Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
die Küche, doch zuvor hatte Cleo noch den Blick ihrer Schwester gesehen. Früher war sie diejenige gewesen, die Tom Schatz genannt hatte. Jetzt hatte Georgia es geschafft, dieses liebevolle Kosewort zu erobern, und sie und Tom bezeichneten sich gegenseitig so. Auch wenn es nicht ihre Absicht war, Abbie auszuschließen, hatten sie es trotzdem geschafft. Und das traf Abbie bis ins Mark.
So weit dazu, dass Cleo Tom gestern Abend gebeten hatte, etwas sensibler zu sein. Er war eindeutig vernarrt in Georgia und konnte nicht anders.
»Ahoi! Ist die Füllung auch schön knackig?«
»Ja, ich habe …«
»Aber du hast die Karotten doch trotzdem lange genug gekocht, oder? Du weißt, ich kann Gemüse al dente nicht ausstehen.«
Abbie schüttelte den Kopf und brachte ein fröhliches Lächeln zustande. »Nein, keine Sorge, ich …«
»Ha! Ratet, wo wir waren?« Georgia klatschte in die Hände und sprang von einem Bein auf das andere. »Wir haben uns Transporter angeschaut! Und ratet, was wir getan haben?«
Abbie öffnete den Mund, um zu raten. »Habt ihr …«
»WIR HABEN EINEN TRANSPORTER GEKAUFT!« Georgia stürzte sich auf Tom, umarmte ihn und hüpfte wie ein Känguru durch die Küche. »Mein Dad hat mir einen Transporter gekauft! Ist das nicht absolut obercool? Morgen früh regeln wir das mit der Versicherung, und dann hole ich meinen Transporter ab! Und er ist blau!«
Abbie schaute wie eine nervöse Braut, die für den Fotografen posierte und gezwungen war, ihr Lächeln zu lange zu halten. »Blau! Wie reizend …«
So, das reichte. »Es war aber nicht nur dein Dad, nicht wahr?« Cleo konnte nicht anders, sie musste etwas sagen. »Es war auch Abbie. Das Geld stammt von beiden.«
»Ach echt? Oh, das wusste ich nicht.« Georgia schüttelte den Kopf und meinte dann: »Danke, Abbie.« Sie ließ Tom gerade lange genug los, um Abbie rasch zu umarmen und ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken.
Nun ja, ein Kuss in die Luft neben ihrer Wange.
»Kein Thema, Süße. Es ist uns ein Vergnügen.« Abbie erwiderte die Umarmung herzlich, aber innerhalb Sekundenbruchteilen war Georgia wieder an Toms Seite, hängte sich bei ihm unter und plauderte aufgeregt über den nächsten Morgen, an dem sie den Transporter abholen würden.
Cleo warf Abbie einen Blick zu, wollte unbedingt etwas sagen, aber Abbie schüttelte den Kopf.
Nie zuvor hatte sie so schwer darum kämpfen müssen, die Klappe zu halten.
27.
Kapitel
Von allen Limousinen war Cleo das 1985er Bentley Continental Cabrio in Tudor-Rot am liebsten. Obwohl sie es in aller Regel vorzog, wenn die elfenbeinfarbenen Ledersitze und der cremefarbene Teppich nicht mit rotem und silbernem Konfetti übersät waren.
Aber es fiel schwer, kleinlich zu sein, wo es doch eine solche Überraschung für die Braut gewesen war, die sie an diesem Morgen abgeholt hatte und die bis dahin gedacht hatte, dass sie im Mazda ihres Onkels zur Kirche gefahren würde. Sie war vor lauter Freude in Tränen ausgebrochen, und Cleo hatte selbst ein paar Tränen wegdrücken müssen, als der Onkel der Braut sie vorsichtig aus ihrem Rollstuhl auf die Rückbank des Bentley gehoben hatte. Sie hatte wunderschön ausgesehen in ihrem Brautkleid aus cremeweißen Samt.
Und nach der Zeremonie hatte sie die Frau und ihren frisch angetrauten Ehemann zum Haus des Onkels in Downend gefahren, wo ein kleiner, stilvoller Empfang abgehalten worden war. Das Glück der Braut schien grenzenlos. Hunderte von Fotos wurden geschossen, im Bentley und davor, und ganze Konfettischauer waren zur Feier des Paares niedergegangen. Die Eltern der jungen Frau waren vor drei Jahren gestorben, hatte Cleo erfahren, bei dem Autounfall, der sie an den Rollstuhl fesselte. Es war der Traum ihres Vaters gewesen, seine geliebte Tochter an deren Hochzeitstag in einer roten Limousine in die Kirche zu fahren.
Man musste schon ein Herz aus Stein haben, um davon nicht angerührt zu werden, nicht wahr? So viel Trauriges, und doch hatten die junge Frau und ihr frisch gebackener Ehemann gezeigt, dass man es überwinden konnte. Sie saßen nebeneinander auf den mit Konfetti übersäten Rücksitzen und hielten sich an den Händen. Sie hatte gesagt: »Weißt du, was? Ich bin die glücklichste Frau auf der ganzen Welt.« Und Cleo hatte ihr geglaubt.
Also gab es jetzt kein Gejammer über das Konfetti, auch wenn es die metallisch funkelnde Variante war, die sich statisch auflud und wie Popcorn herumhüpfte, anstatt in der Staubsaugerdüse zu verschwinden,
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