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Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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Stenberg.«
    Sie schaute hoch. Sissela sah sie kopfschüttelnd an.
    »Was?«
    »Mittagessen?«
    »Natürlich, klar.«
    Anna ließ den Ausdruck, den sie mit blinden Augen angestarrt hatte, fallen, und stand auf.
    »Sie hat schon wieder nicht geschlafen«, hörte sie Sissela zu Trude sagen.

60
    Erik starrte zu Boden. Sein Blick fand keinen Halt.
    »Ich weiß nicht, woran es liegt«, sagte er. »Seit Mama tot ist, geht alles in die Brüche. Ich hatte gehofft, der Umzug hierher würde etwas verändern. Als ich Anna kennenlernte, glaubte ich endlich …«
    Er sah Kathrine flehend an.
    »Sind Sie nie jemandem begegnet, bei dem Sie das Gefühl hatten, dass alles stimmt, dass es fast so etwas wie vorherbestimmt ist?«
    Kathrine betrachtete ihn eingehend. Sie wusste nicht, was sie glauben sollte.
    »Ich meine es ja gar nicht böse«, sagte er. »Ich bin nur so allein.«
    Kathrine zögerte. Erik senkte den Kopf und lächelte verlegen.
    »Zwischendurch verwandele ich mich in jemanden, der ich gar nicht sein will, als würde mich etwas dazu zwingen. Und es wird jedes Mal schlimmer, wenn ich keine Chance habe, mein Benehmen zu erklären.«
    Kathrine forderte ihn mit einem Nicken auf, weiterzusprechen.
    »Es ist ein Teufelskreis«, fuhr er fort. »Anna sagt, es ist Schluss, und mir bleibt nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren. Lehne ich mich dagegen auf, werde ich als übergriffig und aufdringlich abgestempelt. Da kann ich noch so wild mit den Armen fuchteln und meine Unschuld beteuern.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Sie sind der erste Mensch, der mit mir gesprochen hat.«
    »Der Film …«
    »Den habe ich gelöscht«, sagte Erik und senkte den Blick. »Das ist mir, ehrlich gesagt, nicht leichtgefallen, war er doch die einzige Erinnerung, die ich an sie hatte. Aber ich verstehe natürlich auch …«
    Er schaute hoch.
    »Ich möchte betonen, dass ich ihn nicht mit bösen Absichten aufgenommen habe. Ich wollte einfach nur unsere gemeinsame Zeit festhalten. Annas und meine gemeinsame Zeit.«
    »Den Film gibt es also nicht mehr?«
    »Ich wollte nicht riskieren, dass er in falsche Hände gerät.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Erik zuckte mit den Achseln.
    »Man weiß nie. Ich hätte den Film gar nicht erst aufnehmen dürfen, das ist sonst gar nicht meine Art. Ich hoffe, dass Sie das verstehen.«
    Kathrines Schweigen zwang Erik dazu, fortzufahren. Er lachte verlegen, fuchtelte mit den Händen, rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
    »Ich weiß nicht, wie’s jetzt weitergeht«, sagte er. »Ich habe keine Arbeit, kenne niemanden. Vermutlich ziehe ich wieder nach Stockholm. Hier hält mich nichts mehr.«
    »Vielleicht wäre das eine gute Idee«, meinte Kathrine.
    Er schien auf Einwände und Überredungsversuche gehofft zu haben, doch zu bleiben, und jetzt war er enttäuscht, dass sie ausblieben.
    »Mir hat es wirklich etwas bedeutet«, sagte er. »Für Anna war es nur eine nette Abwechslung von einem langweiligen Alltag. Etwas, womit sie bei ihren Freundinnen angeben kann.«
    »Da kennen Sie meine Tochter schlecht. Sie würde darüber nie ein Wort verlieren.«
    »Ach?«, meinte Erik. »Dafür sind Sie aber erstaunlich gut informiert.«
    »Sie hat es mir nur aus dem einfachen Grund erzählt, weil Sie ihr Angst machen.«
    »Ich mache ihr Angst? Sie macht mir Angst. Wie kann ein erwachsener Mensch mit einem anderen erwachsenen Menschen ins Bett gehen, ohne dass es ihm auch nur das Geringste bedeutet? Und sich dann mit einem überheblichen Danke und Tschüss zu verabschieden, wenn er keine Lust mehr hat?«
    Er bereute seinen Ausbruch und versuchte, sich wieder zu beruhigen.
    Kathrine sah ihn an und atmete tief durch.
    »Meine Tochter hat recht«, stellte sie fest.
    »Inwiefern?«
    »Sie sagt, Sie wirken auf den ersten Blick normal, sind es aber nicht.«
    »Hat sie das gesagt?«
    Erik lehnte sich zurück und betrachtete Kathrine von oben herab und belustigt.
    »Ich bezeichne mich selbst als naiv und gutgläubig«, sagte sie. »Das wird einem nicht in die Wiege gelegt, das erfordert Arbeit und eine bewusste Einstellung. Man muss lernen, die Menschen zu ignorieren, die einem nicht wohlgesinnt sind. Gelingt einem das nicht und lässt man sich von diesem Menschen beeinflüssen, wird man misstrauisch und infolgedessen zynisch und bitter.«
    Erik schob die Zunge unter die Unterlippe und machte eine gelangweilte Miene. Kathrine betrachtete ihn forschend.
    »Warum sitze ich hier mit dem unguten Gefühl, dass Sie mir nicht wohlgesinnt sind?«,

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