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Bannstreiter

Bannstreiter

Titel: Bannstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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empor, die nur aus einigen tragenden Balken bestand. In der sich darüber erhebenden Kegelspitze zeichnete sich das Rechteck eines offenen Fensters ab, durch das die bei Tage aufgestaute Hitze entwich. Ansonsten nistete dort oben tiefe Finsternis, die Venea vergeblich mit ihren Blicken zu durchdringen versuchte.
    Zu hören war nichts mehr, trotzdem bewegte sich irgendetwas.
    Feiner Staub rieselte vom Gebälk herab.
    Venea erstarrte mitten in der Bewegung. Jeden einzelnen Muskel angespannt stand sie reglos da, als etwas Kleines, Flinkes aus dem Dunkel hervorschoss und behände auf die Unterseite des Balkens wechselte. Trotz ihrer kurzen Beine jagte die Feldmaus wie ein Blitz an dem rauen Holz entlang. An einem hohen Regal angelangt ließ sie sich einfach fallen. Leise fiepend wirbelte sie in der Luft herum und kam mit den Füßen voran auf. Ohne auch nur einen Moment innezuhalten, lief sie von dort mit großen Sätzen weiter und sprang über niedrigere Regale und Tische zu einem mit Stroh gefüllten Drahtkäfig, der auf einem der Tische stand.
    Venea hatte sich schon gewundert, wie die Maus ins Haus gelangt war, wo doch selbst Insekten einen Überflug des Gartens scheuten. Wie es schien, hielt sich Hadik den kleinen Nager als Haustier, um die selbstgewählte Einsamkeit ein wenig zu vertreiben. In dem Käfig lagen Getreidekörner aus, außerdem stand ein Napf mit frischem Wasser bereit.
    Noch ehe die Hexe ihren Schreck richtig verdaut hatte, verschwand das Tier im ausgelegten Stroh. Nur noch seine Schwanzspitze ragte zwischen den Halmen hervor.
    Missratener Nager! Veneas Herz trommelte wild in der Brust.
    Kaum hatte sich das Herz beruhigt, beschleunigte es auch schon wieder, als ihr Blick auf ein in Leder gebundenes Buch fiel, das in unmittelbarer Nähe des Magiers lag. Er musste darin gelesen haben, bevor er in Trance versunken war, denn es war noch aufgeschlagen. Venea konnte nicht die Sprache erkennen, in der es verfasst war, nur die Zeichnung eines aufrecht gehenden Löwen, der eine Streitaxt in Händen trug. Doch das war es nicht, was sie erschreckte, sondern der glitzernde Raureif, der die Seiten bedeckte. Die Dielen rund um das Buch waren ebenfalls weiß verkrustet, und eines der in der Nähe liegenden Seidenkissen sogar mit einer Art Eisblume bedeckt.
    Rund um dieses Buch war es also wesentlich kälter als im übrigen Raum. Ein sicheres Zeichen dafür, dass dort gerade eine kräftige Magie wirkte.
    Der Bannkreis! , zuckte es der Hexe durch den Kopf. Aber natürlich, deshalb war es so leicht gewesen, Hadiks Abwehrzauber zu durchdringen. Weil er bereits von anderer Seite attackiert wurde!
    Oder galt die Magie, die dort wirkte, etwa ihr, weil Hadik für diese Nacht mit einem Einbruch rechnete? Spielte ihr der Magier seine tiefe Trance etwa nur vor?
    Nein, seine Augäpfel wanderten unter den geschlossenen Lidern unruhig umher, wie es bei dieser Art von Beschwörung üblich war. So etwas konnte man nicht vortäuschen. Oder etwa doch?
    Veneas Blick wanderte von Hadik zurück zu dem Buch, von dem der kalte Hauch ausging. Es musste mit einem schlafenden Bann belegt gewesen sein, der erst durch das Wirken von Magie geweckt wurde. Im gleichen Moment, da Hadik seinen Geist auf Wanderschaft geschickt hatte, war der Zauber erwacht und hatte sein zerstörerisches Werk begonnen.
    Aber das konnte doch nur bedeuten, dass …
    Veneas Blick kehrte zu dem Mäuseschwanz zurück, der weiterhin zitternd aus dem Stroh hervorragte. Aber natürlich! Dieses Tier war nicht aus Hunger oder Müdigkeit in seinen Stall zurückgekehrt, sondern es versteckte sich vor irgendetwas! Vor etwas, das ihm unter dem Dach begegnet war.
    Venea bewegte sich instinktiv auf den Schutz der hinter ihr liegenden Mauer zu, noch ehe sie in die Höhe blickte. Was sie zu sehen bekam, hätte sie fast aufschreien lassen. Die Dunkelheit oberhalb des Gebälks war in Bewegung geraten. Groteske Schatten schälten sich unter dem Dach hervor und nahmen die Gestalt von umherwirbelnden Beinen an.
    Spinnenreiter! Nicht einer, sondern knapp ein halbes Dutzend von ihnen. Venea stach die Angst so eisig in die Brust, dass es sich anfühlte, als würde ihr die Haut mit einem kalten Messer vom Fleisch abgezogen.
    War sie Hadik etwa doch in die Falle gegangen? Ein grauer Strang, der mit leisem Schmatzen quer durch den Raum schoss, belehrte sie eines Besseren.
    »Das Siegel!«, stöhnte der Magier gerade leise. »Es soll gebrochen werden!« Seine weiteren Worte endeten in einem

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