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Bauernjagd

Bauernjagd

Titel: Bauernjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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genügend Möglichkeiten, unbemerkt zum
Tatort zu gelangen und wieder zu verschwinden. Die Hecke endete an einem Bauernhof.
    Hambrock deutete zu dem Haus hinüber.
    »Wer wohnt dort drüben?«, fragte er.
    »Eine Frau namens Hedwig Tönnes.« Henrik Korb nahm einen Schluck aus
seinem Kaffeebecher. »Wir haben uns gefragt, ob sie etwas gesehen haben könnte.
Schließlich hat sie einen Logenblick auf den Tatort. Ich habe eben zwei Leute
losgeschickt, um sie zu befragen.«
    Tönnes. Der Name sagte ihm etwas.
    »Gab es da nicht einen Unfall in der Güllegrube?«
    »Ja, das stimmt, das war ihr Ehemann. Der alte Tönnes ist an der
Betonkante ausgerutscht und hineingefallen. Das muss etwa drei Monate her sein.
Du hast davon gehört?«
    »Ja, zufällig. Du hast in dem Fall ermittelt?«
    »Richtig.«
    »Hinweise für Fremdverschulden?«
    »Fehlanzeige. Weder am Ereignisort noch bei den Befragungen hat sich
ein solcher Verdacht ergeben.«
    Hambrock blickte sich um. Falls keiner der Jäger den tödlichen
Schuss abgegeben hatte, musste der Täter über den Bauernhof geflohen sein. Nur
so hätte er sichergehen können, von der Straße aus nicht gesehen zu werden.
    Er nahm sich vor, Hedwig Tönnes selbst einmal einen Besuch
abzustatten, ganz egal, was bei der Befragung herauskommen würde.
    »Ist die Familie des Toten schon verständigt worden?«, erkundigte er
sich.
    Henrik Korb zögerte. »Nein, bislang noch nicht.«
    Das bleibt also wieder an uns hängen, dachte Hambrock.
    »Das sollten wir schnellstmöglich nachholen. Ich möchte nicht, dass
sie es durch Nachbarn oder Bekannte erfahren. Vielleicht könnte ja …«
    Ein Schuss donnerte durch die herbstliche Landschaft. Hambrock
zuckte zusammen und blickte sich um. Ein weiterer Schuss folgte.
    »Was zum Teufel …«
    Am Hof von Hedwig Tönnes waren zwei Gestalten zu erkennen, die sich
rasch vom Wohnhaus entfernten. Es waren Polizeibeamte in Uniform, sie flohen
aus dem Vorgarten und gingen hinter der steinernen Tormauer in Deckung. Ein
weiterer Schuss ertönte.
    »Was ist denn da los?«, brüllte Korb mit seiner hohen Stimme.
    Im Laufschritt eilte er zu einem Einsatzwagen und zerrte ein
Funkgerät hervor. Kurz darauf hatte er Kontakt mit einem der Beamten, die
hinter der Mauer hockten.
    »Wir hören hier Schüsse. Ist bei euch alles in Ordnung?«
    »Wir sind mit einem Gewehr empfangen worden«, drang es verzerrt
durchs Funkgerät. »So eine alte Hexe stand plötzlich in der Tür. Wollte nicht
mal wissen, was los ist. Hat einfach drauflosgeballert. Verschwindet von meinem
Grundstück!, hat sie gerufen. Und gedroht, jeden zu erschießen, der sich ihrem
Haus nähert.«
    Henrik Korb blickte fassungslos zu den Kollegen hinüber. »Hedwig
Tönnes«, sagte er matt.
    »Du hast mit ihr schon Bekanntschaft geschlossen«, stellte Hambrock
fest.
    Henrik Korb nickte. »Nicht gerade eine nette Person.«
    Ihm schien etwas durch den Kopf zu gehen. Er hielt sich das
Funkgerät an den Mund. »Was war das für ein Gewehr?«
    »Na, was schon?«, kam es verzerrt zurück. »Ein Jagdgewehr. Was diese
Bauern halt so haben.«
    »Also gut, bleibt, wo ihr seid. Wir sind auf dem Weg.« Er warf das
Funkgerät zurück ins Auto, dann wandte er sich an Hambrock.
    »Eine Jagdflinte«, sagte er und deutete hinüber zu dem Toten in der
Wallhecke.
    »Sie wird schon einen Grund haben, auf die Kollegen zu schießen«,
fügte Hambrock hinzu.
    »Das denke ich auch. Diese Frau würde ich mir gerne mal näher
ansehen.« Korb kippte den Rest seines erkalteten Kaffees aufs Feld und warf den
Becher auf die Rückbank. »Vielleicht ist dieser Fall ja schneller geklärt, als
jemand geahnt hätte.«

6
    Hedwig Tönnes hatte sich in ihrem Haus verbarrikadiert.
Durchs Dielenfenster drohte sie lauthals, jeden zu erschießen, der es wagen
sollte, ihr Grundstück zu betreten. Dann verschwand sie wieder und ließ nichts
mehr von sich hören. Einsatzkräfte sicherten das Gelände rund um ihren Hof.
Hambrock nahm sein Handy, und nach einer Weile gelang es ihm tatsächlich,
Hedwig Tönnes ans Telefon zu bekommen. Er bemühte sich, mit ihr zu verhandeln.
Zunächst versuchte er es mit Verständnis und Anteilnahme, dann mit ein paar
psychologischen Tricks. Doch die alte Bäuerin blieb stur. Erst als er ihr
völlig entnervt erklärte, was es bedeuten würde, ein Spezialeinsatzkommando aus
Münster herzuholen, das ihr Haus stürmen und sie mithilfe von Rauchbomben und
Tränengas überwältigen würde, änderte sie ihre Meinung und willigte

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