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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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fröhliche Begrüßungen. Er beschloss, den Betreffenden lieber aus dem Weg zu gehen. Hinter einer Tür erspähte er Bücherregale. Er trat ein…
    …und befand sich in einer wunderschönen, rund angelegten Bibliothek. Sie erstreckte sich über zwei Stockwerke und wurde von einer Glaskuppel gekrönt. Eine Wendeltreppe führte zu einem metallenen Laufgang, der sich hoch über Nathanaels Kopf um den ganzen Raum herumzog. Auf einer Seite sah man durch breite Glastüren und die Fenster darüber auf die Rasenfläche und einen künstlich angelegten Teich hinaus, ansonsten war jeder Quadratzentimeter Wand mit Büchern bestückt – dickleibige, kostbare, ehrwürdige Folianten aus aller Herren Länder. Nathanael stockte vor Staunen der Atem. Eines Tages würde er auch so eine Bibliothek besitzen…
    »Was hast du hier zu suchen?« Ihm direkt gegenüber wurde ein Regal zur Seite geschoben und dahinter wurde eine Tür sichtbar. In der Tür stand eine junge, dunkelhaarige Frau und musterte Nathanael misstrauisch. Aus irgendeinem Grund erinnerte sie ihn an Miss Lutyens. Jetzt verließ ihn sein Mut und er öffnete und schloss nur stumm den Mund.
    Die Frau kam auf ihn zu. Sie trug ein elegantes langes Kleid und an ihrem schlanken Hals funkelte kostbarer Schmuck. Nathanael fasste sich wieder. »Äh… möchten Sie vielleicht so ein Garnelen-Dingens?«
    »Wer bist du? Ich hab dich hier noch nie gesehen.« Ihre Stimme war kalt wie Eis.
    Nathanael dachte fieberhaft nach. »Ich heiße John Squalls, Madam. Ich hab heut Morgen mit meinem Vater die Sachen fürs Büffet gebracht, aber dann ist eben grade der eine Page krank geworden, Madam, und da hat man mich gefragt, ob ich einspringen kann, damit Sie an so einem wichtigen Tag wie heute nicht mit zu wenig Personal dastehen. Ich glaub, ich hab mich verlaufen, ich kenn mich hier ja nicht aus…«
    »Danke, das genügt.« Ihr Ton war immer noch feindselig und sie betrachtete kritisch sein Tablett. »Wie sieht das denn aus? Das ist ja wohl nicht zu…«
    »Amanda!« Ein junger Mann trat hinter ihr durch die Tür. »Ach, hier bist du – Gott sei Dank, etwas zu essen! Lass mich mal durch!« Er stürzte an ihr vorbei und schnappte sich die drei, vier kläglichsten Häppchen von Nathanaels Silbertablett.
    »Ich bin gerettet! Auf der Fahrt von London hierher bin ich fast verhungert! Mmm, da sind ja Garnelen drauf.« Er kaute herzhaft. »Schmeckt interessant. So frisch. Aber jetzt erzähl doch mal, Amanda…stimmt das mit dir und Lovelace? Alle Welt redet darüber, dass…«
    Amanda Cathcart lachte geziert, dann verscheuchte sie Nathanael mit einer unwirschen Handbewegung. »Du da! Ab ins Vestibül, reich die Häppchen herum. Und sorg dafür, dass die nächste Portion besser aussieht.«
    »Sehr wohl, Madam.« Nathanael verneigte sich kurz, wie er es bei den Dienern im Parlament gesehen hatte, und verließ die Bibliothek.
    Das war gerade noch mal gut gegangen. Sein Herz raste, aber er hatte einen kühlen Kopf bewahrt. Inzwischen verschloss er sich gegenüber den Schuldgefühlen, die ihn nach dem Brand gequält hatten, und betrachtete das Geschehene distanziert und sachlich. Mrs Underwood war gestorben, weil er das Amulett gestohlen hatte. Sie war gestorben und er selbst war noch am Leben. Das waren die Tatsachen. Im Gegenzug würde er jetzt Lovelace fertig machen. Vermutlich würde er selbst den Tag auch nicht überleben, doch das beunruhigte ihn nicht. Das Schicksal hatte es so gewollt, dass sein Feind die besseren Karten hatte. Entweder erreichte er sein Ziel oder er starb.
    Die Radikalität dieser fast mathematischen Gleichung gefiel ihm. Klar und einfach, wie sie war, half sie ihm, seine widerstreitenden Gefühle auszublenden.
    Immer dem Stimmengewirr nach lief er ins Vestibül zurück. Inzwischen trafen pausenlos neue Gäste ein, deren Geplapper sich an den Marmorsäulen brach. Staatsminister kamen durch die offene Tür geschlendert, streiften die Handschuhe ab und wickelten sich aus langen Seidenschals. Ihr warmer Atem bildete kleine Wolken in dem kalten Saal. Die Herren erschienen im Smoking, die Damen trugen elegante Abendkleider.
    Im Hintergrund standen schon die Bediensteten bereit, nahmen Mäntel in Empfang und boten Champagner an. Nathanael wartete einen Augenblick und stürzte sich dann mit hoch erhobenem Tablett ins Gewühl.
    »Sir, Madam, darf ich Ihnen…?«
    »Frischkäsedingens mit Garnelen, Madam…«
    »Möchten Sie vielleicht…?«
    Er drehte sich im Kreis und kämpfte sich

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