Barbarossa, Botticelli und die Beatles
Schopenhauer erneut bestätigen. Er ist einer der großen Pessimisten und sein Wesen lädt nicht ein, ihn ins Herz zu schließen. Mit seiner Mutter, der lebenslustigen Schriftstellerin Johanna Schopenhauer, ist er über Kreuz.
Nachdem der junge Schopenhauer seinen Vater, einen wohlhabenden Danziger Kaufmann, auf zahlreichen Reisen in Europa begleitet hat, beginnt er 1804 eine Handelslehre. Im Jahr darauf verunglückt der Vater tödlich. Nun wendet Schopenhauer sich dem Studium der Philosophie zu, nimmt Kontakt zum alternden Goethe auf und betreibt mit ihm Studien zur Farbenlehre. In jener Zeit verfasst er auch sein Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung , das 1818 erscheint.
Schopenhauer sagt – beeinflusst von Kant –, der Mensch nehme die Welt nur durch die Dinge und ihre Ausdehnung wahr, durch das Empfinden von Zeit und Raum. Auch das Leben selbst ist für Schopenhauer bloße Vorstellung, das keinerlei höherem Plan folgt, sondern bestimmt wird vom Willen und denTrieben des Individuums, die das Leben zur Qual machen. Nur durch die Kunst kann der Wille ruhiggestellt werden. Der einzige Weg zur Erlösung sei die Entsagung und die Loslösung vom Verhaftetsein mit dem Irdischen. Hier ist Schopenhauer beeinflusst vom Buddhismus und vom Brahmanismus Indiens. Das Christentum lehnt er ab. Es ist kein Wunder, wenn der philosophische »Religionsstifter«, zu dem er sich selbst stilisiert, vor allem unter Künstlern wie Richard Wagner und Friedrich Nietzsche seine Bewunderer findet und so auf die Nachwelt wirkt.
1820 geht Schopenhauer als Philosophieprofessor nach Berlin. Die Studenten strömen in Scharen in die Vorlesungen Hegels, Schopenhauers Veranstaltungen sind kaum besucht. Das verkannte Genie nennt Hegel einen »Zusammenschmierer« und geht 1831 nach Frankfurt, wo er fortan als eigenbrötlerischer Privatgelehrter lebt. Schopenhauer heiratet nie. Das Verhältnis des Mannes zur Frau sei sowieso nur dem Sexualtrieb geschuldet.
Sören Kierkegaard: Freiheit und Glauben
Sören Kierkegaard lebt von 1813 bis 1855
Vergleicht man Kierkegaard mit Schopenhauer, erscheint der deutsche Grantler sogar noch als heiterer Lebenskünstler.
Kierkegaard kommt in Kopenhagen in einem streng pietistisch-protestantischen Elternhaus zur Welt. Der hochbegabte Junge studiert Theologie und Philosophie und ist durch das Erbe des Vaters, eines reichen Wollwarenhändlers, wirtschaftlich unabhängig. Trotzdem leidet Kierkegaard nahezu von Beginn an am Leben. Er verliebt und verlobt sich, kommt aber 1835, ausgelöst durch eine schwere innere Krise, zu dem Schluss, seine Verlobte verdiene ihn, den Grübler, nicht. Durch absichtlich schlechtes Betragen versucht er zu erreichen, dass sie ihn verlässt. 1835 löst er die Verlobung. Auch seine Pfarrstelle gibt er auf.
1843 macht das Buch Entweder – Oder Kierkegaard über Nacht berühmt. In Kopenhagen lebt er nun das Leben eines stadtbekannten Dandys. Er beschäftigt einen Diener und einen Sekretär und verfasst Manuskript um Manuskript. Die Redaktion des Korsar , einer liberalen Zeitung der Stadt, bewundert ihn, aber Kierkegaard erklärt, es wäre ihm lieber, die Zeitung greife ihn an. Der Wunsch wird ihm erfüllt. Fortan erscheinen Karikaturen über ihn. Kierkegaard ist früh gealtert, hat tief liegendeAugen, spindeldürre Beine. Die Kinder in der Stadt rufen »Herr Entweder-Oder« hinter ihm her. Die Druckkosten der Bücher, die er produziert, verschlingen sein ererbtes Vermögen.
Kierkegaard gilt als der erste Existenzphilosoph, als Stammvater des Existenzialismus. Seine zentrale Frage ist: »Was soll ich tun?«
Und die Antwort lautet: Wie man’s macht, ist es falsch. Das könnte die vereinfachte Zusammenfassung seiner philosophischen Lehre sein.
Kierkegaard bietet nur einen schwachen Trost an: Über die drei Stadien seiner Existenz – vom ästhetischen über das ethische zum religiösen Stadium – könne der Mensch, der die Freiheit habe, sich entscheiden zu können, ein Verhältnis zu sich und seinem Dasein erreichen.
Der gläubige Christ Kierkegaard sucht die Hingabe zu einem gnädigen Gott, jedoch gegen die Christenheit. Mit Kierkegaard rückt der Mensch selbst als Wesen mit all seinen Mängeln in den Mittelpunkt des philosophischen Diskurses. Nach ihm wird Nietzsche diesen Ansatz vertiefen und erweitern. Doch vor allem finden sich bei ihm bereits die Motive der Existenzphilosophen des 20. Jahrhunderts: die Einsamkeit des Menschen in seiner Existenz (Heidegger) und das
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