Barins Dreieck
ich glücklicherweise Herrings 139 Tage , den ich unter allen Umständen noch vor Weihnachten zeigen wollte. Ich schob den Projektor in den XIIer, legte den Film mit zittrigen Fingern ein, zog die Verdunkelungsgardinen vor und ging dann in mein Arbeitszimmer.
Friijs, Marr und Kasparsen.
Ich war allein im Raum. Würde es vermutlich auch bleiben.
Friijs hatte donnerstags frei, und Kasparsen hatte sich überreden lassen, mit nach Chadów zu fahren, was immer ein Historiker im Brennerinstitut zu suchen hat ... ja, also saß ich dort am Schreibtisch, den Kopf schwer in die Hände gestützt, während ich darauf wartete, dass die Minuten bis zum ersten Läuten verstreichen würden.
Nach einer Weile fiel mein Blick auf einen Stapel Papier, der aus dem Zeitschriftensammler ganz rechts auf dem Tisch herausragte. Ich zog ihn heraus und begann ihn durchzublättern.
Das waren die Aufsätze ... der Test, den ich am Dienstagmorgen hatte schreiben wollen, als ich mich genau hier traf. Hastig blätterte ich den Stapel durch.
Korrigiert und fertig. Ganz oben auf jeder Arbeit war die Punktzahl notiert, daneben die Anzahl der zu erreichenden Punkte. Unter die letzte Frage hatte ich wie üblich mein Namenszeichen geschrieben.
Ich begann die Korrekturen genauer zu kontrollieren, wie auch einen Teil der Kommentare, die ich zu den Antworten der Schüler geschrieben hatte, aber bald schob ich die Papiere wieder in den Sammler. Es gab keinen Zweifel. Der Studienrat Marr hatte die Arbeiten korrigiert und benotet. J. D. Marr.
In meinem Kalender, den ich immer in der obersten Schublade verwahre, kontrollierte ich, ob ich auch das Ergebnis eingetragen hatte.
Dem war so.
Warum hätte ich es auch nicht tun sollen?
Immer noch fünfzehn Minuten. Plötzlich bemerkte ich, dass meine Beine zu zittern begannen. Ich legte die Hände auf die Schenkel, versuchte das Zittern zu beherrschen. Versuchte mich auf etwas zu konzentrieren. Schaute aus dem Fenster ... immer noch hingen Reste der Nachtfinsternis draußen. Das kahle Astwerk der Ulmen vermochte sich gerade eben vor der düsteren Längsmauer der Kauniskirche abzuzeichnen – das ist die Aussicht, die sich mir bietet, seit dieses Bauwerk errichtet worden ist – ein modernistischer Tempel in grauem Beton und dunkelbraunen Ziegeln. Es ist bereits einige Jahre her, vorher gab es hier nur den Kaunispark, in dem man vormittags die Pensionäre aus dem Stadtteil ihre Haustiere spazieren führen sehen konnte, nachmittags herrschte dort eine andere Art von Verkehr, mit Transaktionen verschiedener, mehr oder weniger zweifelhafter Waren. Aus dem Blickwinkel der Schule, im Hinblick auf unsere Schüler, meine ich, war es vielleicht ein Segen, dass die Kirche gebaut wurde, auch wenn ich nie jemanden aus unserem Haus dort sitzen und auf jemanden warten gesehen habe ... Dennoch besteht kein Zweifel, dass meine Aussicht sich verschlechtert hat.
Während ich hier sitze und auf das Klingeln warte, das nie zu kommen scheint, versuche ich mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal in der Kirche war, außer in der Kaunis natürlich, in der wir während der letzten Jahre unsere Weihnachts- und Sommerabschlussfeiern abhalten. Ich kann es nicht sagen. Vielleicht war es sogar bei Ellehardts Begräbnis – ein Kollege, in gewisser Weise sogar ein Freund. Das würde bedeuten, dass ich seit mehr als einem Jahrzehnt das Wort des Herrn nicht mehr gehört habe.
So ist es nun einmal, wenn man alles in Betracht zieht. Meine Beine zittern immer noch, aber ich habe die Hände auf den Tisch gelegt, dort liegen sie also und ballen sich so fest, dass es wehtut. Ich schließe die Augen. Grüne und gelbe Flecken tanzen am Rand meines Blickfelds ... Grün und Gelb in der Dunkelheit.
Jakob Daniel Marr. Studienrat für Geschichte und Philosophie. Jakob Daniel ...
Es ist nur ein ganz normaler Donnerstag im Dezember.
Es ist nur die Müdigkeit. Sonst nichts.
Gleich wird die Schulglocke läuten, und ich werde zusammen mit den Schülern Herrings 139 Tage sehen, danach werde ich nach Hause fahren und schlafen ...
Ich schaltete nur eine der Lampen ein, die ganz hinten am Projektor. Ließ die Schüler ins Halbdunkel hinein, und ich erinnere mich, wie mich ihr vertrautes Geplapper und Lachen freute, bevor der Film anfing.
Ihr Gähnen, ihr Jargon, ihre penible Art, Stühle und Tische zurechtzurücken, um es in der Dunkelheit bequem zu haben. Das charakteristische Scharren über den Boden und der Geruch nach klammer
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