Bannkrieger
höchsten Gemüter bewegte.
Auf dem goldenen Greifenthron mit den aufgestellten Schwingen, die sich übermannshoch hinter der Sitzfläche wölbten, saß bereits der König, der sie mit verschlossener Miene empfing. Großmeister Ruppel und zwei seiner Stellvertreter, die den Greifenthron flankierten, sahen kaum freundlicher aus. Die Gardisten, die ihnen das Geleit gegeben hatten, blieben an der Türschwelle zurück, während Mea, Nispe und Yako bis zur Mitte vortraten. Während sich die Jadeträgerin nur tief verneigte, beugten der Magnus und die Phaa das Knie.
Auf den Wink eines Jademeisters hin zog sich die Eskorte zurück. Mit einem leisen Klacken fiel die Tür ins Schloss. Selbst der bunt ausstaffierte Diener, der den Gong geschlagen hatte, verschwand lautlos hinter einem Wandvorhang, hinter dem sich der Einlass zu einem schmalen Seitengang verbarg.
»Mir sind da einige unerfreuliche Dinge zu Ohren gekommen«, hob der Herrscher auf dem Greifenthron ohne Umschweife an. »Ich hoffe sehr, dass nur die Hälfte von dem stimmt, was ich mir anhören musste.«
Seine vorwurfsvollen Worte hingen eine Weile drohend im Raum, und während die Angesprochenen betreten schwiegen, wanderten Yakos Blicke unwillkürlich zu einem silbernen Schild, der links von ihnen an einer weiß melierten Marmorwand hing. Er war kreisrund, und die beiden stilisierten Vogelschwingen, die ihn formten, waren gewölbt, wenn auch nicht ganz so stark wie die überdimensionalen Flügel, die sich über dem König erhoben. Offenbar war das metallische Gefieder an Schild und Thron von ein und derselben meisterhaften Hand geschaffen worden. Ebenso wenig war zu übersehen, dass die sieben kleinen Jadesteine, die den Schildrand schmückten, und der große, der genau in der Mitte prangte, nachträglich eingearbeitet worden waren.
Der Schwingenschild war wesentlich älter als die Magie der Jademeister, vermutlich sogar älter als das Geschlecht der Dagomar – doch es waren die acht schwarz schimmernden Steine, die aus ihm die mächtigste Waffe seit Anbeginn aller Zeiten machten. Tag und Nacht hing er im Thronsaal und wirkte seinen Schutzbann, der ganz Greifenstein umspannte. Ohne großen Zierrat an die Wand gehängt, wurde er nur von zwei Fackeln flankiert, das war alles.
Der König liebte es schlicht.
Es hieß, niemand außer Dagomar könne den Schild berühren, ohne zu Staub zu zerfallen. Yako wusste nicht, ob dies der Wahrheit entsprach. Sie vermutete aber, dass zumindest die Jademeister gegen solch gefährliche Zauber immun waren. Trotzdem hatten es bisher noch kein Dieb oder Spion gewagt, sich an den Wachen vorbeizuschleichen und Hand an den Schwingenschild zu legen. Er war das Zeichen der königlichen Macht, mehr noch als das edelsteinbesetzte Zepter in Dagomars Linken, das schon seit Generationen von dem Vater an den erstgeborenen Sohn vererbt wurde.
Den oberen Knauf des dicken Herrscherstabs bildete ein fein geschmiedeter Adlerkopf, dessen gebogener Schnabel zwischen rot schimmernden Augen endete, die aus großen Rubinen bestanden. Das untere Ende spaltete sich zu zwei mit spitzen Krallen versehenen Vogelbeinen auf.
»Was ist?«, brachte sich Dagomar grollend in Erinnerung. »Hat es euch die Sprache verschlagen?«
Mea war die Höchste von ihnen, doch auch sie kämpfte in diesem Moment um ihre Haltung, statt zu antworten.
»Wir hatten es mit einem übermächtigen Gegner zu tun«, ergriff deshalb Yako das Wort. »Einem Maskierten, dem weder Pfeile, Stahl noch mein Kriegsgeschrei etwas anhaben konnte!«
Während sie sprach, sah sie wieder auf ihre Füße herab. Auf ihre kleinen Füße in den schweren, mit Schlamm bespritzten Stiefeln, auf denen sie am liebsten davongerannt wäre, obwohl sie mit einem gezielten Schrei ein ganzes Dutzend Gardisten zu Boden strecken konnte, falls es nötig war. Doch die Männer, denen sie hier gegenüberstand, flößten ihr Respekt ein. Jeder Einzelne von ihnen verfügte über Kräfte, die den ihren nicht nur ebenbürtig, sondern sogar überlegen waren. Selbst wenn ihnen Dagomar allein gegenübergestanden hätte, wäre er unbezwingbar gewesen. Er brauchte den Schwingenschild nicht in Händen zu halten, um sich dessen Kräfte zu bedienen.
Yako wusste das, weil sie es schon mit eigenen Augen gesehen hatte.
»Ein Maskierter, der allen Angriffen widersteht?«, mischte sich Ruppel mit deutlich hörbarem Zweifel ein. »Das sollen wir euch glauben?«
»Ein wahrer Urkrieger!«, bekräftigte Yako, bevor ihr Mea oder der
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