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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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nehmen würde, brauste er auf:
    »Was soll denn das? Ein Dreikäsehoch? Das ist ja haarsträubend!« Julián, der um die öffentliche Bedeutung des Mannes wußte, von ihm aber überhaupt nicht eingeschüchtert wurde, antwortete: »Señor Aldaya, viele Haare, die sich sträuben könnten, haben Sie nicht, dieser Scheitel sieht aus wie die Plaza de las Arenas, und wenn wir Ihnen nicht schnellstens eine Garnitur Hüte anfertigen, wird man Ihre Schädeldecke mit dem Stadtplan von Barcelona verwechseln.« Bei diesen Worten glaubte Fortuny zu sterben. Aldaya faßte Julián gelassen ins Auge und begann dann zu aller Erstaunen zu lachen, wie er es sei Jahren nicht mehr getan hatte.
    »Dieser Ihr Junge wird es weit bringen, Fortunato«, sagte Aldaya, der sich den Namen des Hutmachers nicht merken konnte.
    Don Ricardo Aldaya, so stellte sich heraus, hatte es satt, daß ihn alle fürchteten, ihm um den Bart gingen und sich vor ihm auf den Boden legten wie Fußabstreifer. Er verachtete Arschkriecher, Angsthasen und alle, die irgendeine körperliche, geistige oder moralische Schwäche zeigten. Als er auf diesen einfachen Jungen traf, kaum ein Lehrling, der die Dreistigkeit und Schlagfertigkeit hatte, ihn auf den Arm zu nehmen, wurde ihm klar, daß er tatsächlich den idealen Hutladen gefunden hatte, und er verdoppelte seine Bestellung. Bereitwillig kam er in dieser Woche täglich zu seiner Sitzung, um sich von Julián Maß nehmen und Modelle anprobieren zu lassen. Antoni Fortuny war erstaunt, als er sah, wie sich einer der wichtigsten Männer der katalanischen Gesellschaft bei den Scherzen und Geschichten vor Lachen bog, die ihm dieser Sohn erzählte, der ihm unbekannt war, mit dem er nie sprach und der seines Wissens noch nie Sinn für Humor an den Tag gelegt hatte. Am Ende dieser Woche nahm Aldaya den Hutmacher beim Schlafittchen und zog ihn in eine Ecke zum vertraulichen Gespräch.
    »Hören Sie zu, Fortunato, dieser Ihr Sohn ist ein Talent, und Sie lassen ihn hier in diesem Saftladen versauern und verstauben.«
    »Das ist ein gutes Geschäft, Don Ricardo, und der Junge zeigt eine gewisse Begabung, obwohl es ihm an Benehmen fehlt.«
    »Dummes Zeug. Auf welche Schule schicken Sie ihn?« »Nun, also, er geht auf die …«
»Das sind Tagelöhnerfabriken. Wenn man das Talent, das Genie in der Jugend nicht fördert, verkümmert es und zehrt den auf, der es besitzt. Man muß es in die richtigen Bahnen lenken, es unterstützen. Verstehen Sie mich, Fortunato?«
    »Sie täuschen sich in meinem Sohn. Von einem Genie hat er nicht das geringste. In Geographie kommt er mit Ach und Krach auf ein Genügend … Die Lehrer sagen mir, er ist ein Windbeutel, der sich sehr schlecht benimmt, genau wie seine Mutter, aber hier wird er wenigstens immer einen ehrenwerten Beruf haben und …«
    »Fortunato, Sie langweilen mich. Noch heute werde ich mich mit dem Vorstand der San-Gabriel-Schule treffen und werde sagen, man soll Ihren Sohn in dieselbe Klasse aufnehmen, in der mein Erstgeborener ist, Jorge. Weniger wäre erbärmlich.«
    Fortuny machte Augen wie Wagenräder.
»Aber, Don Ricardo, ich könnte ja nicht einmal die Kosten …«
    »Niemand hat gesagt, Sie brauchen auch nur einen Heller zu bezahlen. Um die Erziehung des Jungen kümmere ich mich. Sie, als Vater, brauchen nur ja zu sagen.«
    »Ja, selbstverständlich, aber …«
»Also kein weiteres Wort mehr. Immer vorausgesetzt natürlich, Julián ist einverstanden.«
»Er wird tun, was man ihm befiehlt, versteht sich.«
    In diesem Augenblick schaute Julián mit einem Modell in der Hand zur Tür des Hinterraums herein.
»Don Ricardo, wenn Sie so gut sein wollen …«
»Sag mal, Julián, was hast du heute nachmittag vor?« fragte Aldaya.
Julián schaute abwechselnd zu seinem Vater und zum Industriellen.
»Nun, hier im Laden meinem Vater zu helfen.«
»Abgesehen davon.«
»Ich wollte eigentlich in die Bibliothek von …«
»Du magst Bücher, was?«
»Jawohl.«
»Zu Hause habe ich eine Bibliothek von vierzehntausend Bänden, Julián. Als junger Mensch habe ich viel gelesen, aber nun habe ich keine Zeit mehr. Meinen Sohn Jorge bringen keine zehn Pferde in die Bibliothek. Die einzige zu Hause, die denkt und liest, ist meine Tochter Penélope, so daß eigentlich all diese Bücher für die Katz sind. Möchtest du sie sehen?«
Julián brachte kein Wort heraus und nickte. Der Hutmacher verfolgte die Szene unruhig. Alle Welt wußte, daß Romane für Frauen und für Leute waren, die nichts zu tun

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