BattleTech 56: In die Pflicht genommen
eingetroffen, um Alice Getts ebenfalls beim Zurückdrängen des Gegners zur Hand zu gehen.
»Die Flasche mag Ihnen gehören, Snord«, murmelte er mit Blick auf die Ruinen. »Aber ich habe den Korken.«
»Sir?«, fragte Getts über die Befehlsfrequenz.
»Nichts«, wehrte er hastig ab. »Gute Arbeit, Major.«
»Zu einem verteufelt hohen Preis, Sir.«
»Einem verteufelt hohen, Getts«, stimmte er zu und dachte an Darius Hopkins. Sicher, dass der Wilde Haufen so schnell nicht zurückkommen würde, wendete er den Lichtbringer und machte sich auf den Weg zurück zum Feldbefehlsposten. Die Schlacht war vorüber. Jetzt wurde es Zeit für die Avengers, die Wunden zu lecken und zu überlegen, wie es weiterging.
* * *
Katya Chaffee starrte auf das zerkratzte 2D-Bild aus dem Gefechts-ROM des Rotunda -Scoutwagens, der zu Darius Hopkins' Grab geworden war. Glücklicherweise waren Gefechts-ROMs so klein und so hervorragend abgeschirmt, dass es nahezu unmöglich war, sie zu zerstören, selbst wenn ein Fahrzeug vernichtet wurde.
Sie hatte einen langen Tag hinter sich, und nach Abschluss der vorläufigen Schadenserfassung des Gefechts an den Ruinen konnte sie sich endlich wieder ihrer Hauptaufgabe als Nachrichtenoffizierin der Einheit widmen. Das untere Fenster des Bildschirms zeigte die Daten der Kurzstreckenortung: einen Quasimodo und weiter entfernt einen Katapult, ein älteres Mechmodell. Das größere obere Fenster zeigte die Bildaufzeichnung der ›Geschützkamera‹ aus dem Blickwinkel des Fahrers. Für den fünften Durchlauf der Daten an diesem Abend hatte sie sowohl die Audiospur wie auch die Daten über den Fahrzeugstatus abgeschaltet. Während sich um sie herum die Odessaer Nacht über das Lager senkte, starrte sie konzentriert auf den Bildschirm. In der kühlen Nachtluft fröstelte sie.
Irgendetwas störte sie schon seit dem ersten Hinterhalt, und die wütende, empörte Reaktion Natascha Snords bei ihrem einzigen Kommkontakt hatte ihre Zweifel noch verstärkt. Sie ließ die Aufzeichnung vorlaufen, beobachtete, wie der Quasimodo im Licht der abgeblendeten Scheinwerfer auftauchte, und hielt das Bild an. Da stand er, wie schon über ein Dutzend Male zuvor, überdeutlich markiert mit den Insignien des Wilden Haufens. Angetreten, den Rotunda zu zermalmen und das Leben eines guten Freundes auszulöschen.
Dann kam ihr die Erleuchtung. Es war keine spezielle Eigenheit des Quasimodo, die ihr zu schaffen machte. Es war der Mech selbst. Sie rief die Aufstellung des Wilden Haufens auf und ließ den Blick schnell die Liste entlanggleiten. Sie hatte kaum begonnen, als sie jemanden das Zelt betreten hörte. Sie drehte sich um. Es war Archer. Er stand am Eingang, die Arme verschränkt, und wirkte völlig ausgelaugt.
»Ich habe gerade die Verlustliste gesehen, Katya. Wir haben eine halbe Kompanie Panzer verloren, und einige unserer Mechs brauchen Reparaturen. Vier Tote, sechs Verwundete. Du kennst die Zahlen. Du solltest dir etwas Ruhe gönnen, falls Rhonda Snord sich entschließt, uns morgen noch einmal auf die Probe zu stellen.«
»Das wird sie nicht«, wehrte Katya ab. »Ich habe die Schäden, die wir dem Haufen zugefügt haben, zweimal überprüft. Sie haben einen massiven Ausbruch versucht und sind gescheitert. Es war für uns beide kostspielig, doch auf lange Sicht können sie sich diese Verluste nicht leisten. Sie werden ein, zwei Tage für Reparaturen brauchen.«
Er nickte langsam. Vermutlich war er selbst zu diesem Schluss gekommen. »Und was tust du jetzt?«, fragte er.
»Ich habe etwas gefunden«, stieß sie aus, unfähig, ihre Aufregung im Zaum zu halten. »Ich habe mir das Gefechts-ROM des Hinterhalts angesehen. Irgendwas daran hat mir die ganze Zeit keine Ruhe gelassen, und jetzt weiß ich endlich, was es war.«
»Was was war?«
»Der Quasimodo, der den Rotunda zerstört hat«, erklärte sie, und achtete sorgfältig darauf, Darius nicht zu erwähnen. »Ich habe mir gerade die Daten über den Wilden Haufen angesehen, die Sergeant Gramash uns geliefert hat. Ich kann nicht fassen, dass mir das nicht längst aufgefallen ist.«
»Was?«
»Der Wilde Haufen verfügt über keinen Quasimodo.«
Archer trat an den Schreibtisch und drehte den Compblock herum, um ebenfalls den Schirm zu sehen. »Willst du damit sagen, in unseren ganzen Kämpfen mit dem Wilden Haufen bis heute haben wir nicht einen Quasimodo gesehen?«
»Das habe ich noch nicht überprüft, aber ich werde es tun. Es wird vermutlich einen Tag lang dauern, alle
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