Papiertüte zum Rascheln. Schließlich nickte er. Erleichtert führte ich ihn in die Küche und hielt mich dann im Hintergrund, um seine Reaktion auf Ceri beobachten zu können.
Die alte Hexe kam abrupt zum Stehen und starrte nur. Als ich die zierliche Frau in ihrem Bal kleid und den pinken Plüschpantoffeln vor der Mikrowel e stehen sah, ein Paket mit dampfenden Pommes in der Hand, konnte ich auch verstehen, warum.
»Ich brauche keinen Doktor«, sagte Ceri sofort.
Jenks erhob sich von ihrer Schulter. »Hi, Keasley. Schaust du dir Ceri mal an?«
Keasley nickte und humpelte zum Tisch, um sich einen Stuhl zu nehmen. Er wies Ceri durch Gesten an, sich zu setzen, und ließ sich dann vorsichtig auf dem benachbarten Stuhl nieder. Schwer atmend stel te er die Tüte zwischen seinen Füßen ab und öffnete sie, um ein Blutdruck-Messgerät hervorzuziehen.
»Ich bin kein Arzt« sagte er schließlich. »Mein Name ist Keasley.«
Ohne sich hinzusetzen, sah Ceri erst mich und dann ihn an.
»Ich bin Ceri«, erwiderte sie leise.
»Also, Ceri, es ist schön, dich kennenzulernen.« Er legte das Messgerät auf den Tisch und streckte seine von der Arthritis entstel te Hand aus. Mit
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