Bei Interview Mord
erzählt haben, dass…«
Jutta brach erneut in Tränen aus, und die Schwester legte ihr eine Hand auf die Schulter.
»Frau Ahrens, bitte gehen Sie. Sie können morgen wiederkommen.« Jutta nickte und erhob sich.
»Morgen?«, sagte ich. »Warum morgen?«
Die Schwester blieb stehen und sah mich streng an. »Weil Sie eine Gehirnerschütterung erlitten haben und zur Beobachtung hier bleiben. Deswegen.«
Sie gingen hinaus, und ich war allein im Zimmer. Die Zeit, bis die Tür wieder aufging, kam mir kurz vor, aber vielleicht hatte ich auch wieder geschlafen. Jedenfalls stand plötzlich ein junger Mann mit schwarzem Haar vor meinem Bett. An seinem weißen Arztkittel steckte ein Namensschild. Dr. Robert Bärbroich.
»Na, da haben Sie ja noch mal Glück gehabt«, sagte er gut gelaunt und begann mit den Tests, die ich schon von früheren Kampfeinsätzen kannte. Es ging immer damit los, dass ich mit den Augen dem Finger folgen sollte, den der Arzt von links nach rechts bewegte.
»Wenn ich Glück gehabt habe, kann ich ja nach Hause gehen«, sagte ich.
»So habe ich das nicht gemeint. Wir werden Sie jetzt erst mal dabehalten. Ich denke, dass Ihnen Ihre Gesundheit lieb ist, oder?«
Was sollte man darauf antworten?
»Auf jeden Fall haben Sie eine robuste Konstitution. Und Sie sind vielleicht so fit, dass Sie sich zwei Minuten mit einem Herrn unterhalten können, der draußen auf Sie wartet.«
»Ein Glatzkopf von der Polizei?«
»Na, Sie wissen ja Bescheid.«
Der Arzt stand auf, öffnete die Tür und bat Ballmann herein.
»Aber wirklich nur zwei Minuten«, sagte er zum Hauptkommissar. »Ich bin draußen, falls etwas ist.«
Ballmann nickte, zog sich den Besucherstuhl heran und setzte sich.
»Guten Tag, Herr Rott«, sagte er und sah mich streng an. »Ich hoffe, es geht Ihnen gut.« Die Augen blieben kalt, von Hoffnung keine Spur.
»Wenn Sie wieder draußen sind, geht's mir noch besser.«
»Lassen Sie doch die Spielchen, Herr Rott. So ganz nebenbei: Vor Ihnen steht Ihr Lebensretter.«
»Ich sehe keinen, der steht.«
»Was glauben Sie, wer Sie dahinten im Wald aufgelesen hat? Die ganze Radiogesellschaft war doch vollkommen schockiert und kopflos. Keiner wusste, wo Sie waren.«
»Na, dann muss ich mich ja bedanken.«
»Und ich habe was gut bei Ihnen.«
Ich schwieg und sah ihn an. Er schien auf etwas zu warten.
»Schade«, sagte er. »Ich dachte, Sie würden jetzt von selbst anfangen zu erzählen. Wo wir doch gewissermaßen Kollegen sind.«
»Das sehen viele Polizisten aber anders.«
»Was haben Sie in Gladbach zu suchen, Rott? Was geht Sie dieser Fall an?«
»Ich habe mich bei meinen Ermittlungen nicht strafbar gemacht«, sagte ich. »Ich halte mich an die Spielregeln«, fügte ich hinzu und dachte: Jedenfalls so weit, dass du mich nicht erwischen kannst, wenn ich mich doch nicht dran halte.
»Das ist keine Antwort.«
Ich sah ihm zwei lange Sekunden in die Augen. Mir war klar, dass ich eigentlich verpflichtet war, ihm zu berichten, was ich herausgefunden hatte. Die Spur, die zu den Kley-Knöters führte. Aber was sollte das jetzt noch. Diese Spur hatte sich ja wohl in Wohlgefallen aufgelöst. Die Karten waren neu gemischt. Die Aussage von Winfried Kurz über den Verkauf des Motorrads war hinfällig, und warum sollte ich das der Polizei noch erzählen? Erst mal aus dem Krankenhaus raus, und dann neu nachdenken…
Plötzlich war ich weggenickt, dann spürte ich eine Hand auf meiner Wange. Dr. Bärbroich war wieder da.
»Herr Rott! Kommen Sie zu sich!«
Hinter ihm war Ballmann. Er war aufgestanden.
»Sie haben den Täter gesehen, oder?«, fragte er.
»Schemenhaft«, murmelte ich.
»Wieso sind Sie überhaupt dort hinten im Garten gewesen? Sie haben vermutet, dass da einer lauert und schießt, oder?«
»Nein, das habe ich nicht gewusst. Und gesehen habe ich auch nichts. Ich bin in den Wald… Und da war er hinter mir. Und es war schon zu spät.«
»Was haben Sie mit dem Fall zu tun?«, schrie Ballmann, plötzlich sehr zornig.
»Sie strengen den Mann zu sehr an«, sagte der Arzt.
»Antworten Sie!«, rief Ballmann.
»Ich bin mit einer Verwandten hier in Gladbach. Es ist so eine Art Urlaub.«
»Was?«
»Frau Ahrens, die Radio-Berg-Reporterin…«
In Ballmanns hellen Augen blitzte es. »Ja? Was ist mit ihr?«
»Sie ist meine Tante«, sagte ich.
Die Erwartung, die sich über Ballmanns Gesicht gelegt hatte, zerfloss wie eine Gummimaske, die in der Hitze schmilzt.
»Verarschen kann ich mich selbst«,
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