be-coming
Was passierte, wenn er sich in etwas Grauenhaftes, etwas Unkontrollierbares verwandelte? Vielleicht waren Cieran und ich dann in Gefahr? – Ich versuchte, nicht mehr darüber nachzudenken und schaute zu Cieran hinüber. Er lag mit geschlossenen Augen auf dem Sofa, doch ich wusste, dass er nicht schlief.
Meine Schuhe machten ein dumpfes Geräusch auf dem Holzfußboden. Cieran bewegte sich nicht.
Ich sah ihn wohlwollend an. Er war sehr blass im Moment, doch seine hübschen Gesichtszüge nahmen mich augenblicklich gefangen. Und immer wieder sein Mund, mit den leicht nach unten gezogenen Mundwinkeln.
»Wenn du irgendetwas brauchst, sag Bescheid«, sagte ich leise.
»Ja.« Nur ein Hauch seiner sanften Stimme.
»Hast du Kopfschmerzen?«
»Nichts, was ich nicht ertragen könnte ...«
Ich machte mich daran, die Betten mit frischer Bettwäsche aus dem Schrank zu beziehen. Mittlerweile war ich schon fast geübt darin. Vielleicht sollte ich nach diesem ganzen Schlamassel als Zimmermädchen in einem Hotel anfangen, dachte ich grimmig. Die Decken und Laken rochen etwas muffig, wahrscheinlich wegen der feuchten Luft. Aber ich hatte schon Schlimmeres erlebt.
Mit einem heftigen Poltern flog die Tür auf, und Phil trat ein. Er war bepackt mit zwei dunkelbraunen Papiertüten – und bis auf die Haut durchnässt.
»Meine Güte, das gießt wie aus Eimern«, stellte er grinsend fest.
Die beiden Tüten waren ebenfalls nass, ein Wunder, dass sie das Gewicht der Lebensmittel ausgehalten hatten.
Ich warf einen flüchtigen Blick hinein. »Scheint, als würde unser Aufenthalt hier ein wenig länger werden«, bemerkte ich.
Phil wiegte nachdenklich den Kopf. »Ich weiß nicht. Aber ich habe keine Lust, mich ständig in diesem Ort sehen zu lassen. Ist mir zu brenzlig. – Und, was euch angeht ...« Er warf eine ebenso durchnässte Zeitung auf den Tisch.
»Seite drei ... Cieran wird anscheinend vermisst.«
»Ach du Scheiße ...« Es war nur ein kleiner Artikel. Wahrscheinlich hatte Lisa ihn zu verantworten. Ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse, wenn ich das nicht sofort geraderückte. Falk Arthur – ein Sklavenhalter? Der Bericht enthielt im Endeffekt nur die eine Frage: Wurde Cieran Webb, einziger Überlebender des Absturzes der Boing 737 vor vier Jahren, von dem Schriftsteller Falk Arthur entführt und als Lustsklave missbraucht? Dazu kam noch ein winziger Ausschnitt der Geschichte, die Stuart überall zum Besten gab; und die die Befürchtungen – Cieran betreffend – natürlich noch verstärkte.
Wunderbar. Ich seufzte. Das hatte mir gerade noch gefehlt.
Ich zog das Handy aus meiner Reisetasche und setzte mich zu Cieran.
»Cieran – wie ist die Telefonnummer deiner Schwester?«
Cieran schlug die Augen auf. »Warum willst du das wissen?«
Ich wedelte mit der nassen Zeitung vor seiner Nase herum. »Weil sie glaubt, ich hätte dich entführt. Offensichtlich konnte Ste sie nicht beruhigen ...«
Er nannte mir die Nummer und griff nach den nassen Zeitungsseiten.
Bereits nach dem zweiten Läuten nahm jemand ab.
»Ja?« Die Stimme einer älteren Frau, wahrscheinlich eine der Angestellten.
»Ist Lisa zu sprechen?«
»Wer spricht denn da?«
»Falk Arthur«, sagte ich ärgerlich. »Es ist wichtig.«
»Oh, einen Moment ...«
»Gib sie mir«, forderte Cieran und setzte sich hin.
Ich schüttelte den Kopf, doch er griff erstaunlich schnell nach dem Telefon und entwand es mir.
»Lisa?«
Ich sah seine angespannte Miene.
»Bist du völlig durchgedreht?« – »Nein, ich kann hinfahren, wo ich will!« – »Du wirst das sofort wieder geradebiegen.«
Ich sah, wie seine Kiefermuskeln arbeiteten.
»Wie stehe ich denn jetzt da?«
Ich hörte Phils leises Lachen.
»Lisa, mir geht es gut. Ich dachte, dass du mich einmal bis auf die Knochen blamiert hast, hätte gereicht ...« – »Ich werde dann zurückkommen, wenn es mir passt, okay?«
Er schwieg eine Zeit lang, dann leiser: »Verdammt, du wusstest, dass ich meinen Namen nicht mehr in der Zeitung lesen wollte. Davon habe ich wirklich genug ... Und dann noch in so einem Zusammenhang.« – »Ja, ich weiß, du hast dir Sorgen gemacht, ja ...« – »Bitte hör auf. Mir geht es wirklich gut.« – »Hm, ja. Ich meld mich bei dir.«
Er legte auf.
»Die ist völlig verrückt.« Er tippte sich vorsichtig an die Stirn.
Doch ich lächelte ihn mild an. »Verrückt vor Sorge, vergiss das nicht.«
Er gab mir das Telefon zurück und presste sich beide Hände gegen die
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