Bedrohung
erledigt«, sagte sie mit der ruhigen Stimme, die er von ihr gewohnt war.
»Was ist los?«, fragte Tina, die mit zwei Kaffeebechern hereinkam.
»Vergiss den Kaffee – wir müssen los!«, rief Bolt und drängte an ihr vorbei, während er auf seinem Handy nach der Gowland Street suchte. »Ich erzähl’s dir im Auto.«
42
18:45
Im großen Aufenthaltsraum von Westmoor nutzten die Häftlinge die Stunde nach dem Abendessen zu Unterhaltung und Sport, ehe sie wieder in ihre Zellen eingeschlossen wurden. Devereaux näherte sich, flankiert von zwei weiteren Lebenslänglichen, mit gesenktem Kopf der Tischtennisplatte. Einer der Lebenslänglichen rempelte einen Mithäftling an, und als der sich umdrehte, um sich zu beschweren, rammte er ihn mit einem Bodycheck gegen die Tischtennisplatte, die daraufhin zusammenbrach. Einer der Häftlinge, der gerade in einem Match steckte, fluchte lautstark. Sofort knöpfte Devereaux ihn sich vor und verpasste ihm eine Gerade, die ihn in eine Gruppe schleuderte, die an einem Tisch Karten spielte. Auch das Quartett war sofort auf den Beinen und beteiligte sich an der beginnenden Schlägerei. Die Aggressionen, die stets dicht unter der Oberfläche schlummern, wenn erwachsene Männer auf engstem Raum zusammengepfercht sind, brachen sich Bahn.
Mehr hatte es nicht gebraucht. Ein schlichter Rempler, und Sekunden später war mehr als ein Dutzend Häftlinge in eine Prügelei verwickelt, während drei weitere Dutzend entweder versuchten, aus der Schusslinie zu kommen, oder näher rückten, um zuzusehen.
Das Ganze hatte sich so schnell abgespielt, dass die beiden am nächsten postierten Wärter überrascht wurden und ein paar Sekunden lang völlig verblüfft zuschauten. Dann endlich benutzten sie ihre Trillerpfeifen und versuchten dazwischenzugehen.
Doch zwei Dinge hielten sie vom Eingreifen ab. Zunächst Devereaux, der ein Bein von der Tischtennisplatte riss und sich mit einem tierisch klingenden Schlachtruf auf die Wärter stürzte. Das Gesicht unter seinem Totenkopftattoo war zu einer solch furchterregenden Maske verzerrt, dass es aussah, als würden seine Augen jeden Moment aus den Höhlen springen.
Und dann Wahid Khan, ein Drogendealer und einst Folterknecht seiner Bande, der praktisch unfähig war, seinen Zorn zu beherrschen, und jetzt mit einer brennenden Matratze aus seiner Zelle gestürmt kam, die er mit lautem Gebrüll in das Sicherheitsnetz unter ihm warf. Später würde er zu Protokoll geben, dass er aufgrund seiner unkontrollierbaren Aggressionen von den Ereignissen mitgerissen wurde, doch die Tatsache, dass seine Matratze nur Sekunden nach Ausbruch der Feindseligkeiten lichterloh brannte, ließ seine Aussage wenig glaubhaft erscheinen.
Die meisten Wärter waren einen solchen Aufstand gegen ihre Autorität nicht gewohnt und rannten um ihr Leben, da sie eine weitere Eskalation befürchteten. Als die Häftlinge sahen, wie leicht es war, die Kontrolle an sich zu reißen, gerieten sie in einen euphorischen Wahn. Zuerst wurde der Fernseher zerschmettert, dann die Reste der Tischtennisplatte. Die Stühle, die am Boden festgeschraubt waren, um zu verhindern, dass sie bei solchen Unruhen als Waffen dienen konnten, wurden aus ihren Verankerungen gerissen und flogen in Richtung der beiden Wärter, die sich immer noch mitten im Getümmel befanden und von zwei Kollegen, die vom anderen Ende des Traktes herbeigestürmt kamen, Unterstützung erhielten.
Doch auch zu viert hatten sie keine Chance und zogen sich deshalb – in ihre Funkgeräte brüllend – eilig zurück. In diesem Moment ging der Alarm los und erfüllte den Raum mit ohrenbetäubendem Schrillen.
Fox beobachtete das Ganze von seiner Zelle aus, die zwanzig Meter von der Khans entfernt lag. Der Lärm war unglaublich, die Luft erfüllt vom Testosteron entfesselter Männer. Amüsiert sah Fox, wie Khan auf dem Gang stand, sich mit den Fäusten gegen die Brust trommelte und wüste Verwünschungen gegen die Wärter ausstieß. Khan war ein Riese, unmäßig fett, sodass sein Bauch über das Geländer hing wie eine riesige zuckende Oberlippe, doch als er sich plötzlich umdrehte und auf Fox losging, bewegte er sich mit außerordentlicher Schnelligkeit.
»Nazischwein!«, schrie er unnatürlich grell.
Jetzt sah Fox den angefeilten Löffel, den Khan in der Hand hielt und dessen Spitze im Neonlicht aufblitzte.
Während die vier Wärter zum Haupttor liefen, um den Trakt abzuriegeln, ergriff auch Fox die Flucht und rannte los. Zwei, drei
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