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BattleTech 35: Höhenflug

BattleTech 35: Höhenflug

Titel: BattleTech 35: Höhenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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weißt, daß ich sie lesen werde.«
Ein paar Sekunden lang herrschte Stille. Dann sprach der alte Mann weiter, mit sichtbarer Kraftanstrengung. »Warte nicht auf die Anwälte, Samantha.« Das Nuscheln war schlimmer geworden, so stark, daß Samantha sich anstrengen mußte, manche Worte zu verstehen. »Warte nicht, bis diese dressierten Seehunde durch ihre kleinen Gesetzesreifen springen.«
»Wie meinst du das, Pop-Pop? Ich verstehe nicht.«
»Manches kann passieren, gelegentlich«, stellte er düster fest. »Warte nicht, Samantha. Bitte. Wenn es soweit ist, nimm sie dir.«
»Aber das ist illegal, oder nicht?« Dann lächelte sie traurig. »Aber es wäre ziemlich lächerlich, ausgerechnet jetzt damit anzufangen, gesperrte Lufträume zu respektieren«, fügte sie hinzu und wiederholte seine Worte aus ihrem früheren Gespräch. Ihre Augen brannten, als sie sein müdes Lächeln sah. »Sie liegen in der Bibliothek, nicht wahr? Ich hole sie gleich jetzt.«
Sie wollte aufstehen, aber Pop-Pops knochige Hand schloß sich mit überraschend festem Griff um ihr Handgelenk. »Nein«, keuchte er heftig. »Nein, jetzt nicht. Bitte.«
Langsam setzte Sam sich wieder. »Warum nicht, Pop-Pop?« fragte sie verwirrt.
»Nicht, solange ich noch lebe. Bitte, Samantha Rose.«
Sie nickte. »In Ordnung, Pop-Pop. Was immer du willst.«
Sein Griff wurde einen Augenblick lang noch fester, dann verschwand der Druck fast völlig, als habe er damit seine letzten Energiereserven verbraucht. »Wirf nicht einmal einen Blick darauf, solange ich noch da bin«, fuhr er fort. »Bitte, Samantha.«
»Werd ich nicht. Ich habe gesagt, daß ich es nicht tue.« Sie streichelte seinen Handrücken und versuchte, ihn zu beruhigen. »Was immer du willst, ehrlich.«
Jim Dooley zögerte, dann lächelte er und schloß die Augen. »Danke, Samantha Rose«, sagte er leise. Die Anspannung - die Angst - auf seinem Gesicht schien sich in nichts aufzulösen. »Danke«, sagte er noch einmal. »Ich glaube, ich werde ein wenig schlafen.«
Sie streckte wortlos die Hand aus und strich eine Haarsträhne von seiner Stirn. Was immer du willst, Pop-Pop, versicherte sie ihm schweigend. Was immer du willst.

4
    In den nächsten drei Tagen verschlechterte sich Jim Dooleys Zustand sichtbar. Samantha hatte beinahe den Eindruck, daß er sich an seine Gesundheit, um nicht zu sagen: ans Leben, gekrallt hatte, bis er mit seiner Enkelin über die seiner Meinung nach wichtigen Dinge sprechen konnte. Das wenige Fleisch, das noch an seinen Knochen hing, schien wegzuschmelzen wie ein Traum im Licht der Morgensonne. Seine Haut fiel in sich zusammen, dehnte sich über die zerbrechlichen Knochen, bis er sie an Fotos von Holocaust-Opfern erinnerte. Das vertraute Leuchten seiner Augen verblaßte, ihr Grün war jetzt von Rot durchzogen. Er sprach nicht mit ihr darüber- natürlich nicht - aber Sam war überzeugt, daß er beinahe blind war.
    Es ist nicht fair! wütete sie wieder und wieder in Gedanken. So sollte es nicht mit ihm zu Ende gehen müssen. Jim Sr. war ein Rennflieger, ein Testpilot. Er hatte die Motoren tausendmal bis an die Grenze getrieben, hatte ›den Dämon gereizt‹, den die Ingenieure jenseits der Schallgrenze vermutet hatten. Er hatte tausendmal mit dem Tod gespielt, mit dem Großen Knall, und jedesmal hatte er gewonnen. Er hatte die alten Rennmaschinen - nichts als riesige Sternmotoren mit Stummelflügeln, schneller als der Teufel, aber von einem wahnwitzigen Temperament - um die Rennstrecken gejagt und war nach Sacklandungen, die Dutzenden seiner Zeitgenossen das Leben gekostet hatten, unversehrt davongestiefelt. Wo war da die Gerechtigkeit? Er verdiente eine letzte Herausforderung, bei der sein Überleben vom Können abhing, nicht von blindem Glück...
    Die Zeit war kostbar, das wußte sie. Jede Minute, jede Sekunde, die sie mit ihm verbrachte, war wertvoll - unwiederbringlich. Maggie hatte das verstanden, ganz so, wie Sam es vorausgesehen hatte. Sie war nur zweimal in das kleine Haus ihrer Freundin zurückgekehrt, als sie zu müde war, um ihre Augen noch offenzuhalten. Beide Male hatte sie mit dem Gedanken gespielt, sich in das Bett in Pop-Pops Gästezimmer zurückzuziehen, aber die alten Ängste - der alte Aberglaube, wie sie sich selbst gegenüber inzwischen zugab - hatten sie jedesmal daran gehindert. Pop-Pop konnte das verstehen. Krankheit war der Alptraum jedes Piloten, Ärzte und Schwestern der Feind, der ihn jederzeit ohne Chance auf Widerspruch an den Boden fesseln konnte.

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