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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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verloren?«, fragte er sanft.
    Nichts an seinem Äußeren oder an den Ebenen, die Nathanael zugänglich waren, deutete auch nur entfernt darauf hin, dass er kein Mensch war, aber Nathanael hatte Bartimäus’ Warnung im Hinterkopf und ging auf Nummer Sicher. »Ich sammle nur die Körbe von meinem Vater ein«, antwortete er höflich. »Wir haben nämlich nicht so viele davon. Tut mir Leid, wenn ich im Weg gestanden habe.«
    Der Chefkoch zeigte mit dem Beil auf die Tür. »Raus.«
    »Ja, Sir. Bin schon weg.« Allerdings ging er nur bis vor den Durchgang, lehnte sich dort an die Wand und wartete. Jedes Mal wenn jemand aus der Küche kam, beugte er sich vor, als müsste er sich die Schnürsenkel binden. Das war ziemlich riskant, und er befürchtete die ganze Zeit, dass der Koch auftauchte, andererseits war er merkwürdig aufgedreht. Seit er am Tor den ersten Schreck über Lovelace’ Killer überwunden hatte, war mit einem Mal alle Angst von ihm abgefallen und er spürte stattdessen eine bislang unbekannte Erregung – den Reiz des Nervenkitzels. Ganz egal, wie die Sache ausging, er würde nie mehr tatenlos zusehen, wie seine Feinde ungestraft ihre Verbrechen verübten. Jetzt war er an der Reihe. Er war der Jäger. Er zog die Schlinge enger.
    Leichte, trippelnde Schritte. Im Durchgang zur Küche erschien der Page. Er balancierte das Serviertablett mit den Häppchen auf dem Kopf und hielt es mit einer Hand im Gleichgewicht. So bog er nach rechts in den Korridor ab. Nathanael spurtete hinterher, bis er ihn eingeholt hatte.
    »Hallo!«, grüßte er betont freundlich und musterte den Jungen dabei von oben bis unten. Perfekt. Genau die richtige Größe.
    Der Bursche konnte ihn nicht einfach ignorieren. »Äh… kann ich dir irgendwie helfen?«
    »Ja. Gibt’s hier irgendwo eine Toilette? Die Fahrt war ziemlich lang und… na ja, du weißt schon.«
    Vor einer breiten Treppe blieb der Junge stehen und zeigte auf einen Seitengang. »Da lang.«
    »Kannst du mich nicht eben hinbringen? Ich hab Angst, dass ich nicht die richtige Tür finde.«
    »Ich bin sowieso schon spät dran, Kumpel.«
    »Bitte.«
    Der Junge ächzte genervt und ging Nathanael in dem engen Flur voran. Er hatte es so eilig, dass das Tablett auf seinem Kopf bedenklich ins Rutschen kam. Er blieb kurz stehen, rückte es wieder gerade und ging weiter. Nathanael trabte hinterher und blieb ebenfalls einmal kurz stehen, um aus seinem obersten Korb das schwere Nudelholz herauszuholen, das er aus der Küche stibitzt hatte. Vor der vierten Tür machte der Junge Halt.
    »Ist das auch ganz bestimmt die richtige? Ich will nirgendwo reinplatzen.«
    »Wenn ich’s dir doch sage. Da.« Der Junge versetzte der Tür einen sanften Tritt und sie schwang auf. Nathanael seinerseits schwang das Nudelholz. Der Junge krachte samt Silbertablett auf die Fliesen und es regnete Häppchen. Nathanael schlüpfte durch die Tür, machte sie hinter sich zu und schloss ab.
    Der Junge war ohnmächtig, so konnte ihn Nathanael ohne Gegenwehr ausziehen. Die überall verstreuten Pastetchen (die meisten mit der Butterseite nach unten) wieder einzusammeln, war schon beträchtlich schwieriger. Der weiche Frischkäse ließ sich gut vom Boden abkratzen und wieder in die Pastetchen befördern, die Garnelen dagegen sahen zum Teil ziemlich mitgenommen aus.
    Als Nathanael das Tablett wieder einigermaßen hergerichtet hatte, riss er das Hemd von Squalls’ Sohn in Streifen und knebelte und fesselte den Pagen damit. Dann schleifte er ihn in eine Kabine, verriegelte sie von innen, kletterte auf den Wasserkasten und über die Trennwand wieder hinaus.
    Als alle Spuren verwischt waren, strich sich Nathanael vor dem Spiegel die Uniform glatt, hob das Tablett auf den Kopf und verließ die Toilette. Da er vermutete, dass es für ihn im Dienstbotentrakt nichts Interessantes zu sehen gab, lief er den Gang wieder zurück und stieg die Treppe hinauf.
    Diener mit Tabletts und kistenweise Flaschen eilten in beiden Richtungen an ihm vorbei, aber niemand hielt ihn auf.
    Oben gelangte man durch eine Tür in ein Vestibül mit hohen Bogenfenstern. Auf dem glänzenden Marmorfußboden lagen kostbare Teppiche aus Persien und Fernost, Alabasterbüsten der großen Helden der Vergangenheit blickten aus Nischen in den weiß getünchten Wänden. Sogar im schwachen Licht der Wintersonne erschien der Saal in seiner Pracht strahlend hell.
    Nathanael schritt langsam durch den Raum und hielt die Augen offen.
    Weiter vorn vernahm er laute,

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