Barry Trotter und die schamlose Parodie
Einbruch der Dunkelheit, nach einem strahlend blauen Tag, war es immer noch warm genug, um in Hemdsärmeln herumzulaufen. Hin und wieder wehte eine leichte Brise. Es war so ein Abend, an dem jeder, dem man auf der Straße begegnet, auf dem Weg in ein Restaurant ist.
Doch Barry, Lon und Hermi hatten Wichtigeres zu tun.
Nach einem Kaffee in einem Straßencafé — Barry brauchte einen Muntermacher, denn nach seinem unschönen Zusammenstoß mit den Marketoren war er noch immer ziemlich erschöpft — machten sie sich auf zum >Chez Spirochäte<.
Als sie ankamen, sagte Barry zu Lon: »Versuch bitte, dich wie ein Erwachsener zu benehmen, ja?«
»Tut mir leid — geschlossene Gesellschaft«, sagte der Türsteher.
»Ja, ich weiß«, sagte Barry und zückte die Einladungen. Sie ließen sich die Hände stempeln und gingen hinein.
Der Club machte ein bisschen auf Krankenhaus; das gesamte Servicepersonal trug OP-Schürzen, während es hin-und hersauste und auf Klemmbrettern die Bestellungen entgegennahm. Hermeline stellte fest, dass die (ausnahmslos süßen) Barkeeper Krankenhaushemden trugen, die ihre Hintern frei ließen. Die Getränke wurden in Schnabeltassen oder Infusionsbeuteln serviert, das Knabberzeug in Bettpfannen.
Sie ergatterten einen Tisch, und Barry rief Jorge und Ferd an. Er beschrieb ihnen den Stempel, den der Türsteher ihnen gegeben hatte, überzeugt, dass die Brüder ihn mittels Zauberei kopieren konnten — so etwas machten sie schließlich am laufenden Band. Binnen einer Stunde saßen sie neben ihm.
Die Party war todlangweilig; die Chefs blieben alle unter sich, tranken Mineralwasser und unterhielten sich über Aktienoptionen. Die Untergebenen, die keine gutbestückten Portfolios zur Linderung ihrer Sorgen hatten, stürzten sich auf die freien Getränke.
Ständig scharwenzelten irgendwelche Verlagsangestellten um sie herum und versuchten sich einzuschleimen, doch Barry war das nur unangenehm. Lon war damit zufrieden, seine Kindercocktails zu trinken und Jorges ausgequetschte Limonen Zwiegespräche führen zu lassen. Hermeline starrte schamlos die Barkeeper an, und ihre gestörte Feinmotorik ließ darauf schließen, dass sie vor keiner Peinlichkeit mehr zurückschreckte. Sie bekleckerte »aus Versehen« die gleichfalls Liebenswürdigkeit heuchelnde Susan Thompson mit ihrem Drink. Die beiden waren drauf und dran, sich gegenseitig die Augen auszukratzen.
Barry versuchte, ein paar weibliche Angestellte (natürlich nur die jungen, hübschen) in ein Gespräch zu verwickeln, um herauszufinden, wo sich J. G. aufhielt, aber als sich nach einer Stunde die Trunkenheit wie die Nebel des Vergessenen Waldes über die versammelte Menge senkte, war er genauso schlau wie zuvor.
Frustriert und durch den Zigarettenqualm von Kopfschmerzen geplagt, wandte er sich Ferd und Jorge zu, die gerade ein Kneipenspiel mit verzauberten Untersetzern spielten. »Ich hau ab. Kommt ihr mit?«
»Klar«, sagte Ferd.
»Geht nur«, sagte Jorge, »ich bleib hier und sorg dafür, dass Lon und Hermeline sicher nach Hause kommen.«
»Hermeline will vielleicht gar nicht nach Hause«, sagte Ferd.
»Ist mir nicht entgangen«, antwortete Jorge.
Nachdem Barry seine Armeejacke von der Garderobe abgeholt hatte, standen er und Ferd auf der Straße. Es nieselte.
»Mann, das war ja schlimmer als das Silverfish-Sommerfest«, sagte Barry. »Wenn so Erwachsensein ist, kann ich darauf verzichten.«
Ferd lächelte. »Das hatte ich schon ganz vergessen«, sagte er. »Ach, erwachsen zu sein ist gar nicht so übel.«
»Ja, aber eure Wohnung ...«
»Was ist damit?« Während sie ziellos herumliefen, begann Barry die zahlreichen Absonderlichkeiten der Behausung der beiden Measlys aufzuzählen, von den quietschrosa Wänden bis hin zur singenden Badewanne in der Küche und dem vor Schmutz knirschenden Teppich. Ferd ließ Barry eine Weile reden, dann sagte er: »Lass uns über was anderes sprechen. Was machen wir jetzt?«
»Guck dir das an«, sagte Barry. Hoch oben am Nachthimmel kreisten zwei Drachen umeinander — ein Connecticut-Blaublut und ein Newark-Spitzschwanz — und taxierten einander. »Ich wette, da geht’s um einen geplatzten Drogendeal«, sagte Ferd. Die beiden sahen zu und warteten darauf, dass es zum Kampf kam.
Blitzschnell gingen Zauberer vom magischen Luftverkehrsamt dazwischen, um das zu verhindern. Im Zweiten Weltkrieg war ein Drache aufgrund eines dummen Streichs in das Empire State Building geknallt. Jahrelang musste die
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