Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
Bett zu plumpsen und zu pennen. Als ich die Tür aufreiße, schließe ich die Augen, erleichtert, endlich nach dem Wahnsinn eines weiteren Tages in Paris heimzukommen, so weit weg von allem und allen, die ich liebe: Vince, Brian, dem Strand, mexikanischem Essen, einfach alles. Ich mache nicht mal das Licht an; ich lasse mich einfach auf mein Bett fallen.
»Ach du liebe Güte!«, kreische ich und springe sofort wieder auf, als ich merke, dass ich nicht auf meiner Decke liege, sondern auf dem großen Körper eines echten, lebendigen Menschen.
Ein Mann - guter Gott, da liegt irgendein wildfremder Typ in meinem Bett!
Ein junger wildfremder und auch noch unglaublich gut aussehender Typ!
7. PJ
Ein Reich, das an Glanz verliert
»PJ!«, ruft jemand hinter mir. »PJ, warte doch!«
Oh Gott, warum ausgerechnet jetzt? Widerwillig drehe ich mich um. Ich bin so in Eile. Ich kann unmöglich zu spät zu meinem ersten Treffen mit meiner Gastfamilie kommen, das nun endlich - nach Ewigkeiten - stattfmdet!
»Ja?«, frage ich kurz angebunden Jay, der in seinem Adidas- Oberteil und seiner Shorts über den Boulevard de Courcelles auf mich zujoggt. Er muss heimlich aus dem Fußball-Training abgehauen sein, um mit mir zu sprechen. Was um alles in der Welt will er von mir?
»PJ, hey.« Jay lächelt schnaufend. Seine Stollenschuhe sind feucht und voll frischer Erde vom Fußballfeld.
»Hey«, entgegne ich. »Was ist los?«
»Ach, nichts Weltbewegendes«, sagt Jay lässig. Er hat eine Gänsehaut an den muskulösen Armen und Beinen, wegen der Kälte draußen. »Ich lebe mich in meiner Gastfamilie ein und lerne sie immer besser kennen.«
»Ach nein, wie toll«, sage ich ungeduldig. »Ich meine, worüber wolltest du mit mir sprechen?«
»Hast du dich von deinem Freund getrennt?«, fragt Jay leicht verschmitzt. »Der, mit dem du neulich telefoniert hast.«
Ich werde rot. »Oh!«, stammle ich. »Ja. Es hat nicht funktioniert. Deshalb sind wir ... nicht mehr... zusammen.«
»Oh, gut. Dann wird er nichts dagegen haben, wenn ich dich frage, ob du schon einen Partner für das Louvre-Projekt hast.«
Das Louvre-Projekt? »Ach so, ja. Nein, ich habe noch keinen Partner. Hast du Lust, mit mir zusammenzuarbeiten?« Das Louvre-Projekt ist ein interdisziplinäres Projekt, das sich Mme. Cuchon ausgedacht hat. Die amerikanischen Schüler aus dem Lycee sollen dabei paarweise Zusammenarbeiten und auf Französisch einen Bericht schreiben über das Leben und die Zeit von einem der vielen Künstler, die in dem riesigen Musee du Louvre, dem Kronjuwel aller Kunstmuseen in Paris, ausgestellt sind. Um einen Sonderbohus zu bekommen, können wir auch ein Gemälde oder Kunstwerk einreichen, das wir im Stil des jeweiligen Künstlers, den wir gewählt haben, gestalten. Als eine große Kunstgeschichtsliebhaberin und Möchte-Gern-Künstlerin freue ich mich echt darauf, daran zu arbeiten! Aber doch nicht gerade jetzt!
»Okay, cool«, sagt Jay aufgemuntert. »Gibt's einen Künstler, den du besonders magst? Wie findest du zum Beispiel Ingres? Ich finde ihn ziemlich cool, mit seinen ganzen Porträts der verschiedenen Leute. Aber wenn du gern jemand anders nehmen würdest...«
»Ich liebe Ingres«, unterbreche ich ihn und wende mich zum Gehen, noch bevor er ausgeredet hat. Und es stimmt, ich liebe sein Werk wirklich. Er ist ein verhältnismäßig unbekannter Maler aus dem 19. Jahrhundert. Mich überrascht, dass Jay überhaupt weiß, wer er ist. Von seinen ratzekurzen Haaren und seiner kräftigen Statur her hätte ich ihn eher für einen Sportler gehalten und weniger für einen Kenner französischer Künstler. »Tolle Wahl. Aber jetzt muss ich ganz dringend weg. Ruf mich am Wochenende an, dann können wir mit dem Projekt anfangen.«
»Auf jeden Fall«, sagt Jay. Als er lächelt, sehe ich, dass sich um seine Augenwinkel Fältchen bilden, wie bei einem kleinen Kind. »Ich freu mich schon.«
»Bonjour!«, rufe ich einem älteren Paar zu, das aus der Tür der Adresse gleich beim Place de Ternes tritt, die ich als die Anschrift von Monsieur und Madame Marquet genannt bekommen habe. »Je suis Penelope! Vos filles!« In der ruhigen, schmalen Seitenstraße hallt meine Stimme.
»Unsere Tochter?«, fragt ein gebräunter gut aussehender Mann verwirrt und mustert mein offenes, ungebändigtes Haar, das vom Laufen durch den breiten windigen Boulevard de Courcelles ganz zerzaust ist. Meine Wangen sind erhitzt. Ich nehme meine Mütze ab und versuche, meine Haare glatt zu
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