Bedrohung
habe getan, was ich richtig fand«, sagte Tina.
»Sie haben das getan, wovon Sie glaubten, es bringe Ihnen Ruhm und Ehre. Das ist ein gewaltiger Unterschied.«
»Sir, ich habe versucht, einen Kriminellen zu fassen. Ich dachte, dazu wären wir da. Es war einfach Pech, dass er überfahren wurde.«
»Das Pech scheint irgendwie an Ihnen zu kleben.«
Tina seufzte. Dagegen ließ sich schwer etwas sagen. Außerdem hatte sie sich vorgenommen, sich künftig ausgleichend statt konfrontativ zu verhalten. »Aber ich befand mich zwanzig Meter hinter ihm, als er gegen den Lkw rannte.«
»Wissen wir überhaupt, ob er Teil einer Terrorzelle war?«, fragte Owen.
Thomas nickte entschieden. »Ja, es gab einen Anruf. Eine islamistische Gruppe, von der noch niemand gehört hat, hat die Verantwortung übernommen. Und für heute noch einen zweiten Anschlag angekündigt. Einen größeren. Das ist vielleicht bloß leeres Geschwätz, aber die gesamte Met ist in Alarmbereitschaft. Deshalb hätten wir ihn unbedingt in einem Stück gebraucht.«
»Dann würde ich es gern wiedergutmachen, Sir«, sagte Tina.
»Tja, dummerweise werden Sie dazu keine Gelegenheit haben.«
»Sie wollen mich doch nicht suspendieren?« Die Enttäuschung traf Tina wie ein eiskalter Guss. Trotz der ständigen Enttäuschungen, die sie bei der Met erfuhr, liebte sie ihren Job und wusste, dass sie gut war.
»Um ehrlich zu sein, DC Boyd, einen Teil von mir drängt es geradezu danach, aber offenbar werden Sie anderswo gebraucht. Ich habe Anweisung, Sie mit sofortiger Wirkung zeitweilig vom CID freizustellen. Und man hat mir eine Nummer gegeben, die Sie anrufen sollen.«
Er fischte eine Visitenkarte aus der Tasche und gab sie ihr.
»Trotzdem müssen Sie heute noch eine umfassende Aussage über das machen, was hier geschehen ist, und Sie müssen sich dem IPCC zur Verfügung stellen, wenn die sich melden. Zunächst einmal können Sie gehen.«
Tina starrte die handschriftliche Nummer auf der Karte an. Erst dachte sie, es handele sich um einen Witz, aber heute war nicht der Tag für schlechte Scherze. Sie warf Owen einen irritiert fragenden Blick zu, doch der hatte offensichtlich keine Ahnung, was los war. Deshalb wandte sie sich wieder an Thomas.
»Danke, Sir«, sagte sie und musste brüllen, um den Lärm eines Hubschraubers zu übertönen.
Sie wartete, bis der Hubschrauber sich entfernt hatte. Dann wählte sie die Nummer. Jemand nahm beim ersten Klingeln ab. Jemand, dessen Stimme sie sofort erkannte.
Mike Bolt. Der Mann, mit dem sie eine Menge Erfahrungen und Erlebnisse teilte, den sie jedoch seit über einem Jahr weder gesehen noch gesprochen hatte.
»Dein Boss hat mir erzählt, du hättest etwas mit dem Verdächtigen der Coffeeshop-Bombe zu tun«, begrüßte Bolt sie, ohne sich mit einleitenden Floskeln nach ihrem Befinden aufzuhalten.
»Stimmt. Hängst du auch drin?«
»Indirekt«, erwiderte er kryptisch. »Es gibt da eine Sache, für die ich dich brauche.«
Tina zog an ihrer Zigarette und trat sie aus.
»Was für eine Sache?«
»Du erinnerst dich doch an Fox, den Terroristen, der bei dem Anschlag auf das Stanhope-Hotel gefasst wurde? Nun, aus welchen Gründen auch immer will er plötzlich kooperieren. Ich habe zwar nicht die leiseste Ahnung, was ihn dazu treibt, aber er will unbedingt mit dir reden. Du musst sofort zu uns rüberkommen.«
»Ich habe hier kein Fahrzeug, und die Straßen rund um die Victoria Station sind dicht. Außerdem habe ich nicht die leiseste Ahnung, wo du steckst oder für wen du gerade arbeitest. Es ist eine Weile her, meinst du nicht?«
Sie zwang sich, ihn nicht zu fragen, weshalb er sie die ganze Zeit über nie angerufen hatte. Sie kannte die Antwort ohnehin.
»Wir sind keine zehn Minuten Fußweg von dir entfernt. Ich schicke dir eine SMS mit der Adresse.«
Damit legte er auf, und Tina holte tief Luft. Es war kaum neun Uhr morgens, und einmal mehr schien es einer der dramatischsten Tage ihrer Karriere zu werden.
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09:12
Mit Crack lässt sich wunderbar Geld verdienen. Es ist eine der am stärksten süchtig machenden Drogen. Der erste Zug aus der Pfeife kommt dir vor wie ein fünfminütiger Orgasmus in hundertfacher Intensität, während du gleichzeitig merkst, dass du zehn Millionen im Lotto gewonnen hast. Süchtige tun praktisch alles, um an den nächsten Hit zu kommen, sie sind auf der ewigen Jagd nach dem High des ersten Mals, ohne es je wieder zu erreichen. Und es gibt viele von ihnen – sie existieren an der Peripherie
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