BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
Schneetreiben davon. Die dickere Schneeschicht, die früher am Abend gefallen war, war mittlerweile von Fußgängern ausreichend zermatscht, so daß ihre Spuren schwer auszumachen sein würden.
Zwei rasche Schüsse aus ihrem Kurzlauf hätten keine Zeitverzögerung bedeutet. Wäre sie noch immer auf Hachiman gewesen, hätte sie sich ohne Zögern und Bedauern soviel Zeit genommen. Aber sie hatte schon früher unter den VerComs gearbeitet, und sie unterschieden sich von den Leuten, bei denen sie aufgewachsen war. Weder im Liao- noch im Kombinatsraum gaben die Leute oder die Regierung viel auf das Konzept vom Primat des Rechts. Es war kein Zufall, daß der Hauptverhaltenskodex der Kuritas ein Buch mit Aphorismen war. Die Davions hingegen nahmen das Recht ernst – und im Gegensatz zu ihren Gegenstücken im Kombinat oder in der Konföderation Capella glaubten die VerCom-Bürger allgemeinen, die Autoritäten seien ihre Freunde.
Die Person, die Cassie gegenwärtig darstellte, unterschied sich nicht so sehr von ihrem wirklichen Erscheinungsbild. Je einfacher, desto besser, war eine Grundregel der Tarnung. Es wäre nicht gerade optimal, wenn die örtlichen Behörden nach einer Frau suchten, auf die ihre grobe Beschreibung paßte und der man einen Doppelmord vorwarf. Und Bullen im Vereinigten Commonwealth waren bei der Untersuchung von Verbrechen wesentlich erfolgreiche als ihre Gegenstück jenseits der Grenze.
Hastig sah sie über die Schulter zurück. Zwei Blocks hinter ihr tauchten plötzlich ein paar dunkle Gestalten auf. Sie legte einen Zahn zu, rannte über die Straße und bog links in eine Gasse ein.
Jetzt war sie mindestens zehn Minuten vom Imbiß entfernt und lief in einem Tempo, das sie ewig halten konnte. Sie war ein wenig überrascht, daß die Spürhunde so lange an ihr drangeblieben waren. Andererseits hatte sie bisher noch keinen ernsthaften Versuch unternommen, den Kontakt zu beenden und sich endgültig davonzumachen. Und obgleich die Verfolger noch auf ihrer Spur waren, hatten sie bisher kein Anzeichen davon entdeckt, daß sie sie einholen konnten, auch wenn sie glaubte, zwei Teams zu Fuß und ein Auto gesehen zu haben. Sie hatte vor, die Sache noch ein bißchen auszudehnen und festzustellen, was sie alles zu sehen bekam. Früher oder später konnte sie sich hinter sie schleichen, sich einen Verfolger greifen, der allein unterwegs war – die Verfolgung zog sich immer in die Breite, wenn die Jagd lange genug dauerte – und in irgendeiner Gasse ein paar deutliche Fragen stellen.
Daß sie den Einsatz verpatzen oder schon verpatzt haben könnte, kam ihr nie in den Sinn. Vielleicht war die Szene wie geplant abgelaufen, und die Volksmiliz hatte den Neuling ein wenig herumschubsen wollen, nur um klar zu machen, wer Chef im Ring war. Cassie ließ sich nicht gerne als Sparringspartnerin verwenden, wenn es die Mission nicht ganz deutlich vorschrieb; und Don Carlos' halsstarriger galisteischer Stolz würde nie eine Aktion gutheißen, die den VMlern die Vorstellung vermitteln könnte, die Heros ließen sich herumschubsen.
Wenn sie in Übungskämpfen dem althergebrachten Ritual huldigen wollten, einander auf die Probe zu stellen, dann war das eine ganz andere Sache. Entführung war kein Teil des Kodex. Sie machte einen weiten Bogen um eine Mülltonne und rannte dann in die Gassenmitte. Man ging nie direkt um eine Ecke. Drei Blocks links von ihr, wo die Straße sich zur Bucht hin zu neigen begann, kamen zwei Gestalten um eine Ecke und deuteten auf sie. Sie wandte sich nach rechts und sprintete über eine Kreuzung.
Vier Blocks voraus bog ein Auto auf die Straße in ihre Richtung ein. Sobald seine Scheinwerfer sie erfaßten, beschleunigte es. Sie erkannte, daß es jetzt langsam ernst wurde, überquerte die Straße und duckte sich in die nächste Gasse.
Irgend etwas läuft hier falsch, meldete sich eine Stimme irgendwo in Cassies Kopf. Sie hatte bisher zwei dieser kleinen Stimmen kennengelernt. Eine von ihnen hatte sie von Lady K zu ignorieren gelernt. Guru Johann hatte ihr beigebracht, auf die andere stets zu hören. Und er hatte recht. Die vielleicht schwierigste Lektion, die sie bisher gelernt hatte, war, zwischen den beiden zu unterscheiden.
Dies war Stimme zwei, laut und deutlich: Sie haben genug Leute, sie hätten dir schon längst den Weg abschneiden können. Es ist fast, als trieben sie dich vor sich her.
Dieser Gedanke schrie nach Aktion. Das untere Ende einer Feuerleiter hing links von Cassie verführerische drei
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