Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
Grausamkeit zurückschreckten. Sie kam sich vor wie ein Stück Fleisch auf dem Hackklotz des Metzgers.
Der Oberdämon schien seinen Menschenkörper allmählich in den Griff zu bekommen. Das Zappeln und Zucken hatte nachgelassen und er lümmelte sich lässig in seinem vergoldeten Sessel. Den anderen über den Saal verteilten Verschwörern schien es ebenso zu gehen, denn sie waren unterdessen alle aufgestanden und erprobten ihre neuen Fähigkeiten, indem sie umherstolperten, mit den Armen schlenkerten, Luftsprünge vollführten, in die Hocke gingen und Pirouetten drehten. Sie hatten die Münder aufgerissen und der Saal war von vielsprachigem Gebrabbel erfüllt, von siegesgewissem Gelächter und animalischem Gebrüll. Kitty schauderte. Es war nicht nur eine Parodie auf alles menschliche Verhalten, sondern auch auf die Würde, die sie sonst noch bei den abscheulichsten Wesenheiten beobachtet hatte.
Hinter ihr nuschelte der Jenkins-Dämon etwas Unverständliches. Hopkins nickte, erwiderte etwas und wandte sich anschließend an den Oberdämon auf seinem Thron. Eine längere Debatte schloss sich an. Kitty und Mandrake rührten sich nicht vom Fleck.
Dann setzte sich Hopkins so unvermittelt in Bewegung, dass Kitty vor Schreck fast das Herz stehen blieb. Er wandte sich nach ihr und Mandrake um und winkte ihnen. Widerstrebend folgten sie ihm quer durch den Saal, bahnten sich einen Weg durch die umhertollenden Dämonen, vorbei an dem Bärtigen, der in einer Ecke hockte, und hinaus auf den Flur. Dort wandten sie sich erst nach links, bogen dann mehrmals ab und gelangten schließlich über eine breite Treppe ins Kellergeschoss, in einen langen Gang mit vielen Türen auf beiden Seiten. Hinter den ersten Türen, an denen sie vorbeikamen, glaubte Kitty, jemanden stöhnen zu hören. Der Dämon stapfte unbeirrt weiter, bis er irgendwann stehen blieb, eine Tür aufstieß und ihnen bedeutete, in einen kahlen, fensterlosen, von einer nackten Glühbirne beleuchteten Raum zu treten.
»Fürst Nouda hat sein Wort gegeben, deshalb sind wir verpflichtet, Gnade walten zu lassen«, verkündete der Dämon heiser. »Du da«, er zeigte auf Kitty, »bist keine Zauberin, deshalb darfst du uns als Magd dienen. Du aber«, damit wandte er sich an Mandrake, »hast es besser getroffen. Bevor der Morgen graut, wirst du die Ehre haben, einen der unseren zu beherbergen. Mach nicht so ein Gesicht! Denk daran, wie viele Wesenheiten du in deinem Leben schon geknechtet hast! Dein Los ist dafür ein gerechter Ausgleich. Bis dahin bleibst du hier unten. Es gehört sich nicht, dass du uns in unserer gegenwärtigen Verfassung siehst.« Die Tür schloss sich, ein Schlüssel klirrte, Schritte entfernten sich.
Kitty zitterte vor mühsam beherrschter Angst, aber sie biss sich auf die Lippe und riss sich gewaltsam zusammen. Als sie Mandrake anblickte, stellte sie verwundert fest, dass er Tränen in den Augen hatte. Vielleicht ging es ihm ja ähnlich wie ihr. »Die Dämonen fallen über uns her«, sagte er tonlos, »und niemand kann ihnen mehr Einhalt gebieten. Das ist unser Untergang.«
Diese Tour fand Kitty jetzt entschieden fehl am Platz. »Unser Untergang? Komisch, ich finde eher, es geht bergauf.«
»Wie können Sie so etwas…«
»Dass ich den Dämonen als Magd dienen soll, finde ich auch nicht gerade toll, aber vor einer halben Stunde wollte mich Ihr Freund, der dicke Zauberer, noch umbringen lassen. Wenn das kein Fortschritt ist.«
»Makepeace war nicht mein Freund. Er war geisteskrank, ein rücksichtsloser, überheblicher Irrer. Und ich wäre an Ihrer Stelle lieber nicht so optimistisch«, fuhr Mandrake Unheil verkündend fort. »Nouda hat vielleicht versprochen, Sie zu verschonen, aber die anderen sind an kein Versprechen gebunden. Mich wundert bloß, dass es ihnen noch nicht aufgefallen ist, normalerweise lauern sie nur auf solche Widersprüchlichkeiten. Glauben Sie mir, die fressen Sie schon noch.«
Das war zu viel. Kitty trat vor und verpasste Mandrake eine kräftige Ohrfeige. Er torkelte erschrocken zurück und hielt sich die Wange. »Wofür war das denn?«
»Wofür?«, schrie Kitty. »Dafür! Dafür, dass Sie mich entführt und in diesen Schlamassel hineingezogen haben! Dafür, dass Sie dieser bekloppten Regierung angehören! Für den Krieg! Dafür, dass Sie ein Zauberer sind! Dass Sie und Ihresgleichen die Dämonen so lange schikaniert haben, bis es ihnen eingefallen ist, unsere Welt zu erobern! Dafür, dass Sie ein Vollidiot sind!« Sie holte
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