Bd. 3 - Der dunkle Stern
begeben und dafür sorgen, dass du das Gefecht mitverfolgen kannst, ohne in die Schusslinie zu geraten. Was sollen wir tun?«
»Wieso fragst du mich?«
»Wenn du nichts anderes sagst, werde ich meinen Befehlen folgen. Hast du einen anderen Plan?«
»Nein, nein … lass uns machen, was der Admiral sagt. Ich glaube nicht, dass ich eine bessere Idee anbieten kann.«
»Freut mich zu hören«, meinte Raymond Li, der ihr noch immer keinen Blick zuwarf.
»Klappe«, sagte Dan an ihn gewandt. »Also gut, Jay, wie du willst.« Er drehte sich mit seinem Sitz um, sodass er wieder auf den Bugschirm sehen konnte. Die Sterne zogen gemächlich vorüber und mit ihnen der ferne Gasriese, der sich als rötlicher, vom Primärstern des Systems beschienener Klecks im All präsentierte.
Sie legte die Hand auf das Heft des gyaryu und beobachtete, wie der Planet langsam näher kam.
Sergei?, fragte sie und ließ ihren Geist in das Schwert wandern …
Plötzlich veränderte sich die Szene.
Sie stand auf einem gepflasterten Innenhof, ringsum befanden sich viele Achtmale Krieger des Volks, alle bewaffnet mit chya’i und Knochenbogen. Andere waren auf dem freien Platz verstreut, hockten oder lagen auf dem Grund. Manche starrten mit weiten Augen und ohne jeden Sinn zum Himmel. Die Aura der Verzweiflung war so deutlich, dass man sie beinahe fassen konnte, so intensiv, dass sie sich nicht abschütteln ließ.
Auch in dieser Vision lag das gyaryu in ihren Händen.
Das ist eine Illusion, sagte sie sich. Ich befinde mich auf der Brücke der Fair Damsel.
Die Szene änderte sich aber nicht.
Sie sah nach oben. Eine orangefarbene Sonne schien zwischen dichten, blutroten Wolken hindurch und wurde von den blassgelben Türmen reflektiert. Jenseits der Stadtmauern spürte sie etwas, das so schrecklich verkehrt war, dass sich ihr Magen verkrampfte.
»Sharia’a«, sagte sie laut.
Zwei Zor waren damit beschäftigt, die Stadttore zu öffnen. Die breiten Flügel des Tors bewegten sich zur Seite, was Jackies Unwohlsein noch weiter verstärkte.
»Nein«, sagte sie, vor allem zu sich selbst. »Shr’e’a.«
Die Zor um sie herum waren alle so angespannt wie sie selbst und sahen zwischen ihr und dem Tor hin und her. Sie müssen mich als einen vom Volk wahrnehmen, erkannte sie. Dies war das Jahrtausend vor dem Erstkontakt mit den Menschen. Natürlich, dachte Jackie. Sie war in Shr’e’a, genauso wie in Owens Dsen’yen’ch’a. Die Türme waren blassgelb, da man sie mit den Knochen der von den Shr’e’a’i besiegten Kriegern umhüllt hatte.
Dies ist Shr’e’a, und ich habe das Schwert. Da es sich um Shr’e’a handelte, nicht um Sharia’a, war Dri’i nicht zugegen, und damit würde Owen – sollte er wirklich Dri’i sein – auch nicht hier sein. Er befand sich an Bord der Duc d’Enghien und war kein Teil von diesem … was immer das hier sein mochte.
Sie wollte losrennen und das Tor schließen, doch sie konnte sich nicht von der Stelle rühren. Mehrere Krieger kamen zu ihr, während sie wartete, was geschehen würde. Trotz des heißen Windes, der ihr von außerhalb der Stadtmauern entgegenwehte, war ihr kalt.
»Hier bin ich«, sagte ein jüngerer Krieger zu ihr, den sie zu ihrer Verwunderung erkannte: Gyes’ru HeKa’an, Geschwaderkommandant an Bord der Duc d’Enghien.
»Sie wissen, wo ›hier‹ ist«, gab sie zurück, ohne den Blick vom Tor abzuwenden.
»Sharia’a«, erwiderte er. »Aber etwas stimmt hier nicht. Sie haben niemals die Tore geöffnet.«
»Etwas stimmt mit der Geschichte nicht«, sagte sie. »Dies hier ist Shr’e’a, und sie sind im Begriff, einen verheerenden Fehler zu begehen.«
Gyes’ru betrachtete das gyaryu in ihren Händen. »Dies ist nicht die Welt die Ist. Wir nähern uns den Schiffen der esGa’uYal, und schon greifen sie unser gyu’u an. Sie versuchen, uns ins Tal zu ziehen.«
»Bleiben sie bei mir«, entgegnete sie, ohne seine Worte zu bestätigen. Gyes’ru brachte seine Flügel in eine bestätigende Pose und wandte sich von ihr ab, um mit gezogenem chya in Richtung Tor zu schauen.
Die beiden Flügel des Stadttores standen nun weit offen. Elf Zor kamen gut einen Meter über dem Boden in die Stadt geflogen, einer von ihnen trug ein hellgrünes Banner mit dem Schriftzeichen des Äußeren Friedens. Dieser Zor blieb in der Luft, während die anderen landeten und sich hinter ihrem Anführer aufstellten. Der hielt seine Flügel in einer respektvollen Stellung. Es war alles so wie in der Szene, die sie
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